Für
aufgeklärte Christen ist es keineswegs ein Problem, Evolutionstheorie/Urknalltheorie mit der Annahme einer Gottesexistenz zu verbinden. Weil sie - im Gegensatz zu religiösen Fanatikern - den biblischen Schöpfungsmythos nicht
wortwörtlich nehmen (als "Bericht"), sondern als eine gleichnishafte Erzählung. Der Glaube an eine Gottesexistenz kommt weder mit der Evolutionstheorie, noch mit der Urknalltheorie in Konflikt, wenn er nicht gerade kreationistische Form, so wie bei CM annimmt, d.h. einer wortwörtlichen Auslegung der Bibel folgt mit allen absurden Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
CM etwa muß nicht nur die Evolutionstheorie abstreiten und bekämpfen, sondern auch die Urknalltheorie, die mittlerweile empirisch gut abgesichert ist. Das Weltall, so übereinstimmend die Astrophysiker, ist auf 13,7 Milliarden Jahre datiert worden. Das ist keine Vermutung, auch keine Schätzung, sondern ein Faktum, das sich aus den Meßdaten der NASA-Sonde MAP ergibt:
Es vollendet sich damit ein Forschungsprojekt, das vor 40 Jahren seinen Ausgang nahm. Damals hatten Physiker erstmals jenen Strahlungshintergrund aufgefangen, der als Echo des Urknalls den ganzen Kosmos erfüllt. Unvermittelt war der Beginn allen Seins aus dem Bereich religiöser Spekulation gerückt und zum Gegenstand messender Naturwissenschaft geworden. Das Ziel war nun ein mit den Mitteln der Physik verfasster Schöpfungsbericht.
Seit letzter Woche steht der Plot endgültig fest. Alle wesentlichen Eigenschaften, die das Baby-Universum beschreiben - Dichte, Temperatur, Zusammensetzung, Expansionsgeschwindigkeit und Raumkrümmung -, lassen sich aus der "Map"-Karte herausdestillieren. "Bei diesen Parametern gibt es nun keinen Spielraum mehr", erklärt Bartelmann.
Aus ungeklärter Ursache zündete demnach vor genau 13,7 Milliarden Jahren das All. Es folgte die Ära der Inflation: Das frisch geborene Universum dehnte sich aus - in einem kaum vorstellbar kurzen Moment in ebenso wenig vorstellbar gewaltigem Maße.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-26384015.html
Schließt das nun eine Gottesexistenz aus?
Dazu vielleicht ein Zitat von einem intelligenten Kopf:
Das Modell eines expandierenden Universums schließt einen Schöpfer nicht aus, grenzt aber den Zeitpunkt ein, da er sein Werk verrichtet haben könnte.
Stephen W. Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit
So ist es. Das Alter des Universums ist bekannt (13,7 Miliarden Jahre). Auf die Frage: was war vor dem Urknall? kann man locker "Gott" antworten, ohne mit irgendwelcher naturwissenschaftlichen Erkenntnis in Konflikt zu kommen. Aber nur, insofern man, wie gesagt ein aufgeklärter Christ ist.
Mittelalter-Vereine wie CM aber fordern die Aberkennung von Nobelpreisen, weil sie der wortwörtlich verstandenen Schöpfungsgeschichte der Bibel widersprechen. Die Astrophysiker John C. Mather und George F. Smoot sollen ihren Nobelpreis zurückgeben, so CM. Unter der Überrschrift "Nobelpreis für eine Irrlehre" lesen wir auf der Website der "Christlichen Mitte" folgendes:
Die CHRISTLICHE MITTE für ein Deutschland nach GOTTES Geboten fordert die Aberkennung des Nobelpreises, und zwar aus folgenden Gründen:
Für die Evolutions-Theorie gibt es keinen experimentellen Beweis. Sie ist somit nur Theorie, ein Glaube, ein Irr-Glaube.
Wir Christen glauben an die Offenbarungen GOTTES und bekennen im Glaubensbekenntnis:
Ich glaube an GOTT, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Die Evolutionstheorie leugnet GOTT und ist deshalb eine der gefährlichsten Irrlehren, vor allem, weil sie in den Schulen gelehrt wird und damit bereits Kinder verführt, d.h. sie von GOTT fernhält.
Die Evolutionstheorie behauptet, eine Wissenschaft zu sein. Sie ist in Wahrheit Pseudo-Wissenschaft und Irrglaube.
http://www.christliche-mitte.de/ind...lpreis-frr-lehre&catid=1:nachrichten&Itemid=2
Ich halte diese Sekte für bedenklich. Das ist der Geist der Gegenaufklärung, der hier spricht, der gleiche mittelalterliche Wahnsinn, der Giordano Bruno auf den Scheiterhaufen und Galileo Galilei zum Schweigen brachte. Und auch der gleiche sprachliche Duktus: von "Irrlehren" ist die Rede und von "Kinder verführen".
Wenn diese Sekte tatsächlich mal politische Macht erhalten sollte, was sie ja anstrebt, sie definiert sich als *Partei* und tritt zu den Wahlen an, würde es sich schon lohnen, über Auswanderungspläne nachzudenken.