Tommy
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Bevor es mit der sicherlich hochinteressanten Karma-Diskussion weitergeht, möchte ich mal ein kleines Resümee versuchen, was ich aus der bisherigen Diskussion zur eigentlichen Threadfrage ziehe.
Die Frage nach dem allerersten Anfang ist zugleich die Frage, was *vor* 13,7 Milliarden Jahren (dieses Lebensalter unseres Universums haben die letzten Daten der NASA-Sonde MAP ergeben http://www.pro-physik.de/Phy/leadAr...13DD1998C4E25711756D1E2278996?mid=2&laid=1649 ), also "vor" dem Urknall war. Ich sehe im Moment fünf sinnvolle Antwortstrategien auf die Themafrage, eine interessanter als die andere.
1. Die Annahme eines Erstverursachers mit Inkaufnahme des logischen Paradoxes, daß dieser Erstverursacher zugleich Ursache seiner selbst sein müßte (sonst wäre es kein Erstverursacher), bzw. daß er aus dem Nichts hervorging.
2. Eine prinzipiell erkenntniskritische Position, die sich auf Kants Aufweis der Erkenntnisgrenzen menschlicher Vernunft bezieht. Die Antwort lautet dann:
Da es den Angehörigen der Gattung Mensch nicht möglich ist, außerhalb der ordnenden Kategorien eines *Vorher* und *Nachher*, einer *Ursache* und einer *Wirkung* zu denken, wird die Beantwortung für uns immer ein Rätsel bleiben. Denn uns ist es aufgrund mangelhafter Ausstattung unseres Erkenntnisapparates verwehrt, etwas konkret zu denken, was sich außerhalb von Zeit und Raum und außerhalb kausaler Verknüpfungszusammenhänge befände. Deshalb ist die Frage, was vor dem Urknall war, in Zusammenhängen menschlichen Denkens und Erkennens sinnlos. (vielleicht wäre diese Frage lösbar für ein extraterristisches Denken, welches sich außerhalb der kategorialen Begrenztheit irdischen Denkens bewegte...)
3. Man schlägt sich auf die Seite des kosmologischen Standardmodells, die auf Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie basiert. Es geht davon aus, daß sich Raum und Zeit erst mit der Explosion der Ursingularität (Punkt unendlicher Dichte) bilden.
"Wenn die klassische Allgemeine Relativitätstheorie richtig ist, so folgte aus den Singularitätstheoremen, die Roger Penrose und ich bewiesen haben, daß der Anfang der Zeit ein Punkt von unendlicher Dichte und unendlicher Krümmung der Raumzeit war. Alle bekannten Naturgesetze würden an einem solchen Punkt ihre Gültigkeit verlieren."
(Stephen W. Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit, rororo, S.169)
Und:
"Man kann sagen, daß die Zeit mit dem Urknall beginnt - in dem Sinne, daß frühere Zeiten einfach nicht definiert sind." (S.23)
Das bedeutet zugleich auch: Eine Frage nach einem Davor muß notwendig scheitern, weil man dann zeitliche Kategorien an etwas (oder genauer: nichts) heranträgt, was jenseits der Zeit wäre. Wenn "Zeit" und "Raum" erst mit der Urknall-Singularität entstehen, kann es kein "Davor" gegeben haben. Und es macht keinen Sinn, sich überhaupt auch nur vorstellen zu wollen, hinter diesen Punkt Null, wo alle Naturgesetze zusammenbrechen, wo es weder Raum noch Zeit gibt, zurückgehen zu wollen, da es jenseits dieses Punktes weder ein "Davor" noch ein "Danach", weder ein "hier" noch ein "dort" gibt. Sondern ein Nichts. Und selbst das ist noch eine paradoxe sprachliche Formulierung. Weil, wenn man sagt, jenseits der Singularität sei "nichts", so behauptet man ja bereits das "nichts" "etwas" sei. Auch die Sprachkategorien versagen hier.
