Auf die Frage "Wozu sind wir in der Welt" antwortet der Katechismus (das "Gotteslob") aus der Perspektive des Gotteslobs - um Gott zu loben.
Als ich Kind und im Unterricht zur ersten heiligen Kommunion war, rebellierte ich auch dagegen.
Ich fragte die Eltern, wozu ich auf der Welt war und die Antwort war, dass ich eine gute Tochter sein soll.
Ich fragte die Schwester - sie meinte, weil ich ein Fluch für sie wäre, denn seit dem ich da war, war sie keine alleinherrschende Einzeltochter mehr.
Ich fragte im Laufe des Lebens viele Leute um deren Meinung und siehe da, jeder antwortete mir auf meine Frage so, wie ich in derem Leben jeweils die sinnvollste "Funktion" erfüllte. Geriet ich an einen Narzissten, dann war die Antwort natürlich ganz extrem so ... fragt man also jemand anderen oder ein Buch, ist die Antwort begrenzt auf die Buchdeckel oder die Weite des Geistes des Befragten.
"Was ist der Sinn des Lebens?" - probiert mal aus, diese Frage auf dem Smartphone an Google zu stellen oder an Siri. Die Programmierer haben sich Antworten dazu einfallen lassen. Interessant. Auch dort ist die Antwort eine Funktion für die jeweiligen Dienste.
Man bekommt, wenn man andere fragt oder Bücher, also nur die Antwort, wer man für diese anderen Menschen ist.
Fragt man das eine Religion so ist die Ausübung der jeweiligen Religion die Antwort.
Daher ist die Frage, an einen selbst gerichtet, mit den ergiebigsten Antworten gesegnet. Jeder Minute des eigenen Daseins gibt Antwort auf diese Frage, das denke ich.
In einer Mußestunde kann man sich mal das Gedankenspiel einfallen lassen, das da heißt: Wenn ich nicht mein Leben gelebt hätte bisher, wenn alles, was ich tat, ungetan geblieben wäre oder von einem anderen erledigt worden wäre, wie sähe das Leben anderer Menschen aus? Wenn ich nie jemandem begegnet wäre, wie sähe deren Leben aus? Es gibt Zeitreise-Sci-Fi-Filme, die so etwas veranschaulichen, eine Welt ohne eine bestimmte Person. Die Welt ist eine andere.
Da ist meiner Meinung nach die Antwort: Jeder Mensch hat seine Geschichte in der Welt und die Geschichte der ganzen Welt wäre eine andere, wenn die eigene Geschichte fehlt.
Das Drehbuch dazu schreiben wir jeden Tag selbst.
Das ist die Freiheit, die uns Gott gab, denn in jedem von uns steckt ein Splitterchen von Gott, der durch unsere Augen seine Schöpfung betrachtet und sich mit uns freut und leidet, wie es die Menschen tun - das glaube ich heute.
Woran aber jeder Einzelne glaubt - das steht jedem auch frei.
Als Kind konnte ich nicht so abstrakt denken mit dem Splitter Gottes in jedem Menschen und der Willensfreiheit - da hab ich auch gedacht, Gott ist ein Vollidiot und erlaubt dem Pastor zu lügen, Kinder anzufassen, drei Autos zu fahren und Enthaltsamkeit und Armut zu predigen.
Heute weiß ich aber, dass das des Pastors Entscheidung war und nicht Gottes Macht.
Alles Liebe
Eva