Der Alte

Kapitel 23​


Es herrschte euphorische Stimmung unter den Männern, die sich versammelt hatten. Sie hatten einen Erfolg errungen. Ein wichtiger Kristall befand sich nun in ihren Händen.

Ihr geheimer Versammlungsort, eine höhlenartige Halle unterhalb eines verlassenen Herrenhauses, war angefüllt mit dem Geruch von Räucherwerk das die Sinne stark beeinflusste und zu ihrer aufgeheizten Euphorie beitrug.

Schwarz war ihrer Kleidung und jeder trug eine Art Hut, der ägyptisch anmutete durch seine hohe Form, welche an eine Pharaonentracht erinnerte. Die langen Gewänder reichten bis zum Boden und auf ihrem Rücken war ein Symbol aufgestickt. Ein goldener Scarabäus, der auf beiden Seiten von einem Kristall gesäumt wurde. Auf seinem Rücken war ein Ankh-Kreuz zu sehen.

Sie waren die Hokh-dhan, die Wiederbringer. Seit Urzeiten war es ihr Ziel zwei Kristalle und ein Ankh-Kreuz in ihren Besitz zu bringen, sie zu verschmelzen und damit die Welt zu beherrschen. Ihre Ursprünge reichten bis in vorägyptische Zeiten zurück und durch Intrigen, Morde und verbrecherisches Handeln hatten sie schon Pharaonen und andere grosse Persönlichkeiten zu Fall gebracht oder gar ausgelöscht.

Ihre Verbindungen reichten bis in hohe Kreise und durch geschickte Schachzüge hatten sie sich Einfluss verschafft, der ihre Sache unterstützen sollte... Sie mussten den zweiten Kristall und das Ankh in ihre Hände bekommen - koste es was es wolle!

Zwanzig Männer waren hier versammelt und ihr monotoner Singsang, die flackernden Fackeln und der Geruch des Rauchwerks hüllten die Szene in eine düstere Atmosphäre.

Ein grossgewachsener Mann mit einer goldenen Kette um den Hals trat in ihre Mitte. Ein Scarabäus aus massivem Gold hing an der Kette und wies ihn als ihren Anführer aus. Er hob seine Hand und augenblicklich verstummte ihr Gesumme und ihre Augen klebten an seinem Mund.

"Die dunklen Tage neigen sich dem Ende, denn zwei unserer tapferen Männer haben uns den ersten Kristall zurück gebracht. Sie haben unserer Sache gedient und Ehre gemacht und werden hiermit in den Rang des Akh-Al erhoben."

Ein Akh-Al war ein engerer Vertrauter des Anführers und wurde in weiteres Wissen des Geheimbundes eingeweiht. Hohes Ansehen innerhalb des Bundes und weitergehende Führungsaufgaben waren damit verbunden.

"Terek-Al und Shibeth-Loth, tretet hervor!"

Aus der Menge lösten sich zwei der Männer und traten in den Kreis zum Anführer heran.

"Grosse Ehre habt ihr unserer Sache gemacht und grosse Ehre wird euch nun zuteil."

Ehrfürchtig traten die beiden Männer an ihren Anführer heran und senkte die Köpfe. Jedem von ihnen wurde ein Kettchen mit einem Miniatur- Scarabäus umgehängt. Dann wurde die Zeremonie durch frenetisches Klatschen aller Anwesenden gefeiert. Stolz gingen die beiden Männer auf ihre Plätze im Kreis zurück und genossen die Blicke ihrer Genossen.

Abermals ergriff ihr Anführer das Wort.

"Ein grosser Erfolg, zweifellos. Doch wir haben unser Ziel noch nicht erreicht. Der zweite Kristall und das Ankh müssen in unsere Hand! Zu lange schon sind sie verborgen und nutzlos. Wir müssen sie finden und in unseren Besitz bringen. Der Alte muss die Stücke weiter gegeben haben, sie waren nicht mehr in seinem Besitz. Beobachtet den Professor. Seht euch die Menschen an mit denen er zu tun hat. Belauscht und beschattet sie. Wir müssen eine Verbindung finden - koste es was es wolle!"

Er hob beide Hände empor.

"Ankh anar thah!"

"Ankh anar thah!", ertönte es aus der Runde zurück.

