Meditation und Psychotherapie

Lieber Opti,

ich sehe in dem Text keinen Widerspruch, sondern eine Kontinuität zur Anatta-Lehre und zu den gegenwärtigen Ergebnissen der Neurobiologie.

Ich kann einfach ganz natürlich in der Welt aufgehen, hier sitzen, dies und das fühlen, einfach da sein, ohne mich selbst explizit zu thematisieren. Ich kann aber auch von meinem Ich sprechen; ich kann scheinbar auf mein ICH reflektieren, mich auf mein Ich zurückwenden. Damit drücke ich eine Distanz aus, die ICH zu meinem ICH einnehmen kann. Das ist eine reflexiver Akt, der unsere abendländische Philosophie seit Descartes sehr stark geprägt hat. Wir glauben in der Reflexion auf unser ICH von unserem "ICH" aus eine Evidenz zu finden und dadurch zu begründen. Dieser Prozess war ein notwendige Bedingung für die Idee, es gäbe so etwas wie Individualisierung, die sich besonders im 17.-18. Jahrhundert in Europa ausbereitete und sich in der historisch-alltäglichen Etablierung von Tagebüchern, Romanen, Portraits, etc. widerspiegelte. Wir wachsen heute alle mit dieser Idee auf, dass dieses ICH eine SUBSTANZ ist.

Worum geht es aber nun? Wenn ein Kind zu sprechen lernt und sich im Spiegel erkennen kann, dann hat es das kognitive Schema "Ich" konstituiert. Es kann dann Scham empfinden, es fühlt sich stolz, wenn es den letzten Bauklotz auf einen Bauklotz-Turm legt, es kann mit anderen mitfühlen, wenn sie weinen und fühlt sich nun lediglich gefühlsangesteckt, es kann ein Gewissen ausbilden, etc. . Wenn das Kind das "Ich" als kognitives Schema ausbildet, dann bildet es zugleich auch das Schema des "Du" aus.
Das entscheidende ist nun, dass durch diesen Vorgang eine IDENTIFIKATION mit Eigenschaften stattfinden kann: ICH esse gerne Brei, ICH finde die Farbe Rot schön, Er hat MICH geschlagen, ICh will Informatiker werden, ICh muss frei sein, Ich bin schön, Ich bin hässlich, Ich bin ... X und ich bin Z nicht.
Durch diese Identifizierungen bildet sich ein vollkommen anderes "Selbst-Erleben" aus.

Das Kind war natürlich auch ein lebendiges Lebewesen, bevor es das kognitive Schema Ich ausbildete, es fühlte Hunger, es fühlte Schmerz, es fühlte sich, es fühlte sein Selbstgefühl.
Entscheidend ist also, dass das kognitive Schema "Ich" das Selbsterleben vollkommen verändert und damit auch zu ganz anderen Handlungen führt. Ich kann die Perspektive von anderen einnehmen, weil ich das Du und das ICH DENKEN kann, ich kann dann den anderen täuschen, ich kann eine Rolle vor anderen und vor mir selbst spielen, ich kann erwarten, was andere von mir erwarten. Das heißt also, dass ich ein EGO ausbilden kann. Das Ego versteckt seinen inneren Schmerz vor anderen und vielleicht vor sich selbst und spielt Rollen, die ihm Anerkennung geben und es für den Schmerz entschädigen, der entsteht, weil es nicht die Liebe erfahre, die es gerne erfahren würde. Es zieht bestimmte Kleidungen an, vertritt bestimmte Positionen, weil es sich damit identifizieren kann und es hat das Gefühl, dass alle anderen, die diese Position etc. nicht vertreten, weniger "wert" sind. Es bewertet die anderen und es bewertet sich, es hat den Drang sich aufzuwerten, sein SELBST-WERT-GEFÜHL zu steigern, um die innere Leere auszugleichen.
Das Ego hat Angst vor Schmerzen. Es vermeidet Situationen, in welchen es glaubt, Schmerzen erleben zu können, es versucht sich zu schützen, es versucht PERFEKT zu sein.