4. Man geht, hypermodern, vom kosmologischen Konzept eines Multiversums, etwa *Marke Linde*, aus:
"In einem Schaumbad aus vielen Universen ist unser All nur eine winzige Seifenblase. Es gab viele Big Bangs, in denen viele Universen entstanden sind - ein `Multiversum‘ im Gegensatz zum Universum der alten Urknall-Theorie. Jeder der Big Bangs wurde ausgelöst durch die Aufblähung (Inflation) eines Energiefelds (Higgs-Feld), das schon vor dem jeweiligen Urknall existierte. Die Inflationstheoretiker behaupten, das die Bildung der Universen nicht abgeschlossen ist - ständig bilden sich neue, während andere untergehen. Das vierdimensionale Multiversum wird symbolisch als eine Art "Raum-Zeit-Schaum" angesehen, in dem unser heimatlicher Kosmos nur eine "Seifenblase" unter vielen ist." (PM 5/2001)
Allerdings reicht man das Ursprungsproblem dann nur an eine immer schon ohne zeitlichen Anfang existierende Größe, nämlich das allgegenwärtige "Higgs-Feld" ab. In der Tat ist dieses Higgs-Feld so ziemlich die mysteriöseste Konstruktion die sich Physiker haben einfallen lassen: auf der einen Seite muß es postuliert werden, sonst bräche die gesamte bislang bekannte Elementarteilchen-Physik zusammen. Das Higgs-Feld *informiert* diesem Modell zufolge die einzelnen Teilchen erst, es weist ihnen erst ihre Masse zu. Auf der anderen Seite ist bislang jeglicher Versuch gescheitert, Indizien für sein Vorhandensein, etwa durch Nachweis von sog. "Higgs-Bosonen", die theoretisch postuliert werden, zu erbringen. Aber das Higgs-Feld ist ein notwendiges, unabdingbares Postulat, das offenbar unverzichtbar ist, andernfalls gäbe es keine konsistente Realität, so wie wir sie kennen. Der italienische Physiker Ugo Amaldi, der am Europäischen Laboratorium für Teilchenphysik (Cern) arbeitet, drückt es so aus:
http://www.muslix.de/LOCH/vak.htm
Hinter diesem Scherzchen verbirgt sich aber durchaus die sinnvolle Frage, was es denn nun wiederum mit diesem seltsamen Feld auf sich habe und welche Eigenschaften es aufweise, um "Realität" in unserem definierten Sinne zu erzeugen.
5. Die "Immer-schon-dagewesen"-Hypothese. Sie umgeht mehr oder minder elegant die Ursprungsfrage, ignoriert damit aber das Kausalitätsproblem.
Auf das materielle Universum, das wir kennen, kann sie nicht angewendet werden, da alle Daten, die wir haben, auf einen Anfang des Universums hindeuten (siehe oben), wohl aber auf einen Schöpfer selbst. Falls man Position 3 mit Position 5 koppelt, erhält man noch ein interessantes Argument für die "Immer-schon-dagewesen-Hypothese. Wenn nämlich die Zeit mit der Explosion der Anfangssingularität entsteht und es also einen Zustand der Nicht-Zeit vor dem Big-Bang gegeben haben muß, entfiele das Kausalitätsproblem. Denn *Ursache- Wirkung* ist nur innerhalb eines zeitlichen Rahmens sinnvoll zu denken, innerhalb eines Zustandes der Nicht-Zeit fielen Ursache und Wirkung zusammen ( da es kein "Vorher"- Ursache- und kein "Nachher"- Wirkung gäbe. Innerhalb eines solchen Zustandes der Zeitlosigkeit bedürfte es also keiner Verursachung bzw. Ursache und Wirkung fielen zusammen, bzw. etwas könnte die Ursache seiner selbst sein oder wie wir es auch immer nennen wollen. Auch könnte dieser Zustand der Nicht-Zeit und des Nicht-Raumes, also des Nichts als Leere mit unendlichen Potentialen beschrieben werden, so wie Amanda das im "Void"-Begriff vorgeschlagen hat. Die Möglichkeiten selbst bedürften aus ebengenannten Gründen keiner Begründung bzw. Ursächlichkeit.

Die Frage nach dem allerersten Anfang ist zugleich die Frage, was *vor* 13,7 Milliarden Jahren (dieses Lebensalter unseres Universums haben die letzten Daten der NASA-Sonde MAP ergeben http://www.pro-physik.de/Phy/leadAr...13DD1998C4E25711756D1E2278996?mid=2&laid=1649 ), also "vor" dem Urknall war. Ich sehe im Moment fünf sinnvolle Antwortstrategien auf die Themafrage, eine interessanter als die andere.
1. Die Annahme eines Erstverursachers mit Inkaufnahme des logischen Paradoxes, daß dieser Erstverursacher zugleich Ursache seiner selbst sein müßte (sonst wäre es kein Erstverursacher), bzw. daß er aus dem Nichts hervorging.
2. Eine prinzipiell erkenntniskritische Position, die sich auf Kants Aufweis der Erkenntnisgrenzen menschlicher Vernunft bezieht. Die Antwort lautet dann:
Da es den Angehörigen der Gattung Mensch nicht möglich ist, außerhalb der ordnenden Kategorien eines *Vorher* und *Nachher*, einer *Ursache* und einer *Wirkung* zu denken, wird die Beantwortung für uns immer ein Rätsel bleiben. Denn uns ist es aufgrund mangelhafter Ausstattung unseres Erkenntnisapparates verwehrt, etwas konkret zu denken, was sich außerhalb von Zeit und Raum und außerhalb kausaler Verknüpfungszusammenhänge befände. Deshalb ist die Frage, was vor dem Urknall war, in Zusammenhängen menschlichen Denkens und Erkennens sinnlos. (vielleicht wäre diese Frage lösbar für ein extraterristisches Denken, welches sich außerhalb der kategorialen Begrenztheit irdischen Denkens bewegte...)
3. Man schlägt sich auf die Seite des kosmologischen Standardmodells, die auf Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie basiert. Es geht davon aus, daß sich Raum und Zeit erst mit der Explosion der Ursingularität (Punkt unendlicher Dichte) bilden.