Die Macht in unsere Hand....

Die Versammlung war damit aufgelöst und die Männer wechselten in einen Nebenraum, um ihre schwarzen Gewänder und die Kopfbedeckung abzulegen. In zeitlichen Abständen von ein paar Minuten verliessen sie den Versammlungort. Sie wollten nicht auffallen.

Noch nicht....
 
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Kapitel 24​


Wir hielten uns eine Weile in der Nähe des Museumseingangs auf und wollten zunächst abwarten, bis die ganze Polizeiaktion und die Aufregung vorbei war. Noch immer säumten einige Schaulustige den Bereich um das Museum. Ein Absperrband der Polizei hielt sie jedoch deutlich auf Abstand.

Etwa eine Viertelstunde später hatte sich die Menge fast gänzlich aufgelöst und es standen nur noch eine Hand voll Menschen umher. Das Flatterband wurde entfernt und die Polizeiaktion wurde schliesslich beendet. Langsam schlenderten wir zum Haupteingang, als die Tür geöffnet wurde und ein Museumsmitarbeiter ein Schild mit der Aufschrift "Heute geschlossen" von aussen anbrachte. Ich sprach ihn freundlich an.

"Entschuldigen Sie bitte, ist Professor Hagedorn noch im Hause?"

"Ähm, ja schon, aber ich glaube nicht dass er heute noch jemanden empfängt nach der ganzen Unruhe hier."

"Würden Sie ihm bitte ausrichten, dass wir wichtige Informationen im Bezug auf den Kristall für ihn haben. Wir hatten uns heute bereits in einem Nebenraum mit ihm darüber unterhalten, als wir dann jäh durch den dreisten Diebstahl unterbrochen wurden."

Der Mann wirkte etwas verunsichert und hatte offenbar Bedenken, etwas falsch zu machen.

"Okay, warten Sie bitte hier, ich frage nach ob er noch Zeit hat."

"Dankeschön!"

Wir gingen ein paar Schritte zurück und setzten uns auf die oberste Treppenstufe. Ich sah Fee an. Sie wirkte sehr in sich gekehrt und abwesend.

"Er ist es!, sagte sie plötzlich, ich kann es genau spüren. Er ist die Person die uns unterstützen wird. Wir sollten ihm vertrauen und prüfen wie viel er bereits weiss und.....

"Ach Sie sind es!"

Freundlich schaute Professor Hagedorn uns an.

"Tja, dass war ein aufregender Museumstag nicht war? Man sagte mir dass Sie Informationen für mich haben bezüglich des gestohlenen Kristalles? Ist dem so?"

"Ja gewissermassen, antwortete Fee, haben sie noch Zeit für ein Gespräch?"

"Wenn es so ist - er schaute sich nach beiden Seiten um - dann kommen Sie noch mal herein, ich habe für heute eh alles Andere abgesagt."

Mit diesen Worten hielt er uns die Tür offen und bat uns herein.

"Lassen Sie uns in mein Büro gehen, dort sind wir ungestört."

Wir folgten ihm die Treppe hinauf in die 1. Etage und kurz darauf sassen wir in einer gemütlichen Couchecke seines Büros und der Professor goss uns Kaffee ein.

"Nun ich bin wirklich sehr gespannt was Sie mir zu sagen haben. Alles was mit dem Kristall zu tun hat war ziemlich mysteriös wissen Sie. Es begann wie ich Ihnen ja bereits im Vertrauen erzählt habe mit dem Erwerb des Kristalles in der Artefaktenkammer."

"Der zugegebenermassen recht zwielichtig erscheinende Araber hatte mir kurz darauf gegen eine gewisse "Zuwendung" eine Adresse gegeben, bei der ich den heute gestohlenen Kristall offiziell erstanden habe. Der Verkäufer wies sich als Antiquitätenhändler aus und tischte mir eine abenteuerliche Geschichte auf, die aber mein Interesse weckte, da ich in dieser Richtung selber mit einigen Recherchen unterwegs war."

Fee und ich waren froh über die Redseeligkeit des Professors, denn eigentlich wussten wir beide nicht so genau, wie wir die Sache hätten angehen sollen.

"Was war so merkwürdig an der Geschichte Herr Professor," fragte ich nach.