Dieses Ego, dieses Selbst, das entsteht, wenn wenn wir beginnen uns selbst mit dem ICH zu identifizieren, ist eine ILLUSION. Es ist eine Illusion, weil es ein BILD voller Bilder ist. Und Bilder sind immer unwahr, zeigen nur Aspekte. Bilder öffnen sich nicht für das Leben. Bilder LIEBEN nicht.
Je mehr wir diese Illusion, diese Identifizierungen auflösen, desto mehr kann sich das zeigen, was die ganze Zeit ausgesperrt und ständig auf andere projiziert wurde.
Die Frage ist nun, was kommt, wenn wir diese Identifizierung ganz aulösen?
Ja, das Ego hat davor Angst, weil es dann von all dem loslassen müsste, an das es sich doch so sehr klammert. Das zeigt, dass das ICH mehr ist als nur ein BILD, es ist mit einem Ego, einem Selbst, einem SElbst-ERLEBEN wirklich verbunden.
Wenn die Identifizierung aufgelöst wird, dann entsteht eine Freiheit von all den Normen, Bildern, ERwartungen, Einschränkungen, die das Selbst zuvor einsperrten. Natürlich ist dann immer noch ein Selbst-GEfühl da, genauso wie ein Baby, das noch kein Ich-Schema hat, sich ja auch fühlen kann. Und natürlich kann ich dann immer noch wissen, dass ich 1,82 groß bin, dass ich über ein Thema X eine Magister-Arbeit geschrieben, mit der Frau F10 geschlafen etc. habe, aber ich IDENTIFIZIERE mich nicht damit.
In DIESEM SINNE ist das "Ich", das lediglich ein BILD ist, und das damit verbundene Selbst eine Illusion:

Das Selbst ist nur ein Begriff, der für etwas steht, an dem weltliche Menschen als persönliche Identität festhalten.

Auf der einen Seite ist ein wirklicher MENSCH und auf der anderen Seite sind die Bilder, die dieser Mensch von sich hat, die so sehr von ihm selbst Besitz ergreifen, dass sie sein Selbsterleben bestimmen. Die Frage ist also, wie ein Mensch, der sich in DIESEM Augenblick in sein DASEIN hineingeworfen vorfindet, FÜR SICH ÖFFNEN kann, wie er sich LIEBEN kann, wie er aufhören kann, sich mit Ich-Identifizierungen, Ich-Bildern, was er und was andere von ihm erwarten, einzusperren.
Meiner Ansicht nach geht das nicht von einer auf die andere Sekunde, sondern es ist ein langer Prozess. Es stellt sich manchmal für einige Sekunden ein, wenn wir meditieren, wenn wir in der Stille ruhen, und wenn wir uns dann für uns selbst öffnen, wenn wir uns liebend fragen, was liebevoll für uns selbst und für die anderen ist. Wenn wir beginnen uns zu lieben, dann fühlen wir in uns nach, was wir wirklich brauchen und hören wir auf, uns mit Bildern zu betrachten. Wenn wir beginnen, andere zu lieben, dann öffnen wir uns für sie, wie sie wirklich sind, und hören wir auf, sie mit Schemata zu betrachten.
Wenn wir lernen, uns selbst zu lieben, uns selbst zu heilen, uns für uns zu öffnen, erst dann können wir auch andere lieben, weil wir dann nicht mehr gezwungen sind, das an anderen zu befriedigen, das in anderen zu suchen, das wir uns selbst nicht geben können.

Liebe Grüße,
Energeia
 
Werbung:
...über was ich auch gerne einmal sprechen würde, das ist dieser Prozess, wie er sich ganz praktisch, biographisch im Leben eines Bürgers in einer kapitalistischen Gesellschaft abspielt, wenn wirklich die alten Rollen und Konventionen abgelegt werden und sich dann Fragen stellen wie: habe ich den Mut meinen Job zu kündigen? Habe ich den Mut, meinen Partner zu verlassen? Habe ich den Mut, alleine zu sein? Habe ich den Mut, ... .
In der Praxis klafft ja manchmal scheinbar eine Kluft zwischen dem je gegenwärtigen Standpunkt, der auch an einen Glauben gebunden ist, und dem Schritt, den Mut zu haben, mit Konzentration, Disziplin und Gedul den je neuen Weg einzuschlagen ...
Je größer das Ego war, die "Ritterrüstung", die Orden, die schönen, stolzen Rollen, aber auch die Helfer-Rollen, je mehr der Mensch in derartigen Rollen sozialisiert wurde, desto mehr stellt sich ja dann vielleicht der je nächste Schritt wie ein Fall in das Nichts dar... ... einfach Mensch zu sein, so wie ich gerade bin, mit meinen Bedürfnissen, meinen Ängsten, ... ...einfach Mensch, nicht Lehrer, Chef, Kanzler, Guru, Asket, Helfer, Erlöster, ... ...einfach fühlender, mitfühlender Mensch SEIN...

Liebe Grüße,
E.
 
