Danke für deine Antwort, war auch für mich interessant. Ich meditiere seit 2 Jahren, und mach seit kurzem Pranayama Übungen, allerdings kein körperliches Yoga.
Meinst du, das körperliche Yoga ist wichtig? Bin eine faule Ratte
lg
Pan
Was heisst hier schon "wichtig". Es ist letztlich so wichtig, wie du es selbst wichtig findest.
Natürlich wirst du Leute finden, die sagen, das sei absolut unabdingbar. Und du wirst Leute finden, die sagen, es sei völlig vernachlässigbar. Ist alles ziemlich verzwickt.
Vielleicht könnte man sagen, es sei eine Frage des Fokus, den du hast. Nehmen wir die ursprünglichste Form des Buddhismus, die Lehren des Pali-Kanon: Dort lehrt Buddha keinerlei Yoga-Asanas und auch so gut wie gar kein Pranayama.
Hingegen lehrte Buddha ein äusserst systematisches und ausgeklügeltes System, wie mit dem Geist umzugehen sei. Aus diesen Lehren entstand die Vipassana-Praxis. Buddha verstand damals ziemlich gut die Psychologie der Menschen. Wird die Praxis korrekt ausgeführt, so folgen sämtliche energetischen und psychologischen Phänomene mehr oder weniger von alleine. Dies ist der Weg über die Kenntnis des Geistes und in die Einsicht seiner Funktionsweise. Ein erprobter, verlässlicher Weg.
Der tibetische Buddhismus hingegen war stark von den tantrischen Lehren beeinflusst, die ursprünglich nicht zum Buddhismus gehörten. Die tantrischen Lehren hatten schon immer eine ganze Menge von Körperübungen und Übungen zur Beherrschung von Energie. Sehr vereinfacht gesagt, wird dort empfohlen, zuerst den ursprünglichen Lehren des Buddha zu folgen, also ein gründliches Verständnis des Geistes zu erlangen. Das ist dasselbe, wie soeben erwähnt, es scheint sozusagen den Kern des Buddhismus auszumachen.
Wenn das geschehen ist, dann werden üblicherweise die tantrischen Praktiken, welche Körperübungen und Atemübungen und anderes beinhalten, erst begonnen. Ein solides Verständnis für das Prinzip von Shunyata - Leerheit - wird als unabdingbar vorausgesetzt. Besteht dieses Verständnis nicht, so besteht eine gewisse Gefahr, dass man sich in den Phänomenen verliert, die auf dem Yoga-Pfad auftreten können. Diese Phänomene sind jedoch selbst wiederum 'shunya' - also leer. Das Yoga befähigt einen jedoch letztlich durch das Erzeugen von
Samhogakaya und Nirmanakaya, also auch
in diesem Körper, Buddha perfekt zu inkarnieren. Gemäss der Therevada-Lehre ist sowas hingegen gar nicht nötig. Es ist also eine Frage, ob du nach nach dem Erwachen noch das Bedürfnis verspürst, dieses Erwachen auch noch in deinen Körper hineinzubringen oder nicht. Wenn du das tust, dann helfen dir die tantrischen Lehren weiter. Wenn du das nicht tust, dann genügen dir die Unterweisungen des Pali-Kanons.
Tatsächlich definieren deshalb diese beiden buddhistischen Schulen Erwachen oder Erleuchtung auf unterschiedliche Weise.
Im Hinduismus ist die Sache bisschen anders, dort gibt es seit jeher diverse Schulen, die allesamt behaupten, das einzig wahre Yoga zu besitzen. Aus diesem Grunde versuchte irgendwann der ziemlich intelligente Patanjali alle wichtigsten Yoga-Arten seiner Zeit in eine Ordnung zu bringen. Yoga beinhaltet also einen ganze Menge von Praktiken und Techniken, die allesamt angewendet werden können, letztlich aber alle auf dasselbe Ziel hin gerichtet sind.
Rein theoretisch genügt eine einzige Yoga-Art bereits - korrekt angewendet -, um Moksha (Selbst-Realisation) zu erlangen. Aber je mehr Yoga-Arten kombiniert werden, desto grösser die Chance, Moksha auch tatsächlich zu erreichen, desto einfacher der Weg sozusagen.
Wenn du also Hatha-Yoga UND Pranayama UND Bhakti-Yoga UND Dhyana Yoga UND Jnana Yoga ausführst, dann ist die Chance schon beträchtlich, dass du das Richtige tust, welches - eventuell - zu Moksha führen wird.
Wenn du hingegen nicht die Zeit hast, das alles zu tun, dann musst du eine intelligente Auswahl treffen. Bloss: Welche Auswahl ist intelligent? Das ist eine ziemlich schwierige Frage. Am einfachsten dürfte es dann sein, das auszuwählen, wozu du dich natürlicherweise hingezogen fühlst. Beispielsweise bist du ein Bhakti-Typ, super, dann such dir ein Bild von Gott (oder einen Lehrer), dem du dich ganz und gar hingeben kannst. Korrekt ausgeführt wird dich das zum Erwachen führen. Oder du bist eher ein Mensch mit einem ausgeprägten Intellekt und wachen Verstand, vielleicht interessiert an Philosophie und dem Wälzen von verschiedenen Standpunkten. Dann ist vermutlich Jnana-Yoga besser für dich.
Jedoch gilt auch: Oft ist es gerade das, was einem nicht so sehr liegt, wo man selbst am meisten lernen könnte... .