"Nun, er sprach davon dass der Kristall den ich erwarb schon sehr alt sei. Aus vorägyptischer Zeit. Die meisten Geschichtswissenschaftler hätten ihn als verrückt abgetan, denn er meinte dass dieser Kristall aus dem versunkenen Atlantis stammen würde und dass es noch mehrere davon geben würde. Ihnen sollen sehr grosse Kräfte innewohnen, besonders wenn sie zusammengeführt würden."

"Das hört sich ja sehr interessant an", warf Fee ein.

"Ja in der Tat. Zumal ich selbst Untersuchungen in diese Richtung angestrengt habe, da ich dieser Theorie über das versunkene Atlantis sehr offen gegenüber stehe. Tatsächlich habe ich Verblüffendes entdeckt, jedoch erntet man im Kreise der erlauchten Ägyptologen und Altertumsforscher nur Hohn und Spott und muss um seinen Ruf fürchten, wenn man öffentlich über diese Dinge spricht. Es kann und darf schliesslich nicht sein, dass die Erdgeschichte umgeschrieben werden muss."

"Durch Zufall wurde ich auf einen amerikanischen Mystiker und Seher aufmerksam. Sein Name ist Edgar Cayce und er ist bereits im Jahre 1945 verstorben. Er konnte sich in Trance versetzen und obwohl er keinerlei medizinische Ausbildung hatte, half er vielen Menschen mit heilenden Ratschlägen. Er sagte auch den Beginn und das Ende des 2. Weltkrieges voraus, aber was das Interessanteste für mich war.... in seinen Trancesitzungen, die übrigens allesamt schriftlich dokumentiert wurden, erklärte er einigen Menschen die ihn um Rat gebeten hatten, dass sie Inkarnationen in Ägypten und sogar in Atlantis hatten. Er sprach davon dass das atlantische Reich in drei verschiedenen Perioden untergegangen ist und dass die letzte Katastrophe, die den endgültigen Untergang einleitete, etwa zehntausend Jahre zurückliegt. Seinen Worten zufolge konnten viele Menschen dem Unheil entkommen und sich unter Anderem nach Ägypten retten."

"Aber, entschuldigen Sie bitte. Ich texte Sie hier zu und Sie wollten mir eigentlich Informationen geben zu dem gestohlenen Kristall. Es ist nur so, dass mich dieses Thema absolut fesselt und wenn ich einmal davon anfange... naja, Sie haben es ja gerade selbst erlebt. Ich glaube nun sind Sie erst einmal an der Reihe, nicht wahr?"

Wir waren beide erstaunt über seine Offenheit und sie bestärkte uns, auch ihm gegenüber Offenheit zu zeigen.

Dann ergriff Fee das Wort und startete eine Unterhaltung, die bis in die späten Nachstunden dauerte...
 
Kapitel 25​


Es war stockfinster. Die Kirchturmuhr schlug zwölf mal. Mitternacht.

Der Mann in dem dunkelen Mantel zündete sich eine Zigarette an. Immer wieder lugte er aus dem Hauseingang hervor, von dem aus er den Seiteneingang des Museums beobachtete. Es brannte noch Licht. Der Professor musste noch im Gebäude sein. Er würde auf ihn warten, irgendwann musste er ja heraus kommen.

Zwei Tage waren vergangen seit ihrem Einbruch. Terek-Al war sehr nervös gewesen. Es war sein erster Einbruch in ein Museum gewesen. Naja, eigentlich war es eher ein Überfall, doch alles war gut ausgekundschaftet und geplant gewesen. Der Erfolg hatte ihm Auftrieb gegeben und er hatte es sich zur Aufgabe gemacht den Professor zu beobachten. Mit ein wenig Glück würde er ihn zu dem Weib führen, dass den Kristall in ihrem Besitz hatte. Er musste sie finden. Es würde ihm grosse Ehre und einen noch höheren Rang einbringen. Ihm noch mehr Macht verleihen..

Terek-Al schaute auf seine Armbanduhr. Es war Null Uhr dreissig. Er schaute um die Hausecke. Das Licht war aus! Verdammt, er hatte nicht aufgepasst. Hektisch sprang er aus dem Hauseingang hervor und suchte die Gegend ab, doch der Professor war nirgends zu sehen. Er ging zurück zum Seiteneingang des Museums und schaute durch das Fenster ins Dunkel. Nichts war zu sehen. Er horchte an der Türe, doch zu Hören war ebenfalls nichts. Er schien tatsächlich das Gebäude verlassen zu haben.