...über was ich auch gerne einmal sprechen würde, das ist dieser Prozess, wie er sich ganz praktisch, biographisch im Leben eines Bürgers in einer kapitalistischen Gesellschaft abspielt, wenn wirklich die alten Rollen und Konventionen abgelegt werden und sich dann Fragen stellen wie: habe ich den Mut meinen Job zu kündigen? Habe ich den Mut, meinen Partner zu verlassen? Habe ich den Mut, alleine zu sein? Habe ich den Mut, ... .
In der Praxis klafft ja manchmal scheinbar eine Kluft zwischen dem je gegenwärtigen Standpunkt, der auch an einen Glauben gebunden ist, und dem Schritt, den Mut zu haben, mit Konzentration, Disziplin und Gedul den je neuen Weg einzuschlagen ...
Je größer das Ego war, die "Ritterrüstung", die Orden, die schönen, stolzen Rollen, aber auch die Helfer-Rollen, je mehr der Mensch in derartigen Rollen sozialisiert wurde, desto mehr stellt sich ja dann vielleicht der je nächste Schritt wie ein Fall in das Nichts dar... ... einfach Mensch zu sein, so wie ich gerade bin, mit meinen Bedürfnissen, meinen Ängsten, ... ...einfach Mensch, nicht Lehrer, Chef, Kanzler, Guru, Asket, Helfer, Erlöster, ... ...einfach fühlender, mitfühlender Mensch SEIN...

Liebe Grüße,
E.

dies ist ein wirklich interessantes thema, das ablegen sämlicher konventionen, glauben und andere abhängigkeiten.
nun ich für mich selbst habe diesen schritt schon längst getan, vor 20 jahren, als ich geschäft und alle dazugehörigen kontakte bewusst abbrach
und in das haus am ende des feldweges zog.

da war kein wirklicher plan dahinter, keine vorstellung was aus mir oder meiner umgebung werden sollte.
das haus war leer, nur die bäuerliche vergangeheit erinnerte mich noch an den zweck, der das haus damals hatte.
es war ein befreiender augenblick, denn alles bagann abzufallen, das ich mal darzustellen hatte
als gartenbauer, familienvater, schweizer.......

das haus und seine umgebung begann bald mein sog. selbst zu bestimmen, durch die anforderunge die es an seinen bewohner stellte.
Gestaltung in dieses was es heute darstellt und morgen möglicherweise sein wird.

war ich ein austeiger…….
oder ein downloader……
ein eremit….oder gar ein asket, weil ich über monate alleine zufrieden die versch. winter verbracht habe…..
ein bauer, weil ich die bäume von brombeeren und div. lianengewächse freischneiden musste…..
etwa ein gärtner, weil ich wege und plätze gebaut und pflanzen gesetzt habe…
oder wie heute morgen ein strassenwischer, weil ich den weg zum haus gefegt habe…
ein maurer, weil ich div. maurerarbeiten gemacht hatte…
möglicherweise ein maler weil ich immer wieder die zimmer streiche…
oder ein banker, weil ich meine zahlungen über die bank abwickle…
etwa ein therapeut, weil immer wieder menschen hier hoch finden die abstand von ihren problemen suchen
oder zen buddhist, weil ab und zu zen-menschen vorbeischauen…….
ein indianer, weil native freunde aus usa vorbeikommen….
ein schriftsteller weil ich diese geschichte zu schreiben versuche….

Es ist schön zu wissen, dass ich dies alles und noch mehr sein kann,
wenn es von mir verlangt wird, aus dem moment heraus.
Es ist aber auch tröstlich zu wissen, dass sich diese frage eigentlich gar nicht mehr stellt,
sobald man sich aus dem trubel der gesellschaft zurückgezogen hat

nicht alles fällt ab,
wie denn auch
es braucht die nötige ökonomie, um dieses leben in der stille und abgeschiedenheit zu führen.
Auch hier zwänge und besorgnisse, die ein leben bedrohen können und seine schatten werfen.
Alter, gesundheit und tod, die dieses leben sicherlich verändern werden,
da es so eine art von „einmannklosterdasein“ ist.
Also keine garantie, ohne netz und doppelten boden.

Nun dieses ist letztlich die konsequenz und auch das wissen,
dass die schönheit der natur, der blühende ginster,rosen und lavenel.
der gesang der vögel un die rehe die vorbeischauen,
jeden morgen.
die stille und einkehr, freunde und liebenwerter besuch
aus den obgennanten gründen, sich verändern werden.
Automatisch

so werde ich mich wohl oder übel
von meinen eigenen vorstellungen der befreiung
befreien müssen.
:clown:
 
