Eine Lanze für das "ICH"

du hast ja tatsächlich ein ziemlich... naja, "eigenartiges" Bild der Wissenschaft.

Gerade auf den Gebieten der Quantenphysik ändern sich fast schon täglich die Erkenntnisse (Kvatar hat in einem anderen Thread eine schöne Abhandlung darüber geschrieben, wie oft sich allein im vergangenen Jahrhundert die Ansicht über Aufbau und Funktion des Atomkerns verändert hat). Normalerweise müssten die Wissenschaftler sich dann, wie auch die Religionsstifter, sagen: "Aha. Das war's. Prof. X hat's rausgefunden, wie datt Ding sich dreht. Ist so, bleibt so und wird für alle Ewigkeit nicht mehr dran gerüttelt."
Könnten sie. Tun sie aber nicht. Das ist ja mit der Grund, weshalb sich alle Naselang etwas ändert. Schau doch mal auf wissenschaftlichen Seiten im Internet nach (die Uni Heidelberg z.B. bietet sehr schöne) und mach dir selber ein Bild davon.

Zweitens: Wissenschaft hat keine Berührungsangst. Nicht umsonst gibt es heute ernsthafte Forscher und Wissenschaftler, - ja, auch Ärzte - die sich um Themen wie paranormale Fähigkeiten, Nahtodeserlebnisse etc. bemühen. Neurologen forschen jetzt nach dem "Gottesmodul" im menschlichen Hirn, jene Stelle, die den Menschen in die Lage versetzt, mit höheren Wesenheitn in Kontakt zu nehmen, und sie haben unter dem Positronen-Emissions-Tomographen beobachtet, welche Sphären im Hirn bei Meditation und Gebet besonders aktiv sind. Sie BESTÄTIGEN die Wirksamkeit, anstatt sie abzuleugnen! Die Psychoneuroimmunologie bestätigt den Einfluss von Denken und Glauben bzw. der seelischen Verfassung auf den materiellen Körper! Wissenschaftszweige wie Parapsychologie, Thanatologie oder transpersonale Psychologie sind jüngst daraus entstanden. Und wenn Du Dir Bücher von z.B. Stephen Hawking durchliest, hast Du manchmal das Gefühl, Du liest ein esoterisches Werk (sh. "Eine kleine Geschichte der Zeit" oder "Das Universum in der Nusschale"). DAS meinte ich auch damit, dass sich Wissenschaft und Esoterik nicht unbedingt und um jeden Preis "beißen" müssen.

Die Berührungsangst liegt - paradoxer Weise - mehr im Bereich der Esoteriker, die in Sachen Toleranz oft Wasser predigen und Wein saufen. Gerade HIER wird dann, wenn am Glaubensbild gerüttelt wird, oft und gerne "Iiiih! Bäh! Materialisten!" gebrüllt. Und zwar immer dann, wenn sich uralte Weisheiten zwar bestätigen lassen, aber auf ganz normale (z.B. biochemische) Abläufe zurückzuführen sind. So mancher Guru, Heilslehrer, geistiger Führer von eigenen Gnaden sieht seinen Thron wackeln, wenn er sich vorstellen soll, dass bestimmte innerseelische Vorgänge auf eine Verschiebung von Neurotransmittern zurückgeführt werden kann und nicht auf "Erleuchtung" oder "Eingabe von oben", und dass das praktisch JEDER erreichen kann und kein Zeichen von besonderem geistigem Fortschritt, medialer Begabung oder Küsschen vom Geistführer ist.

Dass Du in dem Zusammenhang ausgerechnet Galilei erwähnst, bringt mich ein wenig zum Lächeln. Denn Galilei war ein WISSENSCHAFTLER, der von den ESOTERIKERN der damaligen Zeit (der Kirche) auf's Schafott gezerrt werden sollte - und nicht umgekehrt. Grund: Angst, ein jahrtausendealter Führungsanspruch könnte verloren gehen, wenn neue Erkenntnisse das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit erreichen.