Vorsichtig drückte er die Türklinke herunter. Die Tür war offen! Hier stimmte doch etwas nicht! Langsam schwang er die Tür auf und sah ins Innere des Flures. Da! Am Ende des Ganges sah er einen Lichtschein unter einer Tür. Das musste der Professor sein. Er hatte wohl nur den Raum gewechselt und Terek-Al hatte schon gedacht er hätte sein Weggehen nicht bemerkt. Er war heilfroh, dass er keinen Fehler gemacht hatte.

Langsam schlich er vorsichtig zu der Tür hinüber und legte sein Ohr an die Oberfläche. Schwach hörte er Tastenanschläge. Der Professor schien etwas am Computer zu schreiben. Terek-Al beugte sich zum Schlüsselloch hinunter, doch die Tür hatte kein Schlüsselloch, denn sie war nur mit einer speziellen Karte zu öffnen.

Dies musste ein wichtiger Raum sein dachte er sich. Er wollte unbedingt wissen, was der Professor dort schrieb und überlegte ob er vielleicht von Aussen durch ein Fenster etwas sehen könnte. Er drehte um und wollte zur Eingangstür zurück als er Geräusche bemerkte die aus dem Raum kamen. Der Professor wollte gehen!

Schnellen Schrittes eilte er zum Ausgang. Keinen Moment zu früh, denn als er die Türe zuzog ging das Licht im Flur an und der Professor verliess den Raum. Geschmeidig wie eine Katze glitt Terek-Al an der Hauswand entlang und versteckte sich hinter einem Mauervorsprung. Der Professor kam heraus und ging zur Strasse hinüber wo sein Wagen stand. In sicherem Abstand folgte er ihm. Als das Auto des Professors sich in Bewegung setzte, rannte er über die Strasse, setzte sich in seinen schwarzen SUV und folgte ihm.

Nach etwa zehn Minuten Fahrt bog der Wagen des Professors in eine Privatstrasse ein, welche die Zufahrt zu einem alten Herrenhaus war. Terek-Al hielt in einigem Abstand an, stieg aus und ging den Weg zu Fuss weiter. Er sah wie der Professor seinen Wagen in die Garage fuhr und ins Haus ging. Dort brannte Licht, es musste also noch jemand da sein.

Vorsichtig schlich er sich bis ans Fenster heran und schaute hinein. Es war eine junge Frau in dem Raum, etwa Mitte Zwanzig, schwarze Haare....

...schwarze Haare! So sah die Frau aus, die sein Oberster Meister beschrieben hatte. Heute musste sein Glückstag sein! Dies musste die Frau sein, die den Kristall hatte. Er beobachtete weiter. Der Professor betrat den Raum und begrüsste die Frau. Hören konnte er leider überhaupt nichts. Doch dann geschah etwas, das sein Herz höher schlagen liess.

Aus einer Tasche holte die Frau etwas hervor. Es war ein Stein...ein Kristall!...das musste er sein! Terek-Al überlegte fieberhaft. Seine Gedanken kreisten um den Kristall. Wenn er ihn dem Obersten bringen würde, wäre er der Held des Tages! Konnte er es alleine wagen oder war es besser sich zunächst zurück zu ziehen und gemeinsam mit den Anderen einen Plan zu schmieden?

Nein, der Ruhm sollte ihm alleine gehören und alleine wollte er die Sache erledigen. Er wollte den richtigen Moment abpassen und den Kristall an sich bringen. Er zog seine schwarze Kapuze über und beobachtete die beiden Personen. Irgendwann würde der Moment für ihn kommen.

Der Professor und die Frau hatten sich einen Kaffee geholt und sassen auf einer Couch. Der Kristall lag neben ihnen auf einem kleinen Tisch. Ein paar Minuten später stand der Professor plötzlich auf und verliess den Raum. Das war seine Chance!

