Ich habe sehr viel Mitleid mit anderen Menschen (Familie) und mache mir ständig um irgendjemanden Sorgen. Ich achte möglichst darauf, dass niemand durch den anderen verletzt wird, dass kein Chaos ausbricht und dass alles so friedlich wie möglich bleibt.
Langsam habe ich es aber satt bzw. merke ich, dass mir das wirklich nicht gut tut.
Kann mir jemand sagen, wie man "egoistischer" wird bzw. dass man sich nicht ständig um die Probleme anderer kümmert?
Ich glaube, Du solltest Dir vielleicht anschauen, wo genau Deine Sorgen liegen, wie sie aussehen. Denn im Kern sind es Deine eigenen. Wenn Du Dir z.B. Sorgen um ein Familienmitglied machst, dann ist das eine Mischung aus Mitgefühl, was bedeutet das es Dir vollkommen um die Person geht, und Mitleid, was eine eigene Angst von Dir ist. Im Kern ist es immer eine Angst vor irgendeinem Verlust. Das kann auch profanste Angelegenheiten betreffen, etwa die Sorge das jemand etwas tut, was es Dir schwer machen würde anderen ins Gesicht zu sehen. Das kann vieles sein, aber es ist tatsächlich Deine eigene Angst.
Es geht hier nicht um Fremde, man muss doch für seine Familie kämpfen, oder nicht?????
Schau Dir die Motivation an, das wofür Du kämpfst. Dann erkennst Du, das Du für Dich selbst kämpfst, aus der Angst heraus irgendetwas zu verlieren, und sei es "nur" die Hoffnung auf etwas das Du wünscht. Das meine ich nicht als Kritik, weil das sowieso allen so geht, wenn es um "Kampf" geht.
Soll ich nur für mich selbst kämpfen?? Wie geht das?!
Du kannst sogar erst wirklich für andere kämpfen, wenn Du erkennst das Du momentan für Dich selbst kämpfst. Das schließt andere nicht aus, daher ist das auch wirklich nicht als Kritik gemeint oder egoistisch zu nennen. Ich meine damit das Prinzip, das die eigene Angst einen zum Kampf motiviert. Solange Angst in Beziehungen vorherrschend ist, und das ist sie immer wieder mal, sind andere Personen lediglich ein Teil der eigenen Gewinn-Verlust-Rechnung.
Ich fühle mich immer so verantwortlich für alles. Wenn mir zB. jemand ein "schlimmes Geheimnis" anvertraut, dann belastet mich das so sehr, dass ich an nichts anderes mehr denken kann. Ich bin dann hin und hergerissen zwischen Moral und Loyalität. Ich weiß nie, wie ich mich entscheiden soll! Soll ich Schlimmeres verhindern, oder soll ich loyal bleiben und die Klappe halten; geht es mich etwas an oder nicht..????
Diese Art Moral ist lediglich eine Ansammlung von Überzeugungen über richtig und falsch. "Wahre" Moral basiert nicht auf Überzeugungen, geschieht spontan... bzw. eigentlich ist es eher eine Abwesenheit von "richtig" und "falsch" was bedeutet, das man eine Situation oder/und eine Person so nimmt wie sie genau in dem Moment ist. Wenn man es so macht, kann man nichts falsch machen. Könntest Du das nach-/denken darüber einfach weglassen, ohne überhaupt in Kategorien zu denken wie "das wäre richtig und das falsch" bzw. "Was ist richtig oder falsch?" gäbe es das Problem überhaupt nicht. Du kannst auf andere nicht Deine Überzeugungen von Moral anwenden, ohne enttäuscht zu werden. Du kannst auch als Loyalität keine feste Regel machen, ohne sie irgendwann doch zu brechen, denn Loyalität ist genau dasselbe. Im Prinzip ist da Deine Ansicht von "Moral" im Konflikt in sich selbst und daran kannst Du schon erkennen, das es da nicht um Moral sondern eher um Ängste geht.
Was soll ich denn dagegen machen?? Wie macht ihr das?!
Besonders sind diejenigen gefragt, die Geschwister haben.
Ich weiß langsam nicht mehr wie ich mich verhalten soll.
