Mit der Spiritualität hat der Mensch begonnen, sich selbst und sein Dasein in dieser Welt zu verstehen. Sie begleitet uns sicherlich schon über Millionen von Jahren, deshalb ist sie über die Zeit zu einem Grundbedürfnis geworden ist. Ohne sie hätten wir wohl kaum abstrakte Vorstellungen entwickelt und es wären auch keine komplexe Kulturen mit einer übergeordneten Zielsetzung entstanden.
Ein entscheidende enovative Rolle in der Entwicklung der Baukunst verdanken wir der Spiritualität. Bevor Städte entstanden, errichteten die Menschen Bauwerke, die einen ausschließlich spirituellen Charakter hatten. Bauwerke wie Stonehenge stellten geistige und technische Herausforderungen an den Menschen, die eine urbane Gesellschaft überhaupt erst ermöglicht hatten.
Macht das diverse Behauptungen, die im Namen "Spiritualitae" aufgestellt werden, wahrer?
Und wie sieht es z.B. mit neueren Herausforderungen aus? Der Mondlandung... der LHC-Teilchenbeschleuniger... alles Herausforderungen, die keinen spirituellen Hintergrund hatten. Trotzdem haben auch sie das Wir-Gefuehl der Beteiligten gestaerkt.
Mit der Spiritualität wird unser Wir-Gefühl auf besondere Weise angesprochen, also etwas das uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Das spirituelle Tun regt genau diese Botenstoffe an, die diese Erfolgsstrategie eines sozialen Wesen überhaupt erst ermöglicht. Spiritualität ist also etwas, das wir nicht abstreifen können, es liegt nur an unseren Genen, wie weit wir sie in den Hintergrund verdrängen können.
Oh, die Botenstoffe werden u.a. durch soziales Umfeld angeregt. Koennten Atheisten und Skeptiker keine Freunde haben?
Es ist also ein Irrtum, dass Skeptiker und Atheisten ein Leben ohne Spiritualität führen, sie sind sich dessen nur nicht bewusst. Beide glauben auch an Götter, nur heißen diese Einstein oder Misstrauen. Wie sehr wir der Spiritualität verhaftet sind, siehst Du zum Beispiel an Weihnachten. Hier in meiner Nähe ist ein sehr alter Dom, in dem alljährlich an diesem Abend eine Mitternachtsmesse mit Chor abgehalten wir. Du wirst es nicht glauben, aber bei dieser Messe ist der Dom immer brechend voll und das sind gewiss nicht alles praktizierende Christen. Es gibt aber auch kleinere Gegebenheiten, in denen auch die Skeptiker und Atheisten sich gerne mit etwas Spiritualität berieseln lassen. Eine Ausrede, warum man sich das gerade noch einmal durchgehen lässt, findet sich immer.
Ich mag Kirchenmusik auch. Z.B. die Toccata von Bach - ein herrliches Orgelstueck ideal fuer grosse Kirchen (oder Saele). Ich mag auch die Stimmung um Weihnachten rum - da schlendere ich gerne ueber den Weihnachtsmarkt. Na und? Ist das besonders spirituel, dass ich Dinge tue, die mir gefallen?
Der Hintergrund ist mir dabei egal - Bach haette das Stueck auch die "Ode an die Evolution' nennen koennen (wenn die Evolutionstheorie damals schon bekannt gewesen waere), und wir koennten anstelle Weihnachten die Entwicklung der Quantenfeldtheorien feiern koennen, zu deren Anlass Maerkte mit Crepes-Staenden aufgebaut werden. Das wuerde dem Genuss keinen Abbruch tun.
Es stellt sich also nicht die Frage, ob die Spiritualität notwendig sei, sondern vielmehr die Frage, wie weit man sich auf sie einlassen möchte. Sicherlich kann man versuchen möglichst ohne Spiritualität zu seinem Seelenheil zu finden, nur halte ich das für den schwierigeren Weg. Das fängt schon damit an, dass die Seele im Grunde nichts Greifbares ist und man das auf einer spirituellen Ebene leichter ansprechen kann, indem man sie als Wesen personifiziert. Hier spielt in unserer Gedankenwelt auch wieder das Wir-Gefühl eine wichtige Rolle ("Ich und meine Seele!").
Ok, DIESES Wir-Gefuehl fehlt natuerlich, wenn man davon ausgeht, dass Bewusstsein (und ALLES drum und dran) ein Produkt des Gehirns und der Wechselwirkung mit der Umwelt ist. Zugegeben... es ist keine besonders schoene Vorstellung. Trotzdem spricht (leider) viel dafuer.
Wozu sollte ich mir also auf meinem Weg zu meinem Seelenheil unnötige Steine in den Weg legen, wenn ich das gleiche Ziel über die Spiritualität sehr viel leichter erreichen kann? In unserer Innenwelt herrscht nun einmal die Bildersprache mit all den Allegorien und Parabeln, mit der sie ausgeschmückt wird. Schau dir dazu einmal deine Träume an, da gibt es keine rationale Logik und Gesetzmäßigkeit, hier gelten ganz andere Regeln.
Gegenfrage: Warum sollte man Behauptungen, die den Deckmantel "Spiritualitaet" tragen, ernst nehmen? Klar, Phantasie ist was tolles - da spiele ich auch gerne mit rum. Aber ich weiss, dass das mit Wahrheitsfindung und aehnlichem herzlich wenig zu tun hat.
Das scheint aber nicht allen klar zu sein. Da kommen dann Behauptungen durch wie z.B., dass unter energetischer Arbeit Wunden schneller und besser heilen. Oder, dass man den Heilungsprozess unterstuetzen wurde, indem man Engelenergien umlenken wuerde. Warum sollte man das ernst nehmen?
Natuerlich: KEIN Mensch denkt und halndelt rein rational - im Gegenteil handeln wir zu einem Grossteil sehr irrational. Das macht solche Behauptungen aber immernoch nicht wahrer und berechtigter.
Was verstehst Du eigentlich genau unter Spiritualitaet? Beschreib mal.