Mit einem dicken Stein, den er sich zuvor parat gelegt hatte, schlug er die Scheibe der Terrassentür ein, sprang in den Raum hinein und griff sich den Kristall. Als sich ihm die zu Tode erschrockene Frau entgegen stellen wollte, verpasste er ihr einen Schlag ins Gesicht. Sie taumelte nach hinten, stolperte über den Teppichrand und stürzte nach hinten. Ihr Kopf schlug auf der Tischkante auf und sie blieb regungslos liegen.

"Christine, was ist passiert um Himmels Willen?", hörte er den Professor rufen.

Schnell drehte er sich um und rannte über die Terrasse den Privatweg zurück. Er hatte den Kristall - alles andere war unwichtig!
 
Genau einen Monat ist es nun her, seit das letzte Kapitel geschrieben wurde. Ehe hier alles zu Staub zerfällt, puste ich einmal durch, hole das Thema hoch und hoffe nicht, dass dem Autor die Ideen ausgegangen sind oder gestohlen wurden, sondern dass es nur an der Zeit fehlt, diese angemessen niederzuschreiben.
 
Genau einen Monat ist es nun her, seit das letzte Kapitel geschrieben wurde. Ehe hier alles zu Staub zerfällt, puste ich einmal durch, hole das Thema hoch und hoffe nicht, dass dem Autor die Ideen ausgegangen sind oder gestohlen wurden, sondern dass es nur an der Zeit fehlt, diese angemessen niederzuschreiben.

Hallo @Branches,

vielen Dank für Deine netten Worte!

Ja, es hapert auch etwas an der verfügbaren Zeit, aber ich bin ja ein fleissiger Mann und habe beizeiten etwas "vorgearbeitet".

Also dann - extra für Dich...
 
Kapitel 26​


Professor Hagedorn kam in den Wohnraum gerannt.

"Christine, Christine! Oh Gott, was ist passiert?"

Mit zitternden Händen stellte er das Tablett mit belegten Broten ab und bückte sich zu seiner Tochter herunter. Mit angsterfülltem Blick hob er vorsichtig ihren Kopf an. Da war Blut am Hinterkopf!

Tränen stiegen ihm in die Augen. "Christine", bibberte er leise. Dann fühlte er ihren Puls. Erleichtert fühlte er das schwache Pochen. Behutsam hob er sie auf und legte sie auf die Couch. Er holte sein Handy hervor und rief einen Krankenwagen und die Polizei.

Wenig später war ein Krankenwagen und die Beamten von der Polizei vor Ort. Es stellte sich heraus dass der Tochter des Professors nichts allzu Schlimmes passiert war. Eine leichte Gehirnerschütterung und eine Platzwunde am Kopf, das war alles. Sie hatte Glück gehabt, es hätte schlimmer ausgehen können.

Man wollte Christine zur Beobachtung über Nacht mit ins Krankenhaus nehmen, aber sie lehnte dies ab und wollte sich lieber hier ausruhen. Nachdem die Anzeige von den Beamten aufgenommen war, waren der Professor und Christine wieder allein.

"Ich finde das alles höchst merkwürdig, sagte er zu seiner Tochter, zuerst der Diebstahl im Museum und nun der Einbruch hier bei mir mit Diebstahl eines weiteren Kristalles, der ohne irgendeinen Wert zu sein scheint, ausser vielleicht einem ideellen Wert."

"Einen gewissen ideellen Wert hatte er schon für mich Papa, Du weisst ja dass Mutter ihn mir vor Jahren geschenkt hat und er erinnert mich halt an sie. Nun ist sie schon seit über zehn Jahren tot, aber ich fühle mich damit irgendwie immer in ihrer Nähe."

Der Professor streichelte seiner Tochter liebevoll über den Arm und sah sie besorgt an.

"Ich weiss Christine. Geht es Dir wirklich gut mein Schatz?"

"Ein wenig Kopfweh. Von der Platzwunde merke ich fast nichts mehr."

"Du solltest heute hier bei mir schlafen und Dich erst einmal ausruhen. Morgen können dann weiter sehen."

"Ja, ich hatte auch schon daran gedacht. Ich möchte jetzt eigentlich nicht mehr aus dem Haus gehen nach dem Vorfall. Ich glaube es wäre ganz gut, wenn ich mich schon hinlege."

