Gefühle - haben oder nicht haben, wollen oder nicht wollen

Hallo Ihr,

das Thema Gefühle beschäftigt mich schon seit Ewigkeiten und immer noch entdecke ich Neues. Aus aktuellem Anlass würde mich mal interessieren wie Ihr das seht:

Ist es eine Meisterschaft Herr oder Herrin über die eigenen Gefühle zu sein oder ist das eher mäh?

Meine Erfahrung dazu ist: jede*r hat alle Gefühle. Sie zu erleben ist nur dann schön, wenn keine Altlasten damit verbunden sind, sprich es gibt nichts mehr in der Vergangenheit an verdrängten Gefühlen, die noch aufgearbeitet werden müssen.

Ich stelle jetzt mal die wilde Behauptung in den Raum, dass jemand, der*die immer nur glücklich ist, sich so weit in sich selbst zurückgezogen hat, dass er*sie unantastbar ist. Ich zweifle nicht, dass das möglich ist, nur für mich wäre das auf Dauer zu langweilig und zu einsam.

Dieser Fred soll eine Ergänzung zum Fred "Erkenntnis des Tages" sein.

LG,

the_pilgrim
Hallo. Noch habe ich nur deinen ersten Post gelesen und mag dazu auch meine Ansichten hier hinterlassen. Selbst bin ich noch nicht sehr alt, aber auch nicht mehr sehr jung. Reiste von Kindheit an durch unsere Welt. Als Kind mussten wir, meine Geschwister und ich mit unseren Eltern mitreisen und das war nicht immer leicht. Aber egal, es hat auch vieles an Reife gebracht. Was ich schreiben mag, ich kenne auf der ganzen Welt niemanden der/die immer glücklich sind, aber Menschen welche sich in sich selbst zurückgezogen haben, weil sie keine Verletzungen mehr ertragen wollen. Allein damit verletzen sie sich selbst, denn kein Mensch kann aus sich selbst heraus mit sich selbst glücklich sein, das könnte nicht einmal ein* Buddha.

Selbst schreibe ich mein "nein", es gehört zu mir, aber mein "nein" mag hier schreiben, dass es das nicht gibt und zwar aus seinen Altlasten überhaupt herauszukommen. Es ist was man damit anfangen kann, wie man sie sogar leben lassen kann um sich dem bewusster zuzuwenden was neben die Altlasten neues und wohltuendes stellen kann.

Um Himmels Willen, "Herr und Herrin über eigene Gefühle". Auch hier mein privates "nein", bitte nicht. Gerade Gefühle sind, zumindest für mich am schlechtesten gelebt, wenn man sie versucht zu steuern und zu meistern. Nein, wenn man Trauert, dann Trauert man, wenn man Weint, und selbst wenn man weint und fühlte daran zu sterben, am Weinen, dann stirbt auch etwas bei solchem Weinen.

"Nein" Gefühle müssen nicht einmal aufgearbeitet werden, sondern sie Arbeiten lebendig, von Moment zu Moment und die Verknüpfungen, die einen beschweren, leben sich aus, beim Gefühleherauslassen, auch unkontrolliert und ungemeistert. Wenn zu viel sich hat angestaut, dann ist es wichtig mindestens einen guten und erfahrenen Menschen dabei an der Seite zu haben. So zumindest das was ich dazu zu schreiben weiß.
 
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@the_pilgrim
Vielleicht wäre es angebracht bzw weiterführend, zu erfahren/wissen, was Du eigentlich meinst; also ob nun "Gefühle" (d.h. "Dinge" die man mittels der Sinne wahrnimmt also "fühlt" - von "aussen nach innen" kommend)
Oder Emotionen, etwas was von "innen nach aussen" wirkt (d.h. etwas was nicht sinnlich wahrnehmbar ist; sondern eher Reaktionen auf Gefühl darstellen)

Das wird gern parallel als das Selbe gesehen, ists aber nicht (grad im psych. Kontext)
 
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Trauer

Ich denke, das mit den Altlasten stimmt nicht.
Traurigsein ist ohne Altlasten auch nicht schöner zu erleben als mit Altlasten.
Das habe ich anders erlebt. Mein Opa ist vor knapp 30 Jahren gestorben, es ist also sehr lange her. Ich habe die Trauer immer so gut verdrängt wie ich konnte, als er starb hatte ich auch überhaupt keine Ahnung wie man sowas verarbeitet. Meine Familie ist - was das angeht - nicht sonderlich hilfreich. Alles große Meister im reiß-dich-zusammen.

Vor einigen Jahren hat es mich zum Weinen gebracht, als ich einen Golf in diesem schrecklichen Blassgrün-Metallic gesehen habe, den er zuletzt gefahren hat. Es war sehr schmerzhaft auf eine unangenehme Art, weil ich diese Trauer nicht fühlen wollte und auch fand ich sei plemplem nach so langer Zeit so zu reagieren.

Leider kann ich nicht mehr ganz genau sagen, wann und wie ich es verarbeitet habe. Ich glaube, ich habe irgendwann bewusst an meinen Opa gedacht und alle Gefühle zugelassen, mich richtig gehen lassen ohne mich zu bremsen. Als der schlimmste Schmerz vorbei war, habe ich mir meinen Opa vorgestellt, wie er als guter Ahnengeist auf mich blickt und und lächelt.

