Kvatar
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Als Wissenschaftler Anfang des 20. Jahrhunderts die Natur der Materie und des Atoms erforschten, stellten sie fest, daß Materie gar nicht so real ist, wie sie immer dachten - sie besteht offenbar eher aus Energieballungen, die man als stehende Wellen elektronischer Energie beschreiben kann.
Insbesondere konnten die Physiker Aufenthaltsort und Impuls eines Elektrons nur beschreiben als Funktion von Wahrscheinlichkeiten - zudem mußten sie anerkennen, daß das Elektron und damit alle Materie offenbar Eigenschaften von Bewußtsein besitzt. Durch diese Erkenntnisse hat sich die Wissenschaft letztlich selbst den Boden für ihre materialistische Grundeinstellung unter den Füßen fortgezogen.
Angesichts dieser Einsichten soll Albert Einstein - wahrscheinlich der größte Physiker des 20. Jahrhunderts - einmal gesagt haben : "Es sieht immer mehr so aus, als ob das ganze Universum nichts anderes ist als ein einziger grandioser Gedanke!" - und damit erkannte er wirklich den Kern der Wahrheit.
Die Mathematik, die seit jeher die Musterdisziplin der Wissenschaft war, hatte durch den Beweiss, dass das fünfte Euklidische Postulat nicht bewiesen werden kann, einen Knacks bekommen. Indem unser geometrisches System aber die Richtigkeit dieses Postulats erfordert, wurde die Mathematik - ganz im Sinne des Konstruktivismus - als sich selbst stützendes Gedankengebäude offenkundig. Nachdem das eine geometrische System nun offenbar nicht das "Wahre", "Richtige", "Absolute" war, sondern vielmehr ein mögliches System, dauerte es nicht mehr lange, bis man weitere geometrische Systeme fand, die ebenfalls funktionierten. Gemäß der Einstein'schen Relativitätstheorie beschreibt die Riemann'sche Geometrie am besten die Welt in der wir leben.
Seitdem spricht man in der Forschung bewusst nicht mehr von Wahrheiten, sondern von Thesen und Theorien. Man bildet sich schon seit den 60ern nicht mehr ein, irgendwelche TATSACHEN lediglich zu finden. NELSON GOODMAN beschreibt es eher als die "Erfindung von Tatsachen". PIRSIG resümiert, dass auch die Wissenschaft nur Ideen anzubieten habe und sich hier im Grunde nicht von der Religion unterscheidet. HORKHEIMER und ADORNO nahmen in ihre "Dialektik der Aufklärung" eine besonders kritische Haltung zur Wissenschaft ein und proklamierten eine Reaktivierung der Gültigkeit des Mythos, der gemäß der jahrtausende alte Diskussion nicht gegenüber dem logos zurückzusetzen sei (siehe zB WIKIPEDIA, Schlagwörter -Scholastiker, Mythos, logos, Sophisten, Arete).
Sosehr es auch richtig ist, dass die Wissenschaft letzlich auch nur Erklärungsmodelle anbieten kann, die obendrein immer in einer mythischen Dimension enden (zB Atommodelle; siehe aber auch die Mythostheorien zB von Roland Barthes, "Mythen des Alltages"), so mindert dies dennoch nicht den Wert der wissenschaftlichen Aussage.
Die Wissenschaft ist bemüht, Aussagen über die Zusammenhänge von Ursachen und Wirkungen zu treffen. Die ständige Selbstkontrolle im Versuch, eine Hypothese zunächst zu falsifizieren, schafft die Sicherheit, dass eine Theorie oder Aussage die Erscheinungen des Alltags möglichst exakt abbildet und ihr Auftreten zusätzlich vorhersehbar macht.
Die Weiterentwicklung der Atommodelle bis zum heutigen Quantenmodell (bzw. dem Orbitalmodell in der Schule, mit den von Dir angesprochenen Elektronenkonfigurationen und den Spin-Berechnungen etc.) dokumentiert meiner Meinung nach sehr eindrucksvoll, dass Wissenschaft sich ständig verändert und bisherige Theorien durch bessere zu ersetzen versucht.
Die Wissenschaft verhält sich hier meiner Meinung nach wesentlich besser als zB die überkommenen Religionen, die sich seit Jahrtausenden nicht weiterentwickeln, und mit ihren dogmatischen Aussagen immer weniger mit den neuen Lebenserfahrungen in Einklang zu bringen ist. So dürfte sich m.E.die Menschheit richtig entschieden haben, als sie den biblischen Schöpfungsbericht gegen die Evolutionstheorie austauschte.
Grz,
KTG