Kurz darauf hatte der Professor seine Tochter nach oben gebracht und sie war schnell eingeschlafen. Bei einer Tasse Kaffee wollte er zur Ruhe kommen und über die Geschehnisse der letzten Tage nachdenken. Das Gespräch mit Fee und Merbold kam ihm in den Sinn. Es war eine aussergewöhnliche Geschichte und er glaubte ihnen. Obwohl... sie war schon ein wenig "abgedreht". Aber letztlich hatte ihn die kleine Demonstration mit dem Ankh und dem Kristall überzeugt.

Es gab eben Dinge zwischen Himmel und Erde die man nicht auf Anhieb erklären konnte. Er überlegte, ob er sie anrufen sollte, ihre Telefonnummern hatten sie ausgetauscht. Ja, sie sollten davon wissen, vielleicht war es wichtig für sie. Er wählte Merbolds Nummer und kurz darauf meldete er sich.

Merbold und Fee waren erschrocken über den dreisten Einbruch und wollten eigentlich zu ihm fahren. Doch der Professor wollte das nicht. Einerseits wollte er seiner Tochter Ruhe gönnen, andererseits hielt er es für zu gefährlich.

"Was ist wenn sie uns beobachten? Wenn ihr herkommt, brauchen sie euch nur nachzufahren und sie wissen wo ihr wohnt. Lasst uns zunächst nur telefonisch in Kontakt bleiben, ich halte das für besser. Ist schon schlimm genug, dass sie nun wissen wo wir wohnen."

"Wahrscheinlich hast Du Recht Robert, entgegnete Merbold und es ist erst einmal besser so. Lass uns zunächst telefonisch in Kontakt bleiben. Wenn uns oder Dir was auffällt, rufen wir uns sofort an."

"Ist gut Merbold und passt auf euch auf!"

"In Ordnung. Gute Nacht Robert."

"Gute Nacht."

Fee kam mit einem frischen Kaffee herein und setzte sich zu mir auf die Couch. Sie war sehr besorgt.

"Wir müssen jetzt sehr gut aufpassen Merbold. Wir können uns mit Robert nur an einem sicheren Ort treffen."

"Woran denkst Du? An die alte Kirche?"

"Ja genau an die. Lass uns morgen dorthin fahren und alles vorbereiten. Wir müssen einen Schutz aufbauen. Ich werde ein Ritual machen.

Wir gingen früh schlafen und machten uns am nächsten Morgen nach dem Frühstück gleich auf den Weg zur alten Kirche. Sie befand sich in einem fast verlassenen Vorort der Stadt und war halb verfallen. Die Kirche hatte sie vor Jahrzehnten quasi aufgegeben, weil niemand mehr dorthin kommen wollte, denn es war etwas Schreckliches dort vorgefallen.

Man nannte sie die Totenkirche.....
 
Kapitel 27

Terek-Al war sofort zu seinem Wagen gerannt und losgefahren. Er war noch total aufgebracht und nervös. Etwas ausserhalb fuhr er rechts ran um sich erst einmal zu beruhigen. Mit zitternder Hand stellte er den Motor ab und löschte das Licht. Er wollte seinen Obersten anrufen und ihm die gute Nachricht überbringen, doch zuerst gönnte er sich ein paar Minuten zum Verschnaufen.

Er stellte sich in Gedanken schon vor wie er im Kreise der Männer vom Obersten in den nächsten höheren Rang gehoben wurde. Die Szene in seinem Kopf erfüllte ihn mit Stolz. Alle würden sie zu ihm aufschauen und seinen Mut bewundern. Er hatte den Kristall an sich gebracht und ihrer Sache Auftrieb gegeben.

Als Terek-Al seinem Obersten erklärt hatte, dass er den Kristall in seinem Besitz hatte, sagte dieser nur einen Satz:

"Komme sofort und unverzüglich zu unserem Versammlungsort."

Dann hatte er aufgelegt. Terek-Al machte sich sofort auf den Weg dorthin. Der seltsame Unterton in der Stimme seines Meisters war ihm entgangen und so parkte er etwas später seinen Wagen guter Dinge in sicherem Abstand zum alten verlassenen Herrenhaus und machte sich zu Fuss auf den Weg dorthin.

Der Meister war bereits vor Ort und erwartete ihn. Sein strenger Blick verunsicherte Terek-Al. Als sie im Versammlungsraum angekommen waren, drehte der Meister sich zu ihm um und streckte ihm die Hand entgegen.

