Gefühle - haben oder nicht haben, wollen oder nicht wollen

  • Ersteller Ersteller the_pilgrim
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Trauer


Das habe ich anders erlebt. Mein Opa ist vor knapp 30 Jahren gestorben, es ist also sehr lange her. Ich habe die Trauer immer so gut verdrängt wie ich konnte, als er starb hatte ich auch überhaupt keine Ahnung wie man sowas verarbeitet. Meine Familie ist - was das angeht - nicht sonderlich hilfreich. Alles große Meister im reiß-dich-zusammen.

Vor einigen Jahren hat es mich zum Weinen gebracht, als ich einen Golf in diesem schrecklichen Blassgrün-Metallic gesehen habe, den er zuletzt gefahren hat. Es war sehr schmerzhaft auf eine unangenehme Art, weil ich diese Trauer nicht fühlen wollte und auch fand ich sei plemplem nach so langer Zeit so zu reagieren.

Leider kann ich nicht mehr ganz genau sagen, wann und wie ich es verarbeitet habe. Ich glaube, ich habe irgendwann bewusst an meinen Opa gedacht und alle Gefühle zugelassen, mich richtig gehen lassen ohne mich zu bremsen. Als der schlimmste Schmerz vorbei war, habe ich mir meinen Opa vorgestellt, wie er als guter Ahnengeist auf mich blickt und und lächelt.

Ich habe mich von ihm verabschiedet, ihm gesagt, dass ich dankbar bin, dass er mein Opa war, dass ich ihn sehr geliebt habe und immer noch liebe (da sind sie wieder, die Tränen :love:). Wer die geliebte Seele noch nicht ganz gehen lassen möchte, kann sich zusätzlich bedanken, dass er*sie noch da ist und sagen, dass er*sie noch gebraucht wird. Es ist auch möglich dem geliebten Seele zu sagen, dass er*sie im Herzen bleibt, auch wenn er*sie weiterzieht.

Irgendwann - nicht lange her - an einem Totensonntag, kam die Erinnerung und die Trauer wieder. Es war kein Schmerz mehr da, nur reine Trauer begleitet von einem Glücksgefühl. Ich bin glücklich-traurig, wenn ich an meinen Opa denke, es fühlt sich warm und herzlich und richtig an. Das ist ein wunderschönes Gefühl, obwohl es echte, richtige Trauer ist.

Der Schmerz war der Widerstand gegen die Akzeptanz (Altlast), dass ein Mensch, der mir lieb ist, gestorben ist. Das ist normal, das gehört dazu und braucht Zeit, aber es kann geheilt werden. Die Trauer geht nicht weg, sie verändert sich nur und zeigt sich seltener im Laufe der Zeit.

Gibt es hier jemanden, der*die das ähnlich erlebt hat?


So ähnlich ging es mir mit meiner Großmutter. Ich habe damals als sie starb nicht getrauert - das hätte ich vor meiner Mutter nicht gekonnt. Das ist dann auch erst viel später gekommen, als ich lang schon weg war von zuhause.
Heute begleiten mich ihre wahnsinns Aussagen und ich bring die auch immer gerne unter die Leute, wenn´s grad passt ..... oder auch nicht passt ....

:)
Zippe
 
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Ich habe bei Wikipedia nachgeschaut, was die Unterschiede zwischen Emotionen und Gefühlen sind. Das war mir nicht so ganz klar .
Emotion bezeichnet eine Gemütsbewegung im Sinne eines Affekts . Sie ist ein psychophysiologisches, auch psychisches Phänomen, das durch die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung eines Ereignisses oder einer Situation ausgelöst wird........ Sehr geschwollen ausgedrückt.
Z.B. Angst, Ärger, Komik, Ironie, Mitleid Eifersucht, Furcht, Freude, Liebe.
Gefühle: Fühlen als eine psychologische Grundfunktion und Wahrnehmung. Unterfunktionen siehe Emotionen. Für mich gibt es es also nicht wirklich einen Unterschied.
 
Wenn der letzte Wunsch lautet "Seid nicht traurig!" dann hat das eine Kraft und Wirkung, die man zwar als Kind nicht begreift, aber die ein Leben lang erhalten bleibt.
Weiß nicht. Klar, kann man das respektieren, kann man aber auch so sehen, dass da jemand Angst vor Trauer hatte, sprich in diesem Fall Deine Uroma. Ich hätte mir trotz oder gerade wegen der Liebe zu meinem Opa die Trauer nicht verbieten lassen.

Jetzt, wo Du das sagst: es kann sein, dass es bei mir ähnlich war, ich erinnere mich nicht ob er das zu uns gesagt hat. Gut möglich! Vielleicht war ich ja deswegen jahrelang nur wütend statt traurig, weil ich dachte ich dürfte nicht.

Es gibt Trauerphasen, die durcheinander kommen können oder in denen man feststecken kann, wenn Gefühle nicht ausgelebt werden dürfen. Bei mir war das jahrelang Zorn, selbstgerechter Zorn, der nur einen geringen Anlass brauchte um an die Oberfläche zu kommen.

Es gibt viele verschiedene Theorien zu den Phasen, hier ist eine davon:
  • Phase 1: Das Leugnen.
  • Phase 2: Der Zorn.
  • Phase 3: Das Verhandeln.
  • Phase 4: Die Depression.
  • Phase 5: Die Akzeptanz.
Aus: Elisabeth Kübler-Ross - Die 5 Phasen der Trauer und des Sterbens

Es gibt Phasen, darin sind sich alle einig, jedenfalls habe ich noch nichts Gegenteiliges gelesen. Angst, ohne den Menschen nie wieder wirklich glücklich sein zu können oder zu dürfen, gehörte bei mir dazu. Das schlechte Gewissen nicht richtig gehandelt oder geschwiegen oder zu viel oder was Falsches gesagt zu haben. Solche Dinge, die sind individuell sehr verschieden.

Wer in einem Gefühl feststeckt, wer feststellt, ein Gefühl begleitet mich unterschwellig mehr oder weniger dauernd, oder wer das Gefühl hat nicht richtig lebendig zu sein, hat unverarbeiteten Kram in irgendeiner Form. Wenn das verarbeitet ist, ist statt dessen unterschwellig Glück und gefühlte Lebendigkeit der Dauerbegleiter. Das ist jedenfalls bei mir so, und ich finde das toll. Ich bin sehr froh, dass ich mir die Mühe gemacht habe in dem emotionalen Berg zu graben und meine Leichen ans Licht zu zerren. Macht aua, klar, aber ich würd's immer wieder tun.
 
@catlady5 ich sehe das so...
Emotion ist der Ausdruck eines Gefühls. Wahrnehmung erzeugt ein Gefühl und daraus entsteht eine Emotion. Wie heftig die Emotion ist hängt vom Affekt ab.
 
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