Die Sonne blendet

U

urany

Guest
Die Sonne blendet


Alles Gäste hier,
schwimmende Hüte,
Brillen,
ein schwimmendes Gebet.

Bade- und Plaudertaschen
auf dem Stein.
Ich weiss, mein Schatten
ist heiss.

Die Sonne blendet.
Ein Fest am morgen
ist das.
Sagt doch wer:
Die Sonne blendet.
Derweil ich betrunken…
das Kinn hin
zum Brustbein.
Betrunkenes Gebet ich bin,
das hier schwimmt.
Ich Gast.
 
Werbung:
Gleitendes Wort,
geflügelt,
riecht nicht.

Hunde, die baden.
Ich bin dabei!
Lebende Bäume,
die liegen.
Weisse Libellen
in den Köpfen.

Geflügeltes Wort,
vom Wind übers Wasser
gestreichelt.
Schwarzpappeln,
ihr zärtliches Geplauder.

Seeweite.
Riechen.
Geplätscher überall.
Ein liebendes Leben.
 
....


An den schönen Wochenenden holten wir auch unser Meerschweinchen in den Garten und liessen es frei herumspringen. Doch sobald es von dem Gehege befreit war, wollte es kein frisches Gras mehr fressen, sondern verkroch sich - gar nicht zu unserer Freude - sofort in der nächsten Blumenrabatte! Es machte sich in den nächsten Stunden nur noch ab und zu durch ein lautes, glückliches Quieken bemerkbar oder zeigte gnädigerweise sein Gesicht für eine Weile - fröhlich kauend - zwischen zwei kleinen Pflänzchen. Unter dem Schutz des Blätterdaches von Rosen, Phlox und Tagetes fand es wohl ein Stückchen Heimat. Weißt du noch, Buckelmännchen?- es frass eine Unmenge von Tagetes, so dass ich manchmal fürchtete, es würde davon vergiftet werden. Es machte fast den Eindruck, als würde es sich an den Blättern der Totenblume berauschen! Jedem Tierchen sein Plaisierchen, pflegte unsere Mutter dann gerne zu sagen.
Am Abend mussten wir uns ziemlich anstrengen, das flinke Meerschweinchen wieder einzufangen. Das konnte unmöglich jemand alleine tun, wir hatten einander dazu gebraucht! Viele Male mussten wir es im langen Blumenbeet hin und her jagen, bis endlich ein Paar Hände von uns das gehetzte Tier um seinen Bauch packen konnten, um es dann an unsere Brust zu drücken und sein wild klopfendes Herz zu spüren. Nach dem Schmusen mit dem dicken Tierchen, das mit seinem Atem den penetrant aromatischen Geruch von Tagetes verströmte, brachten wir es dann in sein Nachtquartier im Keller, wo es sich sofort mit mehrmaligen zuckenden Bewegungen unter dem Heu verkroch, dazwischen still und stocksteif verharrte, darauf wartend, bis wir Riesen endlich gegangen waren.

(aus:Zeppelin)
 
Werbung:
....

Wenn es im Sommer stundenlang regnete und der Garten triefte vor Nässe, traten die Farben und Düfte in den Hintergrund, und das alles verbindende Grün bekam einen melancholischen und bedeutungsschweren Charakter. Es war, als würde sich der Garten uns Menschen nicht mehr hingeben, sondern für eine Weile ganz in sich selber und in krautiger Schwere versinken. Verschlossen lag er da, still wie eine Kathedrale. Aber war es denn wirklich der Garten, der sich von mir abwandte? Oder war ich es vielleicht, die sich abwandte, weil ich mich plötzlich getrennt fühlte von dieser vegetativen Üppigkeit, vom Kosmos der übereinander und hintereinander liegenden Formen, der ineinander spielenden Gerüche und Farben, von seinen pelzigen, stachligen, innigen Berührungen auf meiner Haut? Hätte er es nicht verdient, dass ich auch dann manchmal in ihm verweilt hätte, wenn das üppige Grün nass war und glänzte, die Regentropfen geräuschvoll auf den zähen Feigenblättern auftrafen und dann zur Erde herunter rannen oder als zerbrechliche und vergängliche Perlen die Rosen-und Hibiskusblüten zierten? Hätte ich ihn nicht besuchen und ehren können, ihn, der mich sonst so warm umschloss?

(aus: Zeppelin)
 
Zurück
Oben