Communio versus Kommunikation

Trixi Maus

Sehr aktives Mitglied
Registriert
23. Oktober 2005
Beiträge
26.461
Also ganz platt mal gesagt: bei der ersten Kommunion habe ich kein Wort verstanden aber irgendwie war es doch toll. Bei der Kommunikation ist das heute auch oft so- man scheint sich nicht zu verstehen und doch ist es toll, daß man zusammen kommt. Die Kommunikations-Diplomaten sind mal wieder aktuell am Heiligen Land gescheitert, weil irgendwer es spaßig findet, Bomben zu schmeißen und weil man sich heute den Frieden durch Krieg sichert. Das ist heute eben so in der Kommunikation der Völker: man macht den Frieden mit Waffengewalt. Wenn die Diplomaten nicht mit Kommunikation im Handgepäck reisen würden, sondern mit Communio- was würde wohl passieren auf lange Sicht?

So oder so ähnlich erlebe ich das auch mit der Kommunikation im zwischenmenschlichen Bereich und mich würden da Eure Erfahrungen interessieren. Ich erinnere mich z.B. an meine Herkunftsfamilie- da war keine Communiio zwischen Vater und Mutter und auch keine zwischen Eltern und Kindern und auch keine zwischen den Schwestern. Mit einer meiner Schwestern, da hatte ich stets Communio und so ist das denn auch heute noch. Die andere hat rote Haare und zetert- noch heute, egal was ich aus mir selbst heraus tue. Meine Mutter zetert ständig innerlich mit mir- ich muß nur einen einzigen ungefilterten Satz aus meinem Selbst sprechen, das ein Quäntchen Gefühlsantrieb für meine Worte durchblicken läßt und schon empfindet sie innerlich eine Andersartigkeit von mir, die ich selber niemals würde zu ihr empfinden wollen.

Hier im Forum nerve ich ja damit, daß mir die Art des Auf-Den-Anderen-Und-Seine-Meinung-Draufspringens nun meinerseits an die Nerven geht und daß mir das eigentlich zu blöd ist, mich so abgrenzend im Mein und Dein auseinander zu setzen. Und ich kann nicht glauben, daß wirklich "Sein" nötig sein soll, um aus Kommunikation, wie sie heue üblich ist, zur Communio zu machen. Es kann doch nicht sein, daß dafür Erleuchtung und sonstiges Wachstum nötig ist- ist es nicht damit getan, freundlich zu sein und das Wort des anderen zu belassen, wie es ist? Reicht es nicht aus, dem etwas beizufügen, muß ich da unbedingt draufspringen wie ein Berserker und den anderen korrigieren? Reicht nicht "zeugen" von Worten, muß ich wirklich die Worte des anderen mit meiner Zwischenrede "über-"zeugen? Sind unsere Geister am Ende alle vollkommen überrümpelt mit Inhalten aus Medien und Wissenschaft, aus der Erziehung, die wir vor Jahrzehnten mal "genossen" haben? Woran liegt es wirklich, daß man sich von dem Verhalten so schlecht trennen kann, was Kommunikation zu Communio werden ließe? Und warum besteht da im Allgemeinen gar kein Interesse dran?

Liebe Grüße, Christian
 
Werbung:
hi, christian,

wo ist das maß zwischen dem respekt vor dem anderen und dem legitimen wunsch, sich selbst aufrichtig und vollkommen ausdrücken zu dürfen/können?

wie wägt mann/frau ab zwischen dem mut zur inneren offenheit und der angst vor verletzung. und damit mein ich auch die angst, den anderen zu verletzen!

musst du nicht bereit sein, alles zu verlieren um für wirkliche kommunikation erst präsent zu sein. mit verlieren mein ich auch meine ur-alten ängste. da durch gehen...

ne menge "sein"!
ich glaub, ohne geht es nicht.

lg moni
 
Christian schrieb:
Hier im Forum nerve ich ja damit, daß mir die Art des Auf-Den-Anderen-Und-Seine-Meinung-Draufspringens nun meinerseits an die Nerven geht und daß mir das eigentlich zu blöd ist, mich so abgrenzend im Mein und Dein auseinander zu setzen. Und ich kann nicht glauben, daß wirklich "Sein" nötig sein soll, um aus Kommunikation, wie sie heue üblich ist, zur Communio zu machen. Es kann doch nicht sein, daß dafür Erleuchtung und sonstiges Wachstum nötig ist- ist es nicht damit getan, freundlich zu sein und das Wort des anderen zu belassen, wie es ist? Reicht es nicht aus, dem etwas beizufügen, muß ich da unbedingt draufspringen wie ein Berserker und den anderen korrigieren?

