Eine psychologische Funktion des Verrats

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Hallo!

Meine Meinung zur Psychologie des Verrätertums:

Für manche Verräter ist es charakteristisch, dass sie zwischen zwei Personen, Institutionen oder Machtfronten stehen und einem Doppelagenten gleich private Informationen übermitteln. Bei beiden Polen suggerieren sie Loyalität und Zuverlässigkeit. Doch in Wahrheit aber geben sie illegitim private Details an die Opposition weiter. Gelegentlich ernten die Verräter einen monetären Ruhm, wie dies z. B. bei Judas Ischariot der Fall war, nachdem er Jesus Christus verraten hatte. Andere wiederum profitieren auf emotionaler Ebene von ihrem verräterischen Verhalten, indem sie bei beiden Machtpolen mit ihrem speziellen Wissen Beachtung, Resonanz und Wertschätzung erhaschen können. So werden die tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplexe des Verräters kompensiert. Eine narzisstische und/oder egozentrische Haltung blockiert dabei das Mitgefühl und die Empathie für die Verratenen.

Viele Grüße

DUCKFACE

Hast du noch nie jemanden oder etwas verraten, nicht mal deine eigenen Prinzipien oder so ?
Was macht dich so sicher, dass du nicht das Geheimnis eines Menschen verraten würdest der dir aktiv schaden will ?
 
Ich könnte mir Verrat auch als Hintergrund von persönlicher Enttäuschung vorstellen.

LG
Urajup

Das erinnert mich an einen Streit den ich mit einer Schulfreundin im jungen Teeniealter hatte.
Es sollte ein Geheimnis bleiben, dass sie sich unsterblich in einen bestimmten Jungen verliebt hatte, dann bekamen wir aber grossen Krach und ich habe es verraten, woraufhin sie ausgelacht wurde.

Das mag erst mal banal genug klingen, ist es in dem Alter aber nicht und ich habe das nie vergessen, weil ich mich so für mich geschämt habe.
Seitdem mag ich nicht mehr, dass mir jemand ein Geheimnis erzählt, auch wenn ich es zu 97% für mich behalten würde.

Das ist eben die menschliche Natur und es gibt unendlich viele Beispiele dieser Art.
 
Ähnlich hatte ich früher auch gedacht, aber leider sind das nur intellektuelle (kopfmäßige) Absichtsvermutungen, weil man Verrat nur vom Hören-Sagen kennt, aber noch nicht am eigenen Leib erlebt hat.

Weißt du, wie betroffen es macht, wenn du jahrelang Menschen vertraust, und sie dir auch vertrauen, und plötzlich scheinen sie wie ausgewechselt, fallen dir in den Rücken, und erfreuen sich deines Unglücks, heucheln dir vllt. sogar noch Mitleid vor, und lachen heimlich hinter der Hand?

Ich habe mal einen Verrat von angeheirateter Verwandschaft erlebt, hatte das nicht erwartet, war wie vom Schlag getroffen, weil ich diesem Menschen nie etwas getan hatte.

Nun ja, wer hat schon in seinem Leben immer alles richtig gemacht ?

Aber der Grund war Neid und Missgunst weil er in der Familienerfolgshierarchie ganz oben stehen wollte.
Es hat die gesamte Familienstrategie schwer beschädigt und das Vertrauen für immer ausgelöscht.
 
Verrat ist auch möglich, wenn "der" andere, den man verrät, moralische Regeln verletzt.

Da fällt einem das Beispiel eines Soldaten ein, der überläuft, weil er sich nicht an
Kriegsverbrechen beteiligen will.
Man könnte es aber auch so sehen, dass es sich um einen Loyalitätskonflikt
zwischen eigenem Moralsystem und Loyalität gegenüber dem Staat handelt.
Ein modernes Beispiel ist Bradley Manning http://de.wikipedia.org/wiki/Bradley_Manning

LG PsiSnake
 
Hi PsiSnake

Das ist auch, was ich mit dem Begriff Selbstverrat meine, wo das Leben einen in die unmögliche Situation bringt, nur zwischen zwei Übeln wählen zu können.

Entweder man wird durch die Folgeumstände bestraft, hat aber ein reines Gewissen, oder umgekehrt.
Das Leben ist oft zu komplex um ganz einfach zwischen gut und böse unterscheiden zu können.
Und selbst wenn man so lebt, dass man selber in den Spiegel schauen kann ist das trotzdem unter Umständen schwierig.
Wenn ich wegen meiner Moral den Job verliere, kann nicht mit meinen Kindern in den Urlaub fahren und dann sind die sauer.
 
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In meinem Beitrag liefere ich sogar selbst ein Beispiel des Verrats, bei dem es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um die emotionale Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen, sondern vielmehr um eine monetäre Bereicherung ging.

Der Sichtweise kann ich mich nicht so ganz anschließen. Judas würde ich in diesem Fall, so weit ich die Story noch im Kopf habe (und sie nur irgendwie stimmt), sehr wohl ein Minderwertigkeitsgefühl unterstellen. Bzw. subjektiv fehlende Wertschätzung durch Jesus und in der Gruppe der Apostel. Judas hatte hier doch die Rolle des "Aussenseiters" in der Gruppe, und hat sich auf Grund seiner eigenen Dispositionen nicht gesehen und nicht angenommen gefühlt.

Dass bei seinem Verrat dann noch Geld geflossen ist, wäre in diesem Szenario also sicherlich ein angenehmer Nebeneffekt, aber nicht unbedingt der primäre Grund für den Verrat.

Genauso könnte man Judas aber auch unterstellen, dass er in der Gruppe der Apostel einfach ein Mitläufer war, aber immer eine sehr grosse Affinität zur römischen Besatzungsmacht hatte. Damit sind für ihn die ethischen Bedenken gegenüber dem Verrat weggefallen, da zu Jesus nur eine sehr lockere emotionale Bindung bestanden hat. Dadurch ist letztendlich seine persönliche Entscheidung der Verrat gewesen, vielleicht zur persönlichen Bereicherung, vielleicht aber auch z.B. wegen beruflicher Vorteile. Auch Rache für die Zurücksetzungen wäre möglich.

Wie auch immer ... psychische Analysen auf Grund von Erzählungen sind immer schwierig ....
 
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