Wir sind Boes - Brandbrief eines entschiedenen Bürgers

Bei einer Vollsanktion verfällt alles, sogar das Geld für die Miete und KV. Dem Arbeitslosen droht in dem Fall die Obdachlosigkeit, da die Sanktionen meist für ca. 3 Monate verhängt werden.
Soweit ich informiert bin sollen die Essensgutscheine auf Darlehenbasis vergeben werden, so dass der Hartzler nach der Sanktion diese zurück bezahlen muss.
....und das ist bereits ein Todesurteil, von Entwürdigung möchte ich dabei gar nicht mehr reden.

Also meine Meinung ist dass die physische Existenz auf jedenfall sichergestellt werden muss. Wenn das nicht so ist, ist das eine verfickte Sauerei! :D

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv125175.html

"1. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. "

Das müsste doch eigentlich heissen, dass der Staat unabhängig jedem Geld zahlen müsste? Oder etwa nicht? Oder irgendeine andere Form. Auf jedenfalls darf der Staat nicht einfach zuschauen, wie Hatz4'ler wegsterben?
 
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Aber natürlich muss geschaut werden, dass ein Hatz4ler seine Nahrung bekommt. Und die bekommt er ja anscheinend auch wenn er sanktioniert wird eben durch Essensgutscheine.

Na ja, da liegt das Problem. Das Gesetz sagt der ALG 2 Empfänger SOLL dann Lebensmittelgutscheine bekommen. Auf dem Amt wird aus dem Soll ein Kann, obwohl das BVG sagt, dass das Soll ein Muß sei - andere Gerichte aber aus dem Muß bis jetzt ein Muß auf Darlehensbasis gemacht haben - will heißen Sanktion zu ende - ALG 2 Empfänger muss in Raten von seinem GEld die Lebensmittelgutscheine zurück bezahlen !

Zudem kommt das Dilemma wer zu 90 % sanktioniert ist, hat kein Geld mehr für Strom und/oder Telekommunikation, Briefporto usw., wie soll ein Mensch dann die bis 8 geforderten Bewerbungen im Monat leisten, wo er zumindest das Geld dafür vorstrecken muß - dafür gibt es nämlich keine Gutscheine.

LG Siegmund
 
Bei einer Vollsanktion verfällt alles, sogar das Geld für die Miete und KV. Dem Arbeitslosen droht in dem Fall die Obdachlosigkeit, da die Sanktionen meist für ca. 3 Monate verhängt werden.
Soweit ich informiert bin sollen die Essensgutscheine auf Darlehenbasis vergeben werden, so dass der Hartzler nach der Sanktion diese zurück bezahlen muss.
....und das ist bereits ein Todesurteil, von Entwürdigung möchte ich dabei gar nicht mehr reden.

Das ist kein Todesurteil, sondern ein Verschuldungsurteil.
Der Staat stellt damit dem Sanktionierten weiterhin die Möglichkeit zur Verfügung, sich zu ernähren und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Allerdings mit der Auflage, dass dies ein Darlehen darstellt.
Das heißt zweierlei:
1. Der Staat sichert ihm immer noch die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts. Diese Mittel kriegt er, laut dem Gesetz. Er muss sie in diesem Fall zurückzahlen. Müsste er das nicht, wären die Sanktionen reine Scheinmaßnahmen - denn am Ende würde der Sanktionierte ja ebenso wieder alles ohne Gegenleistung bekommen.
2. Der Sanktionierte hat jederzeit die Möglichkeit, die von ihm geforderten Auflagen zu erfüllen. Es hat also eine doppelte freie Willensentscheidung; er kann entweder die Auflagen erfüllen und sein Geld "einfach so" bekommen, oder er kann sich entscheiden, die Auflagen nicht zu erfüllen, dann werden ihm die Mittel noch immer zur Verfügung gestellt, allerdings unter der Bedingung, dass die Leistung ein Darlehen ist.

Damit wird die Verfassungsmäßigkeit begründet.
 
