Das ist doch ein Konstrukt und kein Gefühl.
Das Bedürfnis nach einem Partner
Partner ist auch ein Konstrukt aus dem Kopf. Als Bedürfnis gibt es das nicht. Es gibt das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Nähe, nach Intimität, nach Berührtwerden.
Lösbar ist es nur dann, wenn ich zu meinem Bedürfnis stehe. Wenn ich Sex haben will, und dazu stehe, dann suche ich nicht nach einem Partner um mir dieses Bedürfnis zu erüllen, sondern kann bewusst ein Kurzzeitverhältnis oder einen ONS eingehen.
Diese Lösung kommt vom Kopf. Das Bedürfnis nach "Sex" ist hier auch ein Konstrukt aus dem Kopf kommend.
Alle drei Fälle beschreiben einen Wunsch, der ein Mensch einem anderen erfüllen soll.
Wie wäre es, wenn man hier die zugrundeliegenden Bedürfnisse beschreiben würde?
- Dann hätten wir im ersten Beispiel ein Gefühl von Zufriedenheit mit sich selbst. Ich mag mich, finde mich ok so, wie ich bin.
- Im zweiten Fall steht das Bedürfnis nach Intimität, Zärtlichkeit und Nähe zu erleben im Fokus.
- Im letzten Beispiel ist es ein haptisches Erlebnis, das im Höhepunkt endet und so Befriedigung verschafft.
Tatsächlich kann ich mir alle drei Bedürfnisse selbst erfüllen. Dazu brauche ich niemanden. Es wäre zwar schön, wenn da jemand diese Bedürfnisse auch hat und sie
mit mir teilen möchte, aber diese Wünsche sind an nichts gebunden.
Zurück zum Thema.
Ich wünsche mir, dass ein Mann, den ich interessant, nett oder sonstwie finde und gerne näher kennenlernen möchte, mich um Date einlädt. Ist das wirklich ein Bedürfnis? Nein. Es ist sogar eine konkrete Handlung, die meinen Wertvorstellungen entsprechen möge (was btw. durchaus legitim ist, also schlimm finde ich das nicht). Dahinter steht was anderes, zum Beispiel: Das Bedürfnis nach gemeinsamer Zeit, sich näher kennenlernen zu können, um eben festzustellen, ob da noch mehr geht.
Ein Bedürfnis wird aus der eigenen Angst heraus als etwas negatives bewertet, als etwas das nicht sein sollte oder irgendwie eine Gefahr darstelle, und zwar aufgrund der eigenen unerlösten Bedürftigkeit.
Das sehe ich genauso. Bedürftigkeit ist für mich auch etwas anderes als ein Bedürfnis zu haben. Der Begriff ist tatsächlich aus dem juristischen Bereich entlehnt, wo eine Forderung geltend gemacht wird, weil eine Instanz (der Kopf) feststellt: darauf habe ich ein Recht. Ich finde, Sprache eignet sich ganz wunderbar dazu, sich selbst zu enttarnen. *g* Und auf diesem Weg bringe ich mich selbst in Not, nämlich dann, wenn ich etwas vielleicht nicht bekomme, wovon ich glaube, darauf einen Anspruch zu haben.
Und weitere Gedanken:
Natürlich macht das Angst, wenn ich nicht weiß, ob mir ein anderer Mensch, ein Fremder noch dazu, diese Bedürftigkeit nicht erfüllt. Ich bin ja ganz abhängig dann. Ich muss warten, bis der bitte das tun möge, was ich mir wünsche.
Gehe ich nun zurück zu den Bedürfnissen dahinter, schaut es anders aus. Erstens bleibe ich bei mir und in der Eigenverantwortung, nämlich meinen wirklichen Bedürfnissen gegenüber. Die da wären: oh, der Mann, den finde ich interessant und ich möchte ihn kennenlernen. Naürlich weiß ich noch immer nicht, ob das auf Gegenseitigkeit beruht, aber es ist weniger schlimm, schon gar nicht bedrohlich, wenn ich mir bewusst mache, dass es gar keine Anspüche auf Wunscherfüllung geben kann.
Und dann möchte ich meinem Gegenüber einfach authentisch begegnen und die Begegnung an sich steht dann im Fokus, nicht das, was vielleicht daraus wird oder nicht. Und ob meine Bedürfnisse erfüllt werden, ist dann erst Recht völlig egal. Denn in dem Moment der Begegnung, jemanden tatsächlich kennenlerne, erfülle ich sie mir bereits.
Und falls es so ist und der andere nicht möchte, dann kann ich wieder hineinfühlen. Feststellen, dass ich traurig bin. Was auch sein darf dann, ich kann dem Mann sogar sagen: "Schade, dass Du nicht interessiert bist, ich hätte dich gerne näher kennengelernt." Es ist ein Kompliment, dass ich dem anderen Menschen mache. Vielleicht ist er dann verlegen oder unsicher, weil er nicht weiß, wie er damit umgehen soll. (Ganz viele Menschen wissen das nicht, weil wir es anders gelernt haben. Ich habe das auch erst viel später gelernt. Die Wahrscheinlichkeit, dass er dann doof wird, ist dennoch sehr gering.)
Man kann hier nichts verlieren. Es gab eine Begegnung, zwei Menschen haben sich tatsächlich berührt, wenn auch nur kurz. Sie haben sich tatsächlich ganz kurz kennengelernt. Und das ist es doch, worum es geht.
@KingOfLions
Natürlich kann man aus einem Bedürfnis eine Bedürftigkeit konstruieren. Besonders klug finde ich das aber nicht.