...über was ich auch gerne einmal sprechen würde, das ist dieser Prozess, wie er sich ganz praktisch, biographisch im Leben eines Bürgers in einer kapitalistischen Gesellschaft abspielt, wenn wirklich die alten Rollen und Konventionen abgelegt werden und sich dann Fragen stellen wie: habe ich den Mut meinen Job zu kündigen? Habe ich den Mut, meinen Partner zu verlassen? Habe ich den Mut, alleine zu sein? Habe ich den Mut, ... .
In der Praxis klafft ja manchmal scheinbar eine Kluft zwischen dem je gegenwärtigen Standpunkt, der auch an einen Glauben gebunden ist, und dem Schritt, den Mut zu haben, mit Konzentration, Disziplin und Geduld den je neuen Weg einzuschlagen ...
Je größer das Ego war, die "Ritterrüstung", die Orden, die schönen, stolzen Rollen, aber auch die Helfer-Rollen, je mehr der Mensch in derartigen Rollen sozialisiert wurde, desto mehr stellt sich ja dann vielleicht der je nächste Schritt wie ein Fall in das Nichts dar... ... einfach Mensch zu sein, so wie ich gerade bin, mit meinen Bedürfnissen, meinen Ängsten, ... ...einfach Mensch, nicht Lehrer, Chef, Kanzler, Guru, Asket, Helfer, Erlöster, ... ...einfach fühlender, mitfühlender Mensch SEIN...

Liebe Grüße,
E.

Mir sind diese praktischen Erwägungen auch ehrlich gesagt lieber als die philosophischen Auseinandersetzungen, die mir einerseits teils zu abgehoben von der Realität sind und die mir andererseits auch nicht so behagen.

Ich denke, Menschen beginnen sich erst dann ernsthaft mit sich und ihrem Leben auseinanderzusetzen, wenn sie einerseits einen gewissen Leidensdruck verspüren und wenn sie andererseits den Mut haben, ihr Leben zu verändern, wenn sie also den Mut haben, ins kalte Wasser zu springen, um ihrem Leben eine positive Wendung zu geben.

Meine Hauptmotivation, mein Leben verändern zu wollen, geschah ebenfalls aus einem gewissen Leidensdruck heraus, der mein Leben ziemlich stark (negativ) beeinflusste. Ich überlegte mir, wie ich mich aus diesem Dilemma befreien konnte. Nach einiger Zeit glaubte ich, die Ursachen meines Leides erkannt zu haben und handelte dementsprechend. Dabei hatte ich keine Ahnung, ob die Schritte, die ich unternommen hatte, mir wirklich die Zufriedenheit schenken würden, die ich mir erwartete. Ich wusste seinerzeit nichts oder kaum etwas über Yoga, Brahmacharya, Spiritualität und Meditation. Die ganze Theorie erarbeitete ich mir erst viele Jahre später. Ich war also ganz der Praktiker, dessen Bewusstsein und Bildung noch relativ gering war. Wie dieses Experiment endete, habe ich hier ja schon häufiger anklingen lassen. Ich war nicht nur zufrieden, sondern selig. Ich hatte genau das gefunden, was ich mir mein ganzes Leben lang erträumt hatte, wonach alle Menschen sich sehnen, Seligkeit pur.

Die Frage nach dem Wechsel von Wohnung, Beruf, Partnerin usw. stellte sich für mich eigentlich nicht. Ich gebe zu, ich war da auch ein wenig egoistisch. Ich glaubte und hoffte, den richtigen Weg gefunden zu haben und den zog ich dann durch. Ich bin ohnehin der Meinung, jeder sollte nach Möglichkeit seinen spirituellen Weg in der Situation beschreiten, in der er sich momentan befindet. Nur wenn das nicht möglich ist, sollte er Konsequenzen ziehen. Besser wäre es, nach Kompromissen zu suchen. Bleibt man in der vertrauten Situation, dann bringt das den Vorteil mit sich, dass man die spirituellen (gesundheitlichen) Fortschritte selber besser erkennt. Begibt man sich z.B. in einen Ashram oder in ein Kloster, wenn auch nur vorübergehend, dann fällt es wahrscheinlich nicht so leicht, diese Fortschritte zu erkennen, weil man wahrscheinlich insgesamt in einer entspannteren Lebenssituation lebt. Durch die entspannte Lebenssituation haben sich zwar die äußeren Lebensverhältnisse verändert, was natürlich auch sehr angenehm sein kein, aber nicht unbedingt die innere (psychische) Situation.
 
Hallo Energeia,

ich finde dein Beitrag trifft absolut den Nerv, der hier ziemlich oft eingeklemmt ist.
Ich kann mich mit deiner Einstellung zu dem Thema zu 100% identifizieren, gerade deswegen, da es in meinem Bekanntenkreis auch einige Meditations und Yogalehrer gibt, die glauben sie stünden weit über den Dingen und im Endeffekt neurotisch, verklemmt oder emotional leicht unfähig sind.

Sie sidn der überzeugung, die Meditation wäre das Allheilmittel und verbreiten auf ihren Seminaren eben auch diese Einstellung und dieses "Wissen".