Dass die katholische Kirche dennoch existiert ist m.E. eher ein Zeichen dafür, dass Wissenschaftler der Esoterik gar nicht gefährlich werden KÖNNEN. Denn Menschen, die glauben wollen, werden nach jedem Strohhalm greifen, der ihre Weltanschauung unterstützt und stärkt, und jede Erkenntnis, jedes Werk ignorieren, dass nicht aus "ihrer" Quelle kommt.

Sodele...
 
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Scheibenhonig... irgendwie überschreiten meine Beiträge immer die erwünschte Zeichenzahl, und ich muss meine eigenen Postings "beantworten"...

Ein Wort noch zum Thema: "Die Schulmedizin steht den alternativen Heilmethoden zu skeptisch gegenüber...", doch dazu muss ich mal wieder aus dem Nähkästchen plaudern. Auch, wenn's vielleicht dem einen oder anderen sauer aufstößt, dass ich immerzu von mir reden muss.

Einst lag auf der Station, auf der ich arbeitete, ein Patient aus Griechenland zur Tumor-OP-Nachsorge, typischer Anhänger eines bestimmten, vielumworbenen Heilers. Chemotherapie und Radiatio lehnte er ab, wurde aber mit anderen Medikamenten versorgt.
Dieser Patient erhielt täglich Besuch von seiner Familie, welche ihm auch regelmässig ein sehr teures Medikament mitbrachte, das aus der Schweiz bezogen wurde. Preis: DM 998,-- per 30 ml. Die Basis des Medikamentes sollte angeblich aus einer bestimmten Heilpflanze bestehen, angefertigt und "energetisiert" von eben diesem Heiler nach einem auf Jenseitsbotschaften basierenden Verfahren.
Wir alle wussten, dass der Patient dieses Mittel nahm. Zusätzlich, wie wir glaubten. - Nun, sein Zustand verschlechterte sich rapide, und er starb nach zirka dreimonatigem Aufenthalt.
Erst jetzt kam heraus, dass er die ihm verordneten Mittel regelmässig in den Abfalleimer entsorgt und sich allein auf sein Privatmedikament verlassen hatte. Die Ehefrau hat es Professor P., dem Leiter unserer Station, gebeichtet. Dieser ließ daraufhin in unserem Labor eine Analyse des Medikamentes durchführen: Es handelte sich um einen Extrakt aus Liebstöckel (sprich: Maggi) mit Wasser.

Fast eintausend Märker für dreißig Milliliter Wasser mit Maggi. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen!

Der Bericht war übrigens auch im Fernsehen (WDR), im Rahmen "Scharlatanerie - das Geschäft mit Krankheit und Tod". Ich habe noch das Video.

Will meinen: Wenn die "Schulmedizin" vielversprechende Naturheilmethoden erst auf Herz und Nieren prüft - was ist dagegen einzuwenden? Bei sich selber legt sie die gleichen Maßstäbe an, viele Medikamente werden über Jahre im Großversuch getestet, ehe sie endlich auf dem Markt landen. Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nichts zu fürchten. Viele Pharmakonzerne, z.B. die Firma Ratiopharm, stellt sogar selber Placebos her, weil sich selbst die Schulmedizin über die Wirkung des Glaubens an ein Medikament auf den Heilungsprozess bewusst ist. Unterschied zu so manchem dubiosen "Heilwässerchen": Sie verkauft es namentlich als .Placebo und schreibt ihm keinerlei wie auch immer geartete Wirkung zu, außer der oben beschriebenen.
Andererseits: Lehnt die Schulwissenschaft etwas Hochgepriesenes ab, steckt meistens auch etwas dahinter. Beispiel: Der Riesenreibach mit "Sauerstoffwasser", welches nur einen einzigen, objektiv nachweisbaren Effekt hat, nämlich den, dreimal teuerer zu sein als ein herkömmliches Mineralwasser.

