Lieber Thorsten,
das Ego kann mit dem Nicht-Ego nicht kommunizieren. Kommunikation ist nur zwischen Egos möglich.
Wie ich schon sagte, ist das Reden über Advaita Vedanta absurd, da es darauf abzielt, den diskutierenden Verstand zurückzulassen.
Doch dann bliebe nur das Schweigen und was wird dann aus dem Forum?
Lassen wir uns also von unseren Gedankenspielen nicht irreführen. Es sind nur Gedanken. Luftschlösser, die mit der Wirklichkeit, jenseits der Möglichkeit einer Benennung, nichts zu tun haben. Es ist weniger ein Kinderstreit, als vielmehr ein Kinderspiel. Namo tut wirklich sein Bestes. Aber er ist ein Don Quichote (wie auch immer das geschrieben wird). Er kämpft gegen Windmühlen.
Sobald sich ein Gedanke regt, sobald man den Mund aufmacht, tappt man in maya. Wer sich also für das Diskutieren entscheidet, bewegt sich in avidya (Unwissenheit) maya oder auch Illusion. Aber Spaß muss sein, nicht wahr?
Das Ego namens Namo hat jedenfalls mit uns eine Menge Spass. Warum sollten wir das nicht auch haben?
Also, ich würde sagen, dass man nicht an einem Ego kleben kann, wie Du es so schön formulierst. Das Ich und das Ego sind ja nicht zweierlei. Wer klebt da woran? So führt sich das Denken selbst hinters Licht. Dies ist das Problem der Wahrnehmung.
Um genau zu sein, kann nur dann etwas wahrgenommen werden, wenn sich die Einheit in zwei Teile spaltet, nämlich in den Wahrnehmenden und das Wahrgenommene. Um etwas zu erkennen, muss eine Spaltung eintreten, selbst wenn es nichts gibt, was gespalten werden kann. Obwohl die Wirklichkeit ungespalten ist, muss der Verstand eine Spaltung erzeugen, da er sonst nichts erkennen könnte. (Das Wort erkennen ist nicht mit dem Wort spirituelles Erkennen zu verwechseln.) Der Prozess der Wahrnehmung ist also ein Prozess der Verdinglichung.
Obwohl die Wirklichkeit kein Ding ist, erzeugt die Wahrnehmung illusionäre Dinge, nämlich Subjekt und Objekt.
Diese Spaltung in Subjekt und Objekt findet Ausdruck in folgenden Dualismen: Ich und Du, Ich und die Seele, Ich und mein Ego, Ich und die Welt, Dieses und Jenes, etc.
Die virtuelle Welt der Spaltung wird von den Taoisten als die Welt der Zehntausend Dinge bezeichnet. Heißt das aber, dass die Wirklichkeit aus 10 000 Dingen besteht?
Advaita Vedanta sagt: Nein. Die Wirklichkeit ist ungespalten, das heißt: Nicht-Zwei (Advaita).
Wissen setzt immer einen Wissenden und ein Gewusstes voraus. Es gibt kein Wissen ohne Wissenden. Gibt es ein Objekt ohne Subjekt?
Nein, daher können wir sagen: der Wissende und das Gewusste sind Eins (bzw. Nicht-zwei)
Saraha, ein Jivanmukta, drückte dies folgendermassen aus:
Einem blinzelnden Idioten
Kommt ein Licht vor wie zwei.
Sind Seher und Gesehenes nicht zwei,
verlieren beide ihre Dinglichkeit
Entscheidend ist der letzte Satz: Durch Verdinglichung entsteht das Ego, wird es geboren. Die Vorstellung von Existenz kann also nur durch Spaltung erzeugt und erhalten werden. Würde sich die Dinglichkeit verlieren, wäre es wie ein Tod für das Ego.
So ist also Verdinglichung die Nahrung des Egos. Damit das Ego also ein virtuelles Existenzgefühl bekommt, muss es das Gegenwärtige fortwährend spalten, in Subjekt und Objekt.
So gibt es dann ein Ich, ein Du, eine Seele eine Wahrheit, eine Realität, eine Liebe, einen Schatten-ein Licht, eine Kopie-ein Original, und so weiter und so weiter.
Ich habe gesagt: das Ich ist eine Illusion.
Es ist deshalb eine Illusion, weil es sich als von der Welt getrennt definiert.
Ich setzt ein Du voraus. Ohne Du hat das Ich keinen Halt.
Namo fragte: Wer sagt, dass es kein Ich gibt?
Und Du hast gesagt, dass niemand sagen kann, dass es kein Ich gibt.
Das ist sie Antwort! Niemand sagt, dass es kein Ich gibt.
Und Niemand hält sich für Jemand. Wenn Jemand glaubt, dass er Jemand ist, obwohl er in Wirklichkeit Niemand ist, ist das Illusion.
Also ist es das illusionäre Ich, was dies sagt!
Die Frage wer sagt das?, entsteht deshalb, weil das Ich sich nichts außerhalb seiner selbst vorstellen kann und weil vorstellen selbst der Prozess der Spaltung ist. Man kann das Ungespaltene nicht erkennen mit einem Medium, dessen Natur Spaltung ist!
Der Verstand hat keine Ahnung von der Wirklichkeit. Er ist ein Aufschneider und träumt von Seele, Realität, Harmonie, Liebe, gegebener spiritueller Ordnung etc.
Saraha sagt es folgendermaßen:
Es ist am Anfang, in der Mitte und am Ende
Doch Anfang und Ende sind nirgends als hier.
Wessen Kopf durch deutende Gedanken verwirrt ist,
Dessen Geist ist gespalten. Darum redet er
Vom Nichts und von der Liebe, wie von Zweierlei.
Ein Erkennen der Wirklichkeit ist also nur jenseits des Denkens möglich, also jenseits von Ich und Du. Solange man aber daran festhält, dass das Ich keine Illusion ist, gibt es auch keine Vision von etwas Transzendentalem. Und wenn es keine solche Vision gibt, dann gibt es auch keinen Grund für Meditation. Ein Ich für real existierend zu erklären ist daher ein Trick des Verstandes, sich vor Meditation zu drücken. So kann der Verstand immer weiter spinnen und auf die Suche gehen nach etwas, was er selbst erfunden hat.
Wer sich vor Meditation drückt hat Angst. Es ist die Angst vor dem Verlust des Ich.
Vedanta bedeutet: das Ende des Wissens. Mit Wissen ist das Ego gemeint (ich weiß?).
Daher sagte ich: Erkenntnis ist jenseits des Wissens (Vedanta).
Ich weiß, das Du das alles weißt und daß auch Namo das weiß. Deshalb ist diese Debatte ein Witz.
Das Leben ist einfach und klar.
Mit herzlichen Grüßen
Manosha