Ich lasse das jetzt einmal nicht auf mich wirken, sondern in mich einwirken und schaue, was es da in mir bewirkt.

....

Ich krieg da spontan ein Bild dazu und versuch das einmal zu schildern. Dieses Auf-die-andere-Meinung-draufspringen, das sieht jetzt da in mir aus wie der Versuch, auf eine große Kokosnuß zu springen und die Schale aufzukriegen. Und damit bin ich schon beim Kern - in jeder Hinsicht - dessen, was ich meine. Es ist nicht nur eine Aggression da drinnen, die verletzt, es ist auch eine Aggression, die was bewirkt. Nämlich daß ich zu einem Kern vordringe. Und das brauchen wir vielleicht im Augenblick manchmal wirklich. Wenn ich immer alles so sein lasse wie es ist mit diesem dümmlichen "Ichliebeeuchallesowieihrseid"-Lächeln, bei dem ich immer dazwischen die Krise krieg, weil das eben verlogen ist und nicht aus der Mitte kommt, sondern aus dem, was man sich vor-stellt als spirituell gewachsenes Wesen, dann bleibt immer alles so wie es ist. Verstehst? Und daran wär ja nun nix Schlimmes, wenn alles in Ordnung wäre, so, wie es ist. Aber das ist es ja nicht. Wir sind hart geworden, mit Schalen um uns rum, und zwar mit ganz vielen Schichten, so wie der Esel im Shrek zum Shrek sagt, du bist eingewickelt in deine vielen Zwiebelschichten, und der Esel, das ist der, der mir seinem Gerede dauernd nervt und alle anderen merken gar nicht, daß sie nirgends hingekommen wären ohne das dauernde nervende Gerede von diesem göttlichen Esellll....

Pfff. Also ich faß das jetzt noch mal kurz zusammen. Es kann gut sein, daß dieses Herumgehacke sein muß, weißt du, Christian-Regnidoen-Spieler, weil wir sonst die Schalen nicht aufkriegen und nicht zum Kern kommen. Und dann hätte es ja auch sein Gutes, das Gehacke.
 
Also ich sehe keinen Widerspruch zwischen lieben und widersprechen.

Übrigens, weil ich nicht katholisch bin und die katholische Kirche nur vom Geigespielen kenne, möchte ich nochmal nachfragen, was denn Communio im Sinne von Kommunion für dich ist, Christian...

K.S.
 
Na gut, weil du gerade offline bist, antworte ich einfach selber.
Es geht im Falle von Communio um Verbindung. Und ich meine gewiss, denn das lebe ich so, dass wir zueinander finden indem wir nicht darauf beharren einen Konsens zu finden. In dem ich mich zum Beispiel nicht mit meinem Ehemann identifiziere, nicht erwarte verstanden zu werden und nicht versuche zu verstehen, kann wahre Begegnung stattfinden. Die Unterschiedlichkeit schätzen und als Quelle der Inspiration erleben... Ich habe mich immer wesentlich wohler in einer Gesellschaft von Individualisten gefühlt, als in der Gesellschaft von Menschen, die sich auf eine gemeinsame Ideologie berufen. Denn diese Ideologie verbindet nur äußerlich. Die Anpassung führt zum Gruppengefühl, aber das stößt mich ab, da es im Wesen künstlich ist, oberflächlich, faul, unverbunden. Bleibt aber jeder in sich und bezieht die eigene Inspiration aus dem individuellen Wesen, dann ist die Vereinigung schon geschehen, da wir in Freiheit alle aus der einen wahren Quelle trinken, die unzählige Daseinsformen nährt. Gigantisch, diese Vielfalt!

K.S.
 
Werbung:
Saraswati schrieb:
Also ich sehe keinen Widerspruch zwischen lieben und widersprechen.

Übrigens, weil ich nicht katholisch bin und die katholische Kirche nur vom Geigespielen kenne, möchte ich nochmal nachfragen, was denn Communio im Sinne von Kommunion für dich ist, Christian...