Die Probleme anderer werden zu meinen.
Ich kann Dir da ein Beispiel geben... Ich selbst bin eher jemand, der meiner Familie Sorgen gemacht hat... vielleicht noch macht, weil es mir immer wieder gesundheitlich sehr schlecht ging. Das führte teilweise zu wirklichen Krisen, weil ich ständig mit den vermeintlichen Lösungen anderer konfrontiert wurde, von denen ich wusste das sie für mich keine sind. Solange ich das aber ablehnte, gab es Probleme, wurde ich in gewisser Weise unter Druck gesetzt. Also machte ich einiges was ich selbst für zwecklos hielt. Jede Menge Kohle für z.B. chinesische Medizin verschleudert etc. Aber nach und nach wurde meiner Familie klar, das jeder einzelne da mit eigenen Ängsten kämpft, und sie erkannten auch, das ihre Überzeugungen von "Das hilft ihm." mir keine Hilfe waren. Es gab auch Momente wo das anders war, wo sie mich fast zwangen und ich ohne diese Art "Zwang" vielleicht nicht mehr leben würde, aber das macht es trotzdem nicht zu richtig. Auch nicht zu falsch... das will ich damit nicht sagen. Aber der Kern ist die eigene Angst. Und sich für andere verantwortlich zu fühlen, ist ein Kontrollzwang, der ebenfalls auf eigener Angst basiert. Das bedeutet letztlich nichts anderes als zu sagen: Ich weiß es besser! Und das ist definitiv nicht der Fall. Auf diese Art kann man keine Probleme lösen, weder für andere, noch für sich selbst. Man kann sie maximal verschieben, was viele unter "Problem lösen" verstehen. Aber wirklich besser geht es damit keinem.
Was Du machen "solltest" ist m.A.n. Dir darüber klar zu werden, das Du mit Deiner eigenen Angst kämpfst. Das kann Angst "um jemand anderen" sein, aber der Kern ist Deine Angst davor, irgendetwas zu verlieren. Selbst wenn es die Angst vor dem Tod einer anderen Person ist, ist das die Angst vor Verlust. Das ist nicht als "das ist falsch" gemeint, es ist ja auch ziemlich normal. Aber es bringt einfach nichts. Man muss auch den Mut aufbringen, jeden seinen Weg gehen zu lassen. Dem anderen seine Verantwortung für sich selbst überlassen. Das nicht zu tun, bedeutet das man nicht mal Verantwortung für sich selbst übernimmt. Das hört sich paradox an, aber das ist es nicht. Weil es bedeutet, das man seine eigenen Motive nicht erkennt, sich selbst nicht versteht. Und man muss sich selbst verstehen, damit man andere verstehen kann. Bei dem Beispiel von mir... Meine Familie hat mich mit der Zeit immer besser verstanden. Und selbst wenn sie es nicht taten, sagte ich ....sehr oft sogar... das sie, auch ohne es nachvollziehen zu können, davon ausgehen müssen das ich Gründe habe, selbst wenn die aus "Zwängen" bestehen sollten... Ich kann dann nicht anders, genau wie sie. Der Unterschied ist aber, das ich für mich verantwortlich bin und nicht sie. Ich muss mit den Konsequenzen meiner Entscheidungen leben und diese Verantwortung übernehme ich ja. Mache ja niemandem einen Vorwurf wenn es mir schlecht geht, weil ich falsch lag. Ob die in ihren Augen richtig oder falsch sind, oder mir gut tun oder nicht... Das ist nicht wesentlich.
Und wenn Du Dich fragst, wann Du für andere denkst, und Dir anschaust wie Du denkst, wirst Du feststellen dass das sehr oft Denken FÜR DICH ist. Wieder nicht als Kritik gemeint... Aber anderen Verantwortung abnehmen zu wollen, was schon durch subtilen Druck oder Kritik geschieht, ist aus eigener Angst motiviert und genau das ist der Kern von Egoismus. Das ist aber nicht "falsch" zu nennen, weil es verständlich ist. Aber man muss es nicht aufrechterhalten. Das Leben führt sowieso dazu, das man loslassen lernt, was nicht mit Verlust gleichzusetzen ist.
VG,
C.