Manchmal muss die Schulmedizin allzu Leichtgläubige vor sich selber schützen. Etwas Böses sehe ich nicht darin. Wer unbedingt glauben WILL, wird auch weiterhin Horrorsummen für unsinnige "magische Rituale" ausgeben. Oder eben für Maggiwasser
 
Bravo Sanhei,

ich vertraue auch nur den Leuten, die bereit sind ihre Schöpfungen und Philosophien der kritischen Gegenrede zu unterwerfen. Oder: Vertraut nur den Leuten, die sich selbst mißtrauen!
Es gehört zu Wesen der Wissenschaft, sich ständig selbst zu hinterfragen. Das macht sie auch so erfolgreich, glaubwürdig und populär.

LG
Gisbert :winken5:
 
Hi Sanhei

Natürlich hast Du recht mit Deinen Darstellungen. Auch die Darstellung der Medizin stimmt. Es ist natürlich auch der verantwortungsbewußte Aspekt einzubeziehen, den ich ihn meinem Posting nicht berücksichtigt habe. Aber ich denke trotzdem, daß diese Aspekte auch herangezogen werden, um niemand heranzulassen, der Ihren Pfründe gefährlich werden kann. Und ich denke trotzdem, obwohl ich auch Dir beipflichten muß, daß ich bis zu einem gewissen Grad recht habe. Und daß gerade auf dem Gebiet der Esoterik viel Scharlatanerie betrieben wird, ist wohl jedem bekannt. Einem leichtgäubigen Menschen oder auch gläubigen ist nun mal leichter das Geld aus der Tasche zu ziehen als einen Skeptiker. Und daß ein gewisses Umdenken herrscht ist zweifelsfrei festzustellen und ich glaube, ich habe das auch erwähnt. Und trotzdem glaube ich, daß ich auch recht habe.
Vielleicht war ich etwas extrem, aber trotzdem.
In diesem Sinne herzliche Grüße Frido.
Ps: Muß mich leider beeilen, ich hab noch einen Termin
 
Du musst nur Eins wirklich irgendwann: STERBEN !

Das ist Dein wichtigster Termin. Denkst Du ab und zu daran ? ;)
 
Hi Kvatar

Der Termin war nicht wirklich wichtig, aber ich wollte ihn einhalten. Ich wollte nur rechtzeitig zum Training kommen. Daß ich sterben werde, ist mir klar. Aber wer will schon ewig mit einer rostigen Schüssel fahren.
In diesem Sinne grüßt herzlich Frido
 
Frido ist ein stolzer Führerscheinbesitzer, der trainiert, damit seine Schüssel rostig bleibt. Aber dabei hat er es nicht so eilig, wie es aussieht, weil er weiß, dass er vorher eh noch sterben gehen muss.
 
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Hi Kvatar

Ist es nicht irgendwie paradox, daß dein ich, der Verstand ist ja ein Teil des ichs, das Dich zu den wunderbarsten Erkenntnissen und Einsichten führt, das Dich mit Walter streiten läßt, damit Du noch mehr schreiben kannst, noch kreativer Deine Postings gestalten kannst, das Dir ermöglicht, in meinen Augen, brillante und kreative Beiträge zu gestalten, sich dazu verwenden läßt, zu beweisen, daß das ich nichts wert ist. Das es schuld ist an allem Ungemach und Leid der Welt. Das es ausgemerzt gehört, um endlich Zugang zu den wahren Werten des Seins zu finden....
Das erinnert mich an Zeiten, als ich meinem Körper die Schuld gab, daß ich nicht kann, was ich so gern gekonnt hätte. Inzwischen bin ich mit meinem Körper wieder ausgesöhnt, hoffe ich, mein Körper hat mir nie einene Vorwurf gemacht.
In diesem Sinne grüßt herzlich Frido
 
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