"Zeige mir den Kristall!"

Terek-Al griff in seine Tasche und holte den Kristall hervor und übergab ihm seinem Meister. Mit prüfendem Blick drehte dieser den Kristall in seinen Händen hin und her und sah in von allen Seiten. Dann holte er den bereits in seinem Besitz befindlichen Kristall hervor und hielt sie zusammen.

Beide sahen gebannt auf die Kristalle und auf das was passierte.

Doch es passierte.... nichts!

Terek-Al bemerkte wie dem Obersten die Halsschlagader anschwoll. Wütend blickte er Terek-Al an.

"Was hast Du getan Unwürdiger?

"Ich, äähm, ich war mir sicher dass..."

"Du hast Schande über uns gebracht! Dieser Kristall bedeutet nichts! Er ist ein nutzloser Kristall. Und weshalb hast Du uns nicht verständigt, als Du ihn gefunden hast? Wir hätten unser Vorgehen vorher besprechen müssen! Statt dessen hast Du eigenmächtig gehandelt und damit uns alle und unsere heilige Sache in Gefahr gebracht."

"Aber..."

"Kein ABER!", herrschte der Meister ihn an.

Terek-Al war zusammen gezuckt. Die gebieterische, dunkle Stimme seines Meisters machte ihm plötzlich Angst. Er hatte doch in guter Absicht und zum Wohle aller handeln wollen.

"Nein, Du hast nicht zum Wohle aller gehandelt, warf der Meister ein, als hätte er seinen Gedanken lesen können, sondern aus egoistischen Gründen und in purer eigennütziger Absicht! Was ist wenn sie Dich erkannt haben? Oder gar verfolgt haben und Dein Auto gesehen haben?"

Terek-Al schwieg betreten. Mit gesenkten Kopf stand er da und wartete auf seine Strafe, denn die würde nun folgen, dies war ihm klar. Er wusste nur noch nicht wie hart sie ausfallen würde. Dies lag im Ermessen des Meisters.

Er hatte gerade noch gehofft, dass der Meister Milde walten lassen würde wegen seines Erfolges in den letzten Tagen.

Doch dann.....

Tief drang der kalte Stahl in seine Brust ein. Ungläubig sah er seinen Meister an. Mit weit geöffneten Augen und aufgerissenem Mund verliess Terek-Al diese Welt....
 
Kapitel 28​


Wir waren früh aufgebrochen. Der fast verlassene Vorort der Stadt hatte etwas Gespenstisches an sich. Nur aus ganz wenigen Häuser drangen Anzeichen von Leben nach Aussen. Der feine Nebel waberte durch die verlassenen Strassen und schien mit gierigen Fingern nach Allem greifen zu wollen was sich bewegte.

Langsam und vorsichtig steuerte ich den Wagen durch den wattigen Morgennebel bis endlich die Umrisse des Gebäudes zu erkennen waren das früher einmal eine Kirche genannt wurde. Etwa fünfzig Meter davor parkte ich den Wagen und wir stiegen aus.

Der Kirchturm war eingestürzt und die meisten der Scheiben waren eingeworfen worden. Als wir an der schweren Holztür am Eingang standen verharrten wir einen kurzen Augenblick und horchten hinein. Es schien alles ruhig zu sein drinnen. Ich drückte die Messingklinke hinunter. Die Tür war offen und schwang mit einem hässlichen Quietschen auf.

Scharen von Tauben hatten wir aufgeschreckt und verstört flogen sie nun durch das Gebäude um Schutz vor den Eindringlingen zu suchen. Wir verfolgten ihren Flug nach oben und bemerkten dass das Dach völlig von Löchern übersät war. Dann beruhigten sich die Vögel wieder und wir gingen weiter in das Gebäude hinein.

Die Reihen mit den Holzbänken waren umgeworfen, Staub und Dreck lagen überall herum und es roch modrig hier. Das meterhohe schwere Holzkreuz hinter dem zerstörten Altar war von der Wand gerissen worden und hatte beim Aufschlagen auf den Boden ein Loch in die Holzdielen gerissen. Es gab noch einen Raum darunter.