Meiner Meinung nach sind viele von ihnen nur zu Arrogant sich einer Therapie zu unterziehen weil sie Angst davor haben ihr Weltbild könnte ins wanken gebracht werden, in dem sie "Allwissend" sind.

Ich trenne Persönlichkeit und Spiritualität stark voneinander und in deinen Zitaten ging es ja auch darum, dass ein NEurotiker ein starkes Zeugenbewusstsein entwickeln kann und spirituelle Erfahrungen macht, trotzdem sein Leben durch die Neurose oder Persönlichkeitsstörung negativ beenflusst wird.

Zieht man den vergleich mit dem Körper, das man körperliche Wunden heilen muß/kann um sein Leben nach seinem Spirit zu gestalten wird wohl kaum einer nein sagen.
Da aber anscheinend wenige den Unterschied zwischen psychischer und spiritueller Ebene verstehen, fühlt sich das Ego in seiner Identifikation mit der Spiritualität angegriffen und dann wird dagegendiskutiert.

Wie auch immer:party02:

LG Mr.B.Rasta
 
HAllo Mr. B Rasta,

ja, ich sehe mich gerade im Hauptkern meiner Aussagen von dir widergespiegelt.
Das ist natürlich genau der Punkt, dass gerade die soziale Rolle des "spirituellen Lehrers" eventuell lediglich als Ego-Ritterrüstung dienen kann. Der Mensch meint es wirklich gut, möchte auch wirklich helfen, aber in den Belehrungen und Hilfestellungen mischt sich dann doch immer das Bedürfnis der Anerkennung, der Selbst-Behauptung und der asymmetrischen STellung gegenüber dem anderen. (Je asketischer oft die Techniken sind, desto stärker zeigt sich das dann an bestimmten Stellen.)
Dass dies bei einem Hochschuldozenten oft der Fall ist, das ist irgendwie selbstverständlich, dass dies bei einem spirituellen Lehrer der Fall ist, das birgt dann doch schon eine gewisse Spannung in der Rolle selbst.
Die Gefahr ist ja wirklich, dass einfach nur eine Identifizierung mit den Rollen stattfindet und hierbei und hierdurch aber die eigentlichen Probleme "unter den Teppich gekehrt" werden. Das Ego verschließt sich dann eher vor sich selbst, fühlt sich immerzu aufgefordert, SICH vor den anderen dar-zu-stellen, schöpft die Anerkennung aus dieser Rolle und der verletzte Kern, das "wahre" Selbst, kommt gerade nicht dazu, sich als verletzt auszusprechen und sich zu lieben. DAmit wird die allgemeine Rolle der Kindheit einfach nur reproduziert, auch wenn sie sich jetzt in einem ganz anderen Gewand zeigt.
Ich finde, es ist immer ein ganz guter Test, wenn man andere fragt, ob sie nicht eine Therapie machen wollen. Wenn ein Mensch sich durch diese Frage angegriffen fühlt, dann ist das immer ein sehr klares Zeichen, dass er wirklich eine Therapie brauchen könnte, dass er sehr wahrscheinlich aber keine anfangen wird. Er empfindet das so, dass die Frage ihm ein Bild gegenüber stellt, das ihn, also sein Ich-Selbst, "beleidigt". Die Frage findet aber nur diese schmerzhafte Resonanz in ihm, weil sich einerseits das Ego mit einem anderen Bild identifiziert hat und weil es verletzt ist. DAss dies dann nicht gesehen wird, dass der andere und die Frage dann zensiert werden, das zeigt dann auch, dass der Angesprochene den inneren Konflikt nach außen verlagert.
Und dies alles fügt sich natürlich auch in eine soziale Figuration: da ist auf der einen Seite der "Priester/Lehrer/...", der eine idealisierte Rolle einnimmt, und da sind auf der anderen Seite diejenigen, die ihn idealisieren und sich dadurch von ihm geschützt, sich durch ihn und die Lehre aufgewertet fühlen.

Das alles ist aber nur allzumenschlich, scheint es mir. Das ist einfach so, weil wir uns auf dieser Evolutionsstufe insgesamt befinden. Das ist in bestimmten Graden wohl bei fast jedem Menschen in der Gegenwart so. Diese asymmetrischen Strukturierungen setzen ja in einem gewissen Sinne auch die Situation aus der Kindheit fort und es ist gar nicht möglich, sie einfach abzubrechen, einfach die Entwicklung zu übersprigen. Denn das kann ja auch wieder nur eine Rolle sein: ein Mensch sieht an den anderen die Asymmetrien und DESHALB will er das nicht, weil er das "Spiel" durchschaut. Dass er aber vielleicht auch dieses Bedürfnis hätte, das er natürlich vielleicht auch viel besser in einer Therapie leben kann, wird dann unterdrückt. Er löst dann nicht die Strukturen auf, weil er sich liebt, sondern weil er sich mit dem Gegenteil identifiziert: mit der Rolle des Selbständigen, des Freien, mit welcher er der Nähe ausweicht und den Konflikten, die damit verbunden sind.
Also ich kenne aus meinem Leben beispielsweise beide Wege recht gut :clown:

Die Beschreibungen hören sich vielleicht manchmal hart und kalt an, ja; es ist ja auch eine eher psychologische, also verobjektivierende Sprache.
Dabei verdienen ja alle Lebewesen unser Mitgefühl und wir können erkennen, dass in all dem doch auch immer ein Sinn steckt.

Liebe Grüße,
Energeia
 
Lieber Opti,

Ich denke, Menschen beginnen sich erst dann ernsthaft mit sich und ihrem Leben auseinanderzusetzen, wenn sie einerseits einen gewissen Leidensdruck verspüren und wenn sie andererseits den Mut haben, ihr Leben zu verändern, wenn sie also den Mut haben, ins kalte Wasser zu springen, um ihrem Leben eine positive Wendung zu geben.

Ja, das sehe ich ganz ähnlich. Leider ist unsere Gesellschaft noch nicht so weit, dass die Spiritualität schon in die Gesellschaft integriert ist, oder zumindest sind wir gerade erst dabei, dies zu vollziehen. Zumeist vollzieht sich die Wendung erst aufgrund von Krisen und oft fehlt dann auch noch die ERnsthaftigkeit und der Mut, findet die Hinwendung eher wie eine Art weitere Flucht statt.

Ich war also ganz der Praktiker, dessen Bewusstsein und Bildung noch relativ gering war. Wie dieses Experiment endete, habe ich hier ja schon häufiger anklingen lassen. Ich war nicht nur zufrieden, sondern selig. Ich hatte genau das gefunden, was ich mir mein ganzes Leben lang erträumt hatte, wonach alle Menschen sich sehnen, Seligkeit pur.

Ich habe davon leider noch nicht allzu viel gelesen. Wie geht es dir denn damit? Hält das immer noch an, hat es sich fortgesetzt, wie lange ist das her? Wie schätzt du diese Seligkeit ein?

Ich bin ohnehin der Meinung, jeder sollte nach Möglichkeit seinen spirituellen Weg in der Situation beschreiten, in der er sich momentan befindet. Nur wenn das nicht möglich ist, sollte er Konsequenzen ziehen.

Ja, aber oft ist es eben gar nicht so leicht, den gegenwärtig liebevollen bzw. spirituellen Schritt zu vollziehen, sondern wird die Gegenwart in der Spannung von Idealen und BEdürfnissen erlebt, welche einen Menschen so unter Druck setzen, dass er gar nicht wirklch zu sich selbst eine liebevolle Haltung einnehmen kann.
Wenn ich Freunden zuhöre, wenn sie mir von sich erzählen, dann erlebe ich das immer wieder, dass sie zwar anderen gegenüber eine gewisse liebevolle Haltung einnehmen können, dass sie selbst ihre Situation jedoch nicht auf diese Weise angehen können, weil sie dieses Verhältnis nicht zu sich selbst haben.

Bleibt man in der vertrauten Situation, dann bringt das den Vorteil mit sich, dass man die spirituellen (gesundheitlichen) Fortschritte selber besser erkennt. Begibt man sich z.B. in einen Ashram oder in ein Kloster, wenn auch nur vorübergehend, dann fällt es wahrscheinlich nicht so leicht, diese Fortschritte zu erkennen, weil man wahrscheinlich insgesamt in einer entspannteren Lebenssituation lebt. Durch die entspannte Lebenssituation haben sich zwar die äußeren Lebensverhältnisse verändert, was natürlich auch sehr angenehm sein kein, aber nicht unbedingt die innere (psychische) Situation.

Mir scheint, dass das eine das andere nicht ausschließen muss. Ich habe jetzt in letzter Zeit gerade auch immer wieder von Mönchen gehört, dass sie den Wechsel zwischen "Kloster und dem Jahrmarkt" als sehr fruchtbar erleben.

Liebe Grüße,
Energeia
 
Hallo Energeia,

Das ist eher ein historisches Problem als ein inhaltliches. Die naturwissenschaftliche Psychotherapie hat sich zu einem großen Teil aufbauend auf der bewußt atheistisch gehaltenen Psychoanalyse von Sigmund Freud und seinen SchülerInnen entwickelt.

Gleichzeitig war Psychotherapie lange Zeit für etablierte Kirchen ein rotes Tuch.

