Die Ursache für den Ausgleichsversuch liegt ergo im Ausschluss - dieser erfolgt durch Bewertung nach kulturell und/oder sippenweise verschiedenen Moralvorstellungen.
Liebe Suena,
der Ausschluss ist ja schon die Konsequenz und nicht etwa gleichzusetzen mit der Bewertung selbst.
ChrisTina und A.1526 (Danke!) haben die Unterscheidung zwischen Schuld und An-Schuldigung, bzw. die verschiedenen Regelkreise und Ebenen des persönlichen Gewissens und der Grundlage von Bewertungen heraus gearbeitet.
Mir geht es hauptsächlich um die Konsequenzen, die daraus selbst und von außen abgeleitet werden.
Aus meiner Sicht gilt es, den Umgang mit Schuld zu überdenken und wenn möglich zu ändern.
Schuld als Rechtfertigung, den Schuldigen auszuschließen, ihn zu misshandeln, zu strafen - bemäntelt eigene oder staatliche Gewalt und bringt nichts Gutes hervor.
Schuld als Hoffnungslosigkeit, als Wertlosigkeit - lähmt nur und zieht die Kraft ab, die für Ausgleich und Veränderung nötig wären.
Schuld als Unverzeihlichkeit - nicht zu bewältigen, kann ganz toll weiter wabern im System, kann sogar dahin führen, dass jemand noch destruktiver wird, weil er eh nichts mehr zu verlieren hat.
Schuld als unerträgliche Last - verleitet dazu, sie verschieben zu wollen, bevorzugt auf das Opfer.
Schuld relativieren durch zum Beispiel "hat es nicht besser gewusst", "im Ursprungsplan hat das Opfer zugestimmt", "wollte das nicht" - finde ich geradezu zynisch und das lenkt von den Folgen für das Opfer ab.
Der Umgang mit Schuld ist tatsächlich kulturell beeinflusst und lässt sich verändern.
An-schuldigungen bringen, wie A. an anderer Stelle bereits ausgeführt hat, gerade dann nichts, wenn es darum gehen soll, Täter zur Einsicht über ihr Handeln zu bewegen.
Erst der Kontakt mit dem eigenen Mensch sein, dem eigenen Schmerz und auf diesem Weg mit dem Schmerz des Opfers kann dahin führen, dass jemand die Verantwortung für sein Handeln nachträglich übernimmt und sich sinnvollen Schuld-Verarbeitungs-Prozessen öffnet.
Kann er es nachträglich, weil er aus eigener Kraft oder durch das Mitgefühl, das ihm entgegengebracht wird weich wurde, kommt er in Kontakt mit seiner Seele, die seine Schuld schon lange kannte.
Dass die Seele auch Schuld kennt, die vom Umfeld gar nicht als solche bewertet wird, mag dieses Beispiel aus einer Aufstellung zeigen:
Eine Frau hat als junges (weisses) Mädchen in Südafrika aus Unachtsamkeit mit ihrem Auto einen schwarzen Fußgänger getötet und Fahrerflucht begangen.
Ihre Eltern "regeln" die Sache mit der Polizei durch einen Geldbetrag, der Unfall wird nie untersucht, der alleinstehende Schwarze ohne Aufhebens beerdigt.
Laut Umfeld gibt es keine Schuld. Doch die Frau leidet und kriegt in ihrem weiteren Leben nichts mehr geregelt.
Erst eine Aufstellung zeigt, dass sie Schuld am Tod des Opfers empfindet und eine Begegnung mit dem Opfer (=Stellvertreter) eröffnet ihr den Weg, ihr Handeln zu integrieren und im Angesicht und zu Ehren des Opfers einen Ausgleich im Guten zu finden und Frieden für ihre eigene Seele. Sie hat auch spontan eine Idee, wie sie in Südafrika und für die schwarze Bevölkerung Gutes tun kann.
Interessant noch, dass ihre ältere Schwester ebenfalls, zwei Jahre vorher als Autolenkerin einen schwarzen Fußgänger tödlich verletzt hatte. Die war aber juristisch zur Rechenschaft gezogen worden und hatte das Geschehene offenbar integrieren können.
Die eine musste heimlich büßen, die andere konnte weiterleben.
Die Schwestern haben später gemeinsam Spendengelder aufgetrieben und sich in persönlichen Einsätzen für die Schulbildung von Kindern mittelloser Familien in Südafrika engagiert.
Beste Grüße,
Eva