Zu den Mitteln, Menschen sich gefügig zu machen und Macht über sie zu erlangen, gehört das Zitieren von (vorgeblichen) Autoritäten. Ein Zitat macht eine Behauptung, die sie aber nicht belegt, stattdessen wird gerne eine (vorgebliche) Autorität vorgeschoben, seien es bekannte Personen wie Wissenschaftler, religiöse Würdenträger, Buchautoren, die Bibel usw.
Daneben gibt es die zitierende Rede. Sie gibt Behauptungen anderer indirekt wieder. Dazu mag ein Buch gelesen worden sein, dessen Behauptungen möglicherweise gut belegt wurden, doch vernachlässigt der indirekt Zitierende die Belegung.
Schließlich gibt es noch die Methode, die künstlerisch eigene Behauptungen schöpft, nach Vorbild der beiden oben geschilderten Mittel vorgeht und sich nicht um eine hinreichende Belegung bemüht.
Ein Zitat oder eine Behauptung hat auf naive Gemüter eine erstaunliche hypnotische Wirkung. Da in unserer Welt auf einen Menschen aber ständig Zitate wie zum Beispiel in der Werbung einprasseln, entsteht eine Art Wettkampf unter den Zitierenden und Behauptenden. Der Naive wird hin- und hergerissen, bis er ohne ausreichende Reflexion dem Ruf nachgibt, dem er affektiert glaubt, folgen zu sollen.
Zitierende und Behauptende in dieser Art sind zwar raffiniert, doch andererseits im Moralischen naiv. Ihr Vorgehen ist moralisch unreflektiert.
Erstaunlich ist daran, dass in uns so etwas wie ein "Bann des geschriebenen oder gesprochenen Wortes" zu sein scheint, dessen Wirkung sich bereits ohne jegliche Reflexion ausbreitet. Diese Tatsache erinnert an einen Zustand des Menschen, von dem die Genesis berichtet. Dort veranlasst die raffinierte Schlange durch behauptende und verheißende Worte die naiven Paradiesbewohner zu einem Gesetzesbruch, aus dem die Notwendigkeit der Rechtfertigung entsteht, die es voher offensichtlich noch nicht gegeben hat.
Wir selbst verhalten uns wie die Schlange, wenn wir uns nicht bemühen, unsere Worte durch eine hinreichende Belegung zu untermalen. Ich möchte noch einmal an das Zitat von Lessing erinnern, das uns den Hinweis gibt, dass der Wert des Menschen durch die aufrichtige Bemühung entsteht. Lessing meint also, es gehe gar nicht darum, gleich alles in Perfektion zu können, sondern sich "lediglich" zu bemühen. Dies ist etwas, was der Mensch erfahren kann, beobachtet er moralisch reflektierend das Leben.