INHALTLICH gehören Spiritualität, Psychotherapie und somatische Medizin in einem ganzheitlichen Menschenverständnis natürlich zusammen. Solche Ansätze gibt es bereits einige : Transpersonale Psychotherapie, spirituelle Psychotherapie, schamanistisch-spirituelle Aufstellungsarbeit, Formen der Homöopathie - insbesondere die antroposophische Richtung Rudolf Steiners etc.

Im Grunde liegt es an den Therapeuten, wie ganzheitlich sie leben und arbeiten. (DIE Psychotherapie gibt es ja nicht - sondern viele PsychotherapeutInnen, die sehr unterschiedlich arbeiten.)

C.G. Jung (als Zeitgenosse von Freud) hatte übrigens diesen ganzheitlichen Ansatz - aber nicht die Breitenwirkung von Freud.

LG, Reinhard

Auch mit deiner Aussage kann ich mich zu 100% identifizieren.
Beobachtet man die aktuellen Strömungen in der Psychotherapie wird ein grosser Schritt hin zur Ganzheitlichkeit gemacht.
Es gibt z.B ein Netzwerk spirituell-integrativ arbeitender Therapeuten
(www.senev.de)
die neben klassischer Psychotherapie auch kompetente Unterstützung und Beratung in spirituellen Krisen geben und auch eine alternative zur Psychatrie anbieten.
Kloster statt Klapse:weihna1

Ein Rahmen in dem die Patienten in erster Linie als Menschen gesehen werden und auf mehreren Ebenen ihre inneren Mißstände betrachten und bearbeiten können.

LG Mr.B.Rasta
 
Ich habe bisher nur den Text von Jack Kornfield gelesen, aber den fand ich sehr interessant. Ich möchte einmal die Aussage von JK herausgreifen, die mich am stärksten ansprach. Dies war die folgenge Behauptung von JK:



Mit dieser Behauptung stimme ich nicht überein. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Psychotherapie in der Lage ist, ernsthafte psychische Erkrankungen zu lösen. Auch die Psychotherapie kennt den Weg zur Genesung, zur Heilung, nicht. Wüsste sie ihn, dann müssten eigentlich alle Psychotherapeuten psychisch gesund sein. Das sind sie aber nicht, denn sie sind genau so krank wie ihre Patienten, die sie vorgeben zu heilen.

Ich glaube auch nicht, dass Physotherapie generell Heilung bewirken kann oder nur sehr eingeschränkt. Bei der Heilung geht es im Endeffekt immer um die Veränderung der Physiologie des Menschen, denn psychische Erkrankung beruht auf einer Störung des Transmitterstoffwechsels (auf einer Störung des Hormonhaushaltes). Man muss sich also überlegen, wie diese Störungen sich entwickelt haben und wie man sie beseitigen kann. Dies kann theoretisch auch durch Psychotherapie geschehen und zwar in der Form, dass der Patient erkennt, welche seiner Handlungen, Gewohnheiten und Verhaltensweisen sich negativ auf die Physiologie auswirken.

Ich persönlich würde keine großen Hoffnungen in die Psychotherapie investieren. Ändert man dagegen seine ungesunde und unnatürliche Lebensweise, dann stellt sich Genesung von ganz alleine, über physiologische Veränderungen, ein. Alle Besuche beim Psychotherapeuten bewirken gar nichts, wenn man nicht die eigene Lebensweise verändert. Die Therapie kann also eigentlich nur darin bestehen, indem wir herauszufinden versuchen, warum wir uns diese ungesunde und unnätürliche Lebensweise angewöhnt haben. Alles andere bewirkt die Natur von selbst.

Hey opti,

diese Betrachtung der Psychotherapie finde ich im großen und ganzen etwas zu einseitig, denn Psychische Krankheiten nur auf den Transmitterhaushalt zu reduzieren wäre nur eine oberflächliche Betrachtung der ZUsammenhänge, die Gedanken und VErhaltensmuster eben auf die Neurophysiologie haben.

Du sagst ja selbst, dass wenn man seine ungesunde und unnatürliche Lebensweise ändern würde, vieles sich von selbst wieder regulieren würde.
Doch für viele ist genau das ohne Therapie nicht möglich, nämlich sich selbst so weit zu reflektieren um den Karren von Selbst aus dem Dreck zu ziehen.