Nun,

die "materiellen Voraussetzungen schaffen" wäre nicht unbedingt, jedem einen Betrag XY auf's Konto zu überweisen, sondern die Voraussetzungen bereitzustellen.

Kitaplätze, ein Bildungssystem, öffentliche Büchereien, Leute vor Gewalt schützen gehört auch dazu, ebenso, wie das es überhaupt Sozialhilfe und soziale Versicherungen gibt. Und anderes mehr.

Es ist dann weiterhin die gesellschaftliche Pflicht des Menschen, dies in Anspruch zu nehmen, sich also einen Job zu suchen, für seine Existenz selbst aufzukommen. Wer dies nicht kann, wäre nicht in Arbeit vermittelbar und kann Sozialhilfe beantragen, muss dann natürlich nachweisen, dass er gesundheitlich nicht in der Lage ist, dies zu tun.

Da steht eben nichts von Bringschuld für Jedermann.

Ein anderes Bild wäre ein Staat, der, wie in England der Fall, jedem Bürger eine Fläche XY zur Selbstversorgung bereitstellt, wer das möchte. Da kannste hingehen und sagen: ich will mein Gemüse anbauen, dann bekommst du deine Parzelle und kannst dein Gemüse anbauen. Der Staat dort wird aber nicht für dich Landwirt spielen, säen, ernten, sich kümmern. Sprich auch da musst du dann selbst tätig werden.

LG
Any
 
Hallo Any,

Hi lieber Siegmund,

ich finde deinen Beitrag und deine Schilderungen wunderbar, wirklich.

Unser Plan sieht ähnlich aus, sich in Selbstversorgung üben, die Natur umsichtig nutzen lernen (Permakultur) und in ganz kleinem Stil setze ich dies im Rahmen meiner Möglichkeiten um.

Das Menschen so aufwachsen, das sie nicht aus sich selbst heraus die Haltung gewinnen, z.B. arbeiten zu dürfen (egal ob bezahlt oder zum Privatvergnügen), sondern alles immer zu müssen, kann ja nur in Verweigerungshaltungen und Leid ausarten. Wen es interessiert, John Taylor Gatto* beschreibt sehr gut, wie schon Kinder in ein chaotisches System hineingesetzt werden, die später die eigentlichen Zusammenhänge gar nicht mehr erkennen können.

Und die sie erkennen, also, das ist ja kaum auszuhalten, zu "sehen", was in der Welt so abgeht und den Humor zu bewahren und die Lebensfreude.

Trotzdem täte ich so manch einem H4ler gerne in den Allerwertesten treten und ihn auffordern, selbst im Rahmen seiner Möglichkeiten diese Veränderung zu sein, die er sich wünscht.

Ich glaube nämlich, da geht sehr viel mehr und dazu noch gewaltfrei, als sich die Leute vorstellen mögen.

LG
Any

* hier gibt es eine Leseprobe: http://www.genius-verlag.de/main/Bue...hr.php?Vid=141

Im Moment setzte ich/wir das Alles auch in einem kleineren Rahmen um als das wünschenwert wäre. Das Entscheidende ist aber zum einen immer wieder die Beziehung zur Nachbarschaft, vieles bekommen wir an Obst geschenkt weil es niemand aufsammelt und verarbeitet. Zum Anderen wirklich sein Naturumfeld zu kennen, zu wissen was man an Eßbarem zu welcher Jahreszeit, an welchem Ort sammeln kann. Na ja solange das wenige tun geht das Alles, wenn aber die Städter mal hungern und auf's Land kommen siehst das anders aus.

Zur Gemeinschafts- und Konsensbildung empfehle ich den Autor: Scott Peck.

LG Siegmund
 
Mich verwirrt das ganze momentan nur noch.

Der Staat streckt seine helfende Hand aus und der Hartz4ler kann die Hand annehmen oder nicht. Letztlich ist es ja seine eigene freie Willensentscheidung. Ich finde es auch nicht unbedingt verwerflich wenn der Staat dafür etwas verlangt. Es gibt gute Gründe dafür etwas zu verlangen.