"Da unten müssen wir hin," sagte Fee und deutete mit der Hand auf das Loch im Boden. Langsam gingen wir weiter bis zu einer Wand in der sich kaum erkennbar eine Tür befand, welche in den unteren Bereich führte. Doch sie war verschlossen. Fee drückte mehrfach gegen die Holztür, doch nichts passierte.

"Warte," sagte ich und schob sie sanft zur Seite. Ich holte etwas Schwung und warf mich seitlich gegen die Tür. Das Schloss brach heraus und wir konnten die Tür mit etwas Mühe öffnen.

"Hole den Kristall heraus Merbold, sagte Fee leise, wir werden ihn gleich brauchen." Ich bemerkte wie sie das Ankh hervor holte und es dann vor sich hielt. Den Kristall hielt ich vor mir in der geöffneten Hand und so schritten wir weiter voran. Eine ausgetretene knarrende Holzstiege bahnte uns den Weg nach unten. Unsere mitgebrachten Taschenlampen geben einigermassen Sicht hier unten. Dann erreichten wir die Mitte des Raumes. Hier befand sich ein grösserer runder Holztisch.

"Wir sind da," sagte Fee und bat mich ihr den Kristall zu geben.

"Hier ist es geschehen damals. Zwölf Menschen starben im Kugelhagel eines Mannes, der sich anschliessend selber das Leben nahm. Der Pfarrer hatte sich mehrfach an seiner Tochter vergangen, die hier in den Unterricht ging. Die Kirche hatte sich heraushalten wollen und der Pfarrer hatte alles bestritten, trotz erdrückender Beweislast. Das junge Mädchen traumatisiert, die Familie zerstört und keiner der ihnen beistehen wollte hatten dann dazu geführt, dass der Vater allen und Allem ein Ende gemacht hatte. Den Vater eingeschlossen waren dreizehn Tote zu beklagen. Die Kirche schloss das Gebäude unverzüglich nach der Tat und liess es verfallen. Zuerst hatte man versucht, dass Grundstück mit allem zu verkaufen, doch niemand wollte auf diesem unseeligen Grund etwas Neues errichten."

"Man kann es verstehen," entgegnete ich.

Fee durchschritt den Raum mit erhobenen Händen. In der einen Hand den Kristall in der anderen das Ankh. Ihre Ausstrahlung veränderte sich plötzlich und ein silbriger Schimmer schien von ihr auszugehen und sich auszubreiten.

"Andhor-ree... anamamee. Andhor-ree... anamamee."

Ständig wiederholte sie die reinigenden Worte, um den Raum von der Energie des hier einst Geschehenen zu befreien und einen Schutz darüber zu legen. Nachdem sie den Raum mehrmals durchschritten hatte, liess sie die Arme sinken und reichte mir den Kristall zurück.

Ein Flattern war plötzlich zu hören und durch das Loch in der Decke sahen wir wie eine weisse Taube zu uns herabschwebte. Fee streckte ihren Arm aus und wie eintrainiert landete die Taube darauf, um mit ihrem Köpfchen zu nicken, als wolle sie sich bei ihr bedanken. Fee nickte ihr zu und hob ihren Arm etwas in die Höhe, worauf die Taube wieder abhob und nach oben entschwand. Ergriffen sahen wir ihr nach.

"Die Reinigung war offensichtlich erfolgreich, sagte Fee mit einem Lächeln im Gesicht. Die Wogen hier sind nun geglättet und die Geister beruhigt."

Ein Geräusch liess uns plötzlich erschrocken zusammenfahren!

Es kam aus dem oberen Stockwerk. Jemand machte sich dort zu schaffen. Die Tür war zu hören. Schritte. Langsam stiegen wir leise die Treppe hoch. An der Türe angekommen sahen wir durch einen Spalt in den Kirchenraum.

Ein Mann war eingetreten. Nebelfetzen drangen durch die offene Tür und schienen nach ihm greifen zu wollen. Die Szene war gespentisch. Doch was noch gespentischer war, kam dann mit unserem Blick an die Wand der Kirche hinter dem Altar.

Das schwere Holzkreuz hing wieder an seinem Platz....
 
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Bis auf Seite 3 musste ich zurückgehen, um den Alten aufzustöbern. Nur ungern möchte ich den Eindruck erwecken, ungeduldig zu sein, aber ein bißchen Staub durchpusten ist bestimmt okay. :)
 
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