Es hängt auch viel vom eigenen Niveau und Bewusstsein des Patienten ab, inwieweit er zur Selbsterkenntnis fähig ist und diese dann auch umsetzt, integriert und beibehält.
Ein Therapeuth erfüllt oft "nur" die Funktion eines Spiegels, Moderators und Supervisors, der dem Patieneten hilft, seine Konflikte nach außen zu verlagern, um sie selbst objektiv betrachten zu können.
Auch ist es erwiesen, dass die Gesprächstherapie eine klärende und erleichternde Wirkung auf die Psyche hat, denn durch das AUS-sprechen, findet eine befreiung und Katharsis statt.
Es geht ja darum verschüttetes und unbewusstes ins Bewusstsein zu holen, es zu betrachten, wirken zu lassen, Gefühle noch einmal bewusst zu durchleben um sie dann eben gehen zu lassen.
Auch ist es Aufgabe des Therapeuthen einen Wertfreien Raum zu erzeugen, der dem Patienten dadurch mehr Neutralität in der Selbstreflexion erlaubt.

Auch die Aussage generell so über Psychotherapueten zu urteilen, sie wären so krank wie ihre Patienten ist etwas sehr weit aus dem Fenster gelehnt.
Sicher gibt es einige Therapeuten die selbst vielleicht einen Schlag haben, die gibt es aber unter den spirituellen Lehrern bestimmt auch und generell in jeder Gruppe, wahrschenlich ist der prozentuale Anteil, sogar überall gleich hoch:weihna1

Was sogenannte ernsthafte psychische Erkrankugne angeht, bin ich mir mitlerweile eher sicher das nur die PSychologie oder Psychatrie diese behandeln kann und das bei stark entgleisten Hirnen, die durch jahre- oder jahrzehntelange selbstzerstörerische Lebensweise, erblice Einflüsse oder sonstige Faktoren erst mal medikamentös behandelt werden müßen.

Nur zur Info: Ich war mal absoluter Gegener der Psychopharmakologie und es gibt auch verdammt viel gute Gründe dafür(vor allem wegen fachlicher und menschlicher Inkompetenz der Naturwissenschaftler), habe aber mitlerweile so viel gesehen, was positives dadurch bewirkt werden kann, dass sich die Waagschalen im Moment ausgleichen.

Ein Mensch der jahrelang vor sich hindämmert, in seiner Unbewusstheit, in seinen Konditionierungen, Neurosen und Ängsten und dadurch vom Leben abgeschnitten ist, dessen Hirn kommt einfach durcheinander und das kann immer schlimmer werden, bis zu schwersten Psychosen, Schizophrenie, Bi-polare Depressionen und das was die Leute darin erleben fühlt sich oft sehr spirituell an, oft ist es das auch, aber wie durch einen verzerrenden Filter.
Der Wahnsinn halt:mad2:

Typisch für unsere gesellschaft ist auch die Isolierung und oft entstehen psychische Krankheiten in der Isolierung, weil keine Möglichkeit besteht seine eigene Welt/Spinnereien mit der "Realität" abzugleichen, daraus entsteht oft VErfolgungswahn, Depression, Manie, Schizophrenie.

EIn Therapeuth ist für viele MEnschen jemand zu dem sie das erste mal überhaupt eine Art von Beziehung aufbauen, oder lernen eine gesunde Beziehung zu führen, die den Umständen GEmäß aufgebaut wird.

Das sind zu tiefst menschliche Themen und viele haben halt sehr viel unmenschliches erlebt, dass sie über diesen Weg wieder zum Leben hingeführt werden.
Im Endeffekt ist es ja eh der patient selbst, der seinen Weg geht und entscheidet, der Therapeut kann spiegeln, vielleicht auch mal wachrütteln, wobei er davon ausgehen kann, das die Dinge im Bewusstsein auftauchen sobald der Patient selbst dafür bereit ist.
Manchmal dauert es eben Jahre um sich einem Schmerz zu nähern, bis man innerlich stark genug ist es auszuhalten.

Osho sagte über Meditation und Psychotherapie:
Der Osten ist schon immer den Weg der Bewusstheit gegangen, der Westen geht nun den Weg der Liebe, doch erst beides zusammen, Bewusstheit und Liebe lassen einen Menschen ganz werden.

So ist das hier ja eh schon gesagt worden, Therapie und Meditation als zwei Seiten einer Medallie.

LG Mr.B.Rasta
 
Werbung:
Dann nenne mir doch einmal eine Richtung in der Psychotherapie, von der du glaubst, sie könnte die Menschen heilen. Wovon könnte sie die Menschen denn heilen? Glaubst du wirklich, irgendein Therapeut kennt den Weg zur Heilung? Glaubst du wirklich, irgendein Psychotherapeut ist selber gesund? Sie sind genau so krank wie ihre Patienten und wüssten gerne den Weg, sich von ihrer Krankheit zu heilen.

Warst du bei einem Therapeuten der selber gestört war?
Du wirst ziemlich emotional bei dem Thema.
 
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