Ich habe mich von ihm verabschiedet, ihm gesagt, dass ich dankbar bin, dass er mein Opa war, dass ich ihn sehr geliebt habe und immer noch liebe (da sind sie wieder, die Tränen :love:). Wer die geliebte Seele noch nicht ganz gehen lassen möchte, kann sich zusätzlich bedanken, dass er*sie noch da ist und sagen, dass er*sie noch gebraucht wird. Es ist auch möglich dem geliebten Seele zu sagen, dass er*sie im Herzen bleibt, auch wenn er*sie weiterzieht.

Irgendwann - nicht lange her - an einem Totensonntag, kam die Erinnerung und die Trauer wieder. Es war kein Schmerz mehr da, nur reine Trauer begleitet von einem Glücksgefühl. Ich bin glücklich-traurig, wenn ich an meinen Opa denke, es fühlt sich warm und herzlich und richtig an. Das ist ein wunderschönes Gefühl, obwohl es echte, richtige Trauer ist.

Der Schmerz war der Widerstand gegen die Akzeptanz (Altlast), dass ein Mensch, der mir lieb ist, gestorben ist. Das ist normal, das gehört dazu und braucht Zeit, aber es kann geheilt werden. Die Trauer geht nicht weg, sie verändert sich nur und zeigt sich seltener im Laufe der Zeit.

Gibt es hier jemanden, der*die das ähnlich erlebt hat?
 
Gibt es hier jemanden, der*die das ähnlich erlebt hat?

Ich erinnere mich sehr gerne an den Abschied von meiner Urgroßmutter obwohl das auch schon über 40 Jahre her ist.
Wir bekamen ein Telegramm, dass sie uns unbedingt sehen möchte. Also sind wir Hals über Kopf zu ihr gefahren. Es war ein Abend des Abschieds. Ich habe keine Ahnung wie sowas möglich ist. Aber sie hatte selber für sich entschieden, dass es Zeit ist zu gehen. Da bleibt nicht viel Platz für Trauer. Traurig sind wir eigentlich über den Verlust eines geliebten Menschen. Über das was wir in Zukunft nicht mehr gemeinsam erleben können. Oder Fragen, die nicht mehr beantwortet werden können. Aber ist das wirklich Trauer? Ich bin mir da nicht sicher. Trauer ist für mich der Moment in dem wir den Verlust realisieren und verarbeiten. Wie lange das dauert, das hängt wohl von der Situation ab.
 
Ich erinnere mich sehr gerne an den Abschied von meiner Urgroßmutter obwohl das auch schon über 40 Jahre her ist.
Wir bekamen ein Telegramm, dass sie uns unbedingt sehen möchte. Also sind wir Hals über Kopf zu ihr gefahren. Es war ein Abend des Abschieds. Ich habe keine Ahnung wie sowas möglich ist. Aber sie hatte selber für sich entschieden, dass es Zeit ist zu gehen.
Das ist wunderschön :love: Sich verabschieden zu können ist ein großes Geschenk. Ungesagte Dinge können ausgesprochen werden, man kann sich noch einmal umarmen, vielleicht zusammen weinen.

Da bleibt nicht viel Platz für Trauer.
Das kann ich nicht nachvollziehen, ich finde schon, dass da jede Menge Platz für Trauer bleibt.

Traurig sind wir eigentlich über den Verlust eines geliebten Menschen. Über das was wir in Zukunft nicht mehr gemeinsam erleben können. Oder Fragen, die nicht mehr beantwortet werden können. Aber ist das wirklich Trauer?
Ich bin traurig darüber, dass ich meinen Opa nicht mehr ansehen kann, seine ganz persönliche mein-Opa-Energie nicht mehr fühlen kann, wenn er da ist, ihn nicht mehr lachen sehen oder ihn umarmen kann. Er hatte so eine lustig-ruppige, kurz angebundene Art, wenn er sauer war. Manche Menschen wirken bedrohlich, wenn sie wütend sind, mein Opa gar nicht. Ich vermisse ihn einfach sehr. Trauer drückt aus, dass wir das alles nie wieder erleben können, nur in Gedanken, in Erinnerungen, denke ich. Er war einzigartig, so wie jede*r von uns, und daher nicht ersetzbar.
 
Hallo Zippe! Verdrängen ist eine gute Option. Kein Mensch hat soviel Zeit und Geld, um alle schmerzhaften oder sonst negativen Gefühle aufzuarbeiten. Auch in der Psychotherapie ist man heute so weit, dass man nicht mehr in jeden Schmerz hineingeht, so lange bis er verschwindet. Das funktioniert gar nicht . Man muss lernen, damit zu leben.


Ich lebe eigentlich ganz gut damit.
Ich hätte wirklich kein Lust drauf, viel Zeit und Geld zu verschwenden, um in irgendwelchen längst vergangenen Dingen rumzustochern und das alles wieder raufzuholen. Dazu ist mir meine Lebenszeit echt zu schade. Diese Zeit und soviel Aufmerksamkeit haben die Verursacher gar nicht verdient Und mit dem Geld kauf ich mir lieber hübsche Schuhe ...

:o
Zippe
 
Doch. Wenn man falsche Eltern hat und wenn sich diese auf ein Schicksal berufen.

Natürlich leide ich manchmal darunter, nicht "ICH" sein zu dürfen, weil ich ein Pferd von einem Halbgott - oder so bin.

Beeing John Malkovitch!!! Ist die geeignete Lektüre in Video Format!

Ich habe jedenfalls manchmal darunter gelitten, durch das, wie ich mich gegeben haben musste. Aber ich weiß, das Schicksal wird alles wiedergutmachen.


Pffff - wer hat schon die richtigen Eltern????

:D
Zippe
 
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