Boes hungerstreik ist ja auch von ihm gewollt, oder etwa nicht?
 
@tarbagan,

2. Der Sanktionierte hat jederzeit die Möglichkeit, die von ihm geforderten Auflagen zu erfüllen. Es hat also eine doppelte freie Willensentscheidung; er kann entweder die Auflagen erfüllen und sein Geld "einfach so" bekommen, oder er kann sich entscheiden, die Auflagen nicht zu erfüllen, dann werden ihm die Mittel noch immer zur Verfügung gestellt, allerdings unter der Bedingung, dass die Leistung ein Darlehen ist.

Wenn Du jedoch aus welchen Gründen auch immer und glaub mir "fähige Job-Center-Mitarbeiter", denen deine Nase nicht passt schaffen das ! Was dann ? Nämlich ganz einfach: Ich schicke dir als ALG 2 Empfänger gezielt Freitagnachmittag eine Einladung für Montag morgen 8 Uhr - ist die Post nicht pünktlich da, hast ein Problem und beweis mal dass du die Post später erhalten hast - Telefonisch erreichst Du niemanden beim Job-Center. Oder ich fordere von einer ALG 2 - Empfängerin die zuhause jemand mit Demenz pflegt an einem, dem selben, Bewerbertraining zum dritten Mal teil zu nehmen, lehne Widersprüche ohne endgültigen Bescheid ab - da musst Du echt auf Zack sein dich zu wehren - sonst hast Du erstmal eine Sanktion ander Backe. Oder schon mal geschildert ich streiche, wegen einer Gesetzesänderungs anderswo, jemand der sich mühsam zu einer Ausbildung durchgerungen hat komplett das Geld. Bis der sich erfolgreich gewehrt hätte wäre er leider ohne meine Hilfe verhungert- bekam nach 3 Monaten das Geld das ihm zustand.

Oder ich teile jemanden nicht mit, dass er die Zuschüsse für Bewerbungen zuerst beantragen muss, hat er sich so beworben und bewerben ist Pflicht - Absagen muss Du nachweisen, übrigens auch nicht so einfach, hast jemand das Geld halt von seinen Lebenshaltungskosten bezahlt.

Ich bin jetzt mal provokativ: Angenommen mir würde deine Nase nicht passen - Hey wenn ich wollte als JC-Mitarbeiter, würde ich dich locker "platt machen" - eh Du ne Ahnung hast wie der Hase läuft - und mir würde gar nichts an Konsequenzen passieren, im Gegenteil die Zeit die ich Dir nichts auszahlen musste, würde mein Chef schon allein wegen der Statistik und weil ich seine Vorgaben befolgt habe, als Erfolg werten - das ist die Wirklichkeit mein Liebe !

Und siehe was ich gerade schrieb:

Zudem kommt das Dilemma wer zu 90 % sanktioniert ist, hat kein Geld mehr für Strom und/oder Telekommunikation, Briefporto usw., wie soll ein Mensch dann die bis 8 geforderten Bewerbungen im Monat leisten, wo er zumindest das Geld dafür vorstrecken muß - dafür gibt es nämlich keine Gutscheine.

LG Siegmund
 
Werbung:
Das ist kein Todesurteil, sondern ein Verschuldungsurteil.
Der Staat stellt damit dem Sanktionierten weiterhin die Möglichkeit zur Verfügung, sich zu ernähren und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Allerdings mit der Auflage, dass dies ein Darlehen darstellt.
Das heißt zweierlei:
1. Der Staat sichert ihm immer noch die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts. Diese Mittel kriegt er, laut dem Gesetz. Er muss sie in diesem Fall zurückzahlen. Müsste er das nicht, wären die Sanktionen reine Scheinmaßnahmen - denn am Ende würde der Sanktionierte ja ebenso wieder alles ohne Gegenleistung bekommen.
2. Der Sanktionierte hat jederzeit die Möglichkeit, die von ihm geforderten Auflagen zu erfüllen. Es hat also eine doppelte freie Willensentscheidung; er kann entweder die Auflagen erfüllen und sein Geld "einfach so" bekommen, oder er kann sich entscheiden, die Auflagen nicht zu erfüllen, dann werden ihm die Mittel noch immer zur Verfügung gestellt, allerdings unter der Bedingung, dass die Leistung ein Darlehen ist.