K.S.
Tja, eine gute Frage. Eher eine Frage des Empfindens, würde ich sagen. Bei der Communio kommt etwas in mich hinein und ich nehme es ohne Fragen auf. Bei der polaren Kommunikation ist- oft, ich übertreib ja so gerne wegen der schönen Energien- dieses ungefilterte Aunehmen und Abgeben des Seins und des Wortes, das in ihm entsteht, gestört. Es werden Worte gesprochen, die irgendwann als Antwort in den Geist gekommen sind, während das Gegenüber noch geredet hat. Kinnaree macht uns vor, wie es eigentlich sein sollte: Erst lesen (zuhören), dann nach innen horchen und dann einen eigenen Sermon schreiben (sprechen). Alleine durch diese Verfahrensweise des vollständigen Aufnehmens einer Information "durchbreche" ich den polaren Mechanismus meines Geistes und gelange auf einmal zur Wahrnehmung der "Energie" des Gegenüber. Mit und mit verlagert sich die Wahrnehmung dann auf das "Bewußtsein", also auf den Wandel im gegenüber. Und dann sieht man eigentlich erst den Menschen innerhalb der "Zeit", also im "jetzt". Wenn man innerlich spricht oder Gedanken hört, hört man nicht im Sinne von vollständiger HInwendung zu, da geht Energie verloren, weil man Zeit abkürzen will, um schneller antworten zu können oder dem Gegenüber gar in's Wort fallen zu müssen.

Führt man ein Gespräch aus dem Selbst, dann konzentriert sich die Energie der Gesprächspartner durch die Blicke der Augen, mit denen man ja auch die natürlichen Worte aus anderen hervorlocken kann, wenn man z.B. oft nickt oder sagt, ja, verstehe etc. Das sind ja uralte Gesprächstechniken, die man da anwenden kann um zu verhindern, daß man dem anderen innerlich dazwischenplappert und ihn mißversteht. Ich selber habe mir angewöhnt, die Worte meines Gegenübers zeitgleich in meinem Halschakra mitzuspüren und sie, wenn Es mich ablenken will, innerlich auch mitzusprechen. Das hab ich mir bei einer Kollegin abgeguckt, die immer alle für dumm hielten, tatsächlich war die für mich gescheiter als alle anderen, weil sie zuhören konnte ohne Unterschied. Die letzten 5 Worte, die ich sprach, redete sie immer laut redend mit, nickte dabei und nahm dann einen eigenen Faden auf.

Sie führte einfach fort, was ich begonnen hatte und so konnten wir zusammen Häuser bauen, ohne uns darüber zu streiten, ob das Fenster rechts oder links an die Türe kommt. So etwas hat man mit "Freunden", das kennt wohl jeder. Communio bedeuete für mich persönlich, jemandem als Freund zu begegnen, glaube ich. Reicht das? Ah ja, fast vergessen: wenn keiner da ist und Es plappert mir innerlich die Wahrnehmung dieses wunderbaren farbigen Universums vor meiner Fensterscheibe weg, dann tue ich so, als ob ich eine Krawatte fresse, die aus Worten besteht. Mein Notheilmittel für selbstmordgefährliche Gedankengänge. Dann bin ich immer noch lustiger beschäftigt, als meine öden Gedanken ständig anzuhören. So eine Lebensgeschichte ist ja lang, sie endet ja innerlich mit dem Tod und solange plappert jemand, wenn man da für sich keine Alternativen sucht. Das ist natürlich insbesondere dann von Belang, wenn die inneren Worte einem nicht gut tun oder wenn man Konflikte irgendeiner Art erlebt, die man durch seine Worte auslösen würde.
Gut- es gibt auch Leute, die sind "naturbreit"- da bin ich immer etwas neidisch. Viele andere streben in der Begegnung eher in die Höhe, wollen sich beweisen und andere überzeugen, weil ihr natürliches Zeugungsbedürfnis nicht anderswo befriedigt wird und da muß man sich eben am besten irgendwo "draufsetzen" und versuchen, das Bewußtsein des anderen für die wesentlichen Dinge im Leben zu verändern. Oder ein bißchen Enthaltsamkeit lernen, geht auch.
 
Zurück
Oben