"Konkrete Erscheinungsformen menschlicher Maßlosigkeit
Fangen wir ganz einfach und elementar an, bei unserem grundlegendsten Bedürfnis, dem nach Nahrung, dem Essen. Der zuvielisierte Mensch isst zuviel. Übergewicht durch Überernährung ist eines der elementaren Gesundheitsprobleme der Wohlstandsgesellschaften, mit weitreichenden medizinischen Folgen. Wir essen zuviel und noch dazu zuviel vom Verkehrten, nämlich dem angeblich Guten. Das Gute, das sind Kohlehydrate, z. B. Süßigkeiten, und Eiweiß, Tierisches, sprich Fleisch. Bleiben wir beim Fleisch. Das konnte man sich früher nur selten leisten. Nur die Reichen hatten das öfter auf ihrem Speisezettel. Fleisch war ein Symbol für Wohlstand und also erstrebenswert wie dieser. Als man es sich leisten konnte, gab es immer mehr davon, jeden Tag, Wurst aufs Brot und als Hauptbestandteil der Hauptmahlzeit. Wie sich mit der Zeit herausstellte, war das medizinisch gesehen zuviel des Guten. Zu hoher, sprich maßloser Fleischverzehr schadet der Gesundheit. Nachweislich besteht ein Zusammenhang bei Herz- und Kreislauferkrankungen, Alterszucker, Gicht, Rheuma und Dickdarmkrebs usw. Doch nicht nur sich selbst schadet der Mensch durch seinen maßlosen Fleischkonsum. Das Töten von Tieren für die Ernährung ist schon an sich eine schwierige ethische Frage, die jeder für ich selbst, bewusst beantworten sollte. Durch die Maßlosigkeit des menschlichen Appetits auf Fleisch wird das ethische Problem jedoch in einer dramatischen Weise verschärft. Der maßlose Fleischbedarf ist nur durch industriell organisierte Massentierhaltung zu befriedigen, die den Tieren den letzten Rest an mitgeschöpflicher Würde nimmt. In der industrialisierten Fleisch-Produktion werden Tiere nur aus ökonomischer Perspektive wahrgenommen, als Faktoren im profitorientierten Kalkül. Hühner, Schweine, Rinder sollen, massenweise zusammengepfercht, vor allem eins, möglichst schnell und damit kostengünstig zunehmen.
Weil Schweine sich in der Enge die Schwänze abbeißen, werden sie ihnen vorsorglich gleich abgeschnitten. Weil Hühner sich in den winzigen Käfigen der Legebatterien gegenseitig blutig hacken, werden ihnen die Schnabelspitzen abgezwickt. Überschüssige männliche Küken werden maschinell zerhackt oder zerstampft, gemust, so heißt der Fachausdruck. Rinder werden gegen ihre Natur gezwungen, Tiermehl zu fressen, was bekanntlich zum sogenannten Rinderwahnsinn geführt hat. Das sind nur einige wenige konkrete Aspekte des ungeheuren Leidens von Tieren in der Massentierhaltung. Für mich ist das eine der schlimmsten Konsequenzen menschlicher Maßlosigkeit. Nie wurden Tiere in so einem Ausmaß und so zynisch verachtend gequält und ausgebeutet. Und das in angeblich zivilisierten Gesellschaften, die sich für kulturell hochstehend und weit entwickelt halten. Doch damit nicht genug der negativen Folgen unserer ungezügelten Lust auf Fleisch. Die Industrieländer importieren für ihre Mastbetriebe aus den Ländern der Dritten Welt wertvolle pflanzliche Rohstolle, vor allem Sojamehl, das dort bei der mangelhaften Ernährung fehlt. Beim Verfüttern pflanzlicher Nährstoffe an Tiere geht bekanntlich ein Großteil des Nährwertes verloren, den wir bei der direkten Ernährung von Pflanzen zur Verfügung hätten. Massenmast zieht riesige Monokulturen nach sich, Soja- und Maisanbau vor allem. Die Böden werden ausgelaugt, versteppen, werden weggeschwemmt. Es wird chemisch gedüngt, Pflanzenschutzmittel werden in großem Stil eingesetzt. Das führt zur Artenvernichtung und zu problematischen Rückständen in Nahrungsmitteln, im Boden und im Wasser. Um Flächen für Weiden und Futtermittelanbau zu gewinnen, werden in Südamerika in großem Ausmaß Regenwälder abgeholzt und damit unwiederbringlich vernichtet. Das hat Auswirkungen auf das Klima. Die Gülle, die massenweise anfällt, verdunstet zum Teil, trägt zum sauren Regen und damit zum Waldsterben bei. Oder sie versickert im Boden und verunreinigt das Wasser mit schädlichen Nitraten und Phosphaten. Das sind beileibe noch nicht alle destruktiven Konsequenzen, aber es soll hier damit genug sein. Es ging mir darum aufzuzeigen, dass die Maßlosigkeit des Menschen an einem Punkt, hier exemplarisch der Fleischverzehr, nicht nur eine negative Folge, sondern ein weitreichendes Geflecht von Folgen nach sich zieht. Die destruktiven Konsequenzen sind in komplexer Weise vernetzt, weil ökologisch subtil abgestimmte Gleichgewichtssysteme dadurch massiv gestärkt werden. Beim genauen Wahrnehmen zeigen sich diese komplexen Zusammenhänge zunehmend in ihrer ganzen Tragweite."
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