Damit wird die Verfassungsmäßigkeit begründet.

Wovon soll er die Schulden für Essensmarken bezahlen? Von seinem H4-Existenzminimum?

Ich recherchiere seit langem bzgl. dieser Themen.
Hier mal so ein Beispiel direkt von unserer lieben Arge:

Rechtsfolgenbelehrung:

Die §§ 31 bis 31b Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sehen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten Leistungsminderungen vor. Das Arbeitslosengeld Ii kann danach – auch mehrfach nacheinander – gemindert oder vollständig verfallen.

Wenn Sie erstmals gegen die mit Ihnen vereinbarten Eingliederungsbemühungen verstoßen (siehe Nr. 2. Bemühungen des Kunden), wird das Ihnen zustehende Arbeitslosengeld Ii um einen Betrag in Höhe von 30 Prozent des für Sie maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB Ii gemindert.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass bei einem wiederholten Verstoß gegen die mit Ihnen vereinbarten Bemühungen das Ihnen zustehende Arbeitslosengeld Ii um einen Betrag in Höhe von 60 Prozent des für Sie maßgebenden Regelbedarfs gemindert wird. Bei weiteren wiederholten Pflichtverstößen entfällt ihr Arbeitslosengeld II vollständig. Die Kosten der Unterkunft und Heizung werden dann in der Regel direkt an ihren Vermieter oder einen sonstigen Empfangsberechtigten gezahlt.

Die Minderung dauert drei Monate (Sanktionszeitraum) und beginnt mit dem Kalendermonat nach Zugang des Sanktionsbescheids. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfen nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe).

Leistungsminderungen treten nicht ein, wenn Sie einen wichtigen Grund für Pflichtverstoß nachweisen können. Ein nach Ihrer Auffassung wichtiger Grund, der jedoch nach objektiven Maßstäben nicht als solcher anerkannt werden kann, verhindert nicht den Eintritt der Leistungsminderung.

Wichtige Hinweise:

Sanktionszeiträume aufgrund der Verletzung von Meldepflichten und Verstößen gegen vereinbarte Eingliederungsbemühungen können sich überschneiden. In den Überschneidungsmonaten werden die Minderungsbeträge addiert.

Führen die Leistungsminderungen dazu, dass gar kein Arbeitslosengeld II mehr gezahlt wird, werden auch keine Beträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt.

Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes Ii um mehr als 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs können auf Antrag ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbracht werden. Diese sind grundsätzlich zu erbringen, wenn minderjährige Kinder in der Bedarfsgemeinschaft leben. Beachten Sie aber, dass Sie vorrangig Ihr Einkommen und verwertbares Vermögen zur Sicherung des Lebensunterhalts einsetzen müssen.
Bei einer Gewährung von Sachleistungen oder geldwerten Leistungen bleibt der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bestehen.

Den vereinbarten Eingliederungsbemühungen müssen Sie auch während eines Sanktionszeitraums nachkommen, auch wenn Ihr Arbeitslosengeld Ii wegen eines Pflichtverstoßes vollständig weggefallen ist.

Auch die Verpflichtung, sich bei der im Briefkopf genannten Stelle persönlich zu melden oder auf Aufforderung zu einer ärztlichen oder psychologischern Untersuchung zu erscheinen, bleibt während des Sanktionszeitraumes bestehen.
(Stellt euch mal vor, einer muss mit der Bahn zur Arge fahren und hat kein Geld für die Fahrkarte gerade wegen der Sanktion! :rolleyes:)

Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften können Sie bei der im Briefkopf genannten Stelle einsehen.
 
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