"Wenn die klassische Allgemeine Relativitätstheorie richtig ist, so folgte aus den Singularitätstheoremen, die Roger Penrose und ich bewiesen haben, daß der Anfang der Zeit ein Punkt von unendlicher Dichte und unendlicher Krümmung der Raumzeit war. Alle bekannten Naturgesetze würden an einem solchen Punkt ihre Gültigkeit verlieren."
(Stephen W. Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit, rororo, S.169)
Und:
"Man kann sagen, daß die Zeit mit dem Urknall beginnt - in dem Sinne, daß frühere Zeiten einfach nicht definiert sind." (S.23)
Das bedeutet zugleich auch: Eine Frage nach einem Davor muß notwendig scheitern, weil man dann zeitliche Kategorien an etwas (oder genauer: nichts) heranträgt, was jenseits der Zeit wäre. Wenn "Zeit" und "Raum" erst mit der Urknall-Singularität entstehen, kann es kein "Davor" gegeben haben. Und es macht keinen Sinn, sich überhaupt auch nur vorstellen zu wollen, hinter diesen Punkt Null, wo alle Naturgesetze zusammenbrechen, wo es weder Raum noch Zeit gibt, zurückgehen zu wollen, da es jenseits dieses Punktes weder ein "Davor" noch ein "Danach", weder ein "hier" noch ein "dort" gibt. Sondern ein Nichts. Und selbst das ist noch eine paradoxe sprachliche Formulierung. Weil, wenn man sagt, jenseits der Singularität sei "nichts", so behauptet man ja bereits das "nichts" "etwas" sei. Auch die Sprachkategorien versagen hier.
4. Man geht, hypermodern, vom kosmologischen Konzept eines Multiversums, etwa *Marke Linde*, aus:
"In einem Schaumbad aus vielen Universen ist unser All nur eine winzige Seifenblase. Es gab viele Big Bangs, in denen viele Universen entstanden sind - ein `Multiversum‘ im Gegensatz zum Universum der alten Urknall-Theorie. Jeder der Big Bangs wurde ausgelöst durch die Aufblähung (Inflation) eines Energiefelds (Higgs-Feld), das schon vor dem jeweiligen Urknall existierte. Die Inflationstheoretiker behaupten, das die Bildung der Universen nicht abgeschlossen ist - ständig bilden sich neue, während andere untergehen. Das vierdimensionale Multiversum wird symbolisch als eine Art "Raum-Zeit-Schaum" angesehen, in dem unser heimatlicher Kosmos nur eine "Seifenblase" unter vielen ist." (PM 5/2001)
Allerdings reicht man das Ursprungsproblem dann nur an eine immer schon ohne zeitlichen Anfang existierende Größe, nämlich das allgegenwärtige "Higgs-Feld" ab. In der Tat ist dieses Higgs-Feld so ziemlich die mysteriöseste Konstruktion die sich Physiker haben einfallen lassen: auf der einen Seite muß es postuliert werden, sonst bräche die gesamte bislang bekannte Elementarteilchen-Physik zusammen. Das Higgs-Feld *informiert* diesem Modell zufolge die einzelnen Teilchen erst, es weist ihnen erst ihre Masse zu. Auf der anderen Seite ist bislang jeglicher Versuch gescheitert, Indizien für sein Vorhandensein, etwa durch Nachweis von sog. "Higgs-Bosonen", die theoretisch postuliert werden, zu erbringen. Aber das Higgs-Feld ist ein notwendiges, unabdingbares Postulat, das offenbar unverzichtbar ist, andernfalls gäbe es keine konsistente Realität, so wie wir sie kennen. Der italienische Physiker Ugo Amaldi, der am Europäischen Laboratorium für Teilchenphysik (Cern) arbeitet, drückt es so aus:
"Wenn Gott einen Schalter für das Higgs-Feld hätte und er würde diesen eines Abends vor dem Zu-Bett-Gehen umlegen, dann wäre im selben Moment alles und jedes im Universum verschwunden. Weil alle Partikel, aus denen wir selbst gemacht sind, aus denen Sterne und Planeten bestehen, augenblicklich masselos wären und mit Lichtgeschwindigkeit auseinanderfliegen würden."
http://www.muslix.de/LOCH/vak.htm
Hinter diesem Scherzchen verbirgt sich aber durchaus die sinnvolle Frage, was es denn nun wiederum mit diesem seltsamen Feld auf sich habe und welche Eigenschaften es aufweise, um "Realität" in unserem definierten Sinne zu erzeugen.
5. Die "Immer-schon-dagewesen"-Hypothese. Sie umgeht mehr oder minder elegant die Ursprungsfrage, ignoriert damit aber das Kausalitätsproblem.
Auf das materielle Universum, das wir kennen, kann sie nicht angewendet werden, da alle Daten, die wir haben, auf einen Anfang des Universums hindeuten (siehe oben), wohl aber auf einen Schöpfer selbst. Falls man Position 3 mit Position 5 koppelt, erhält man noch ein interessantes Argument für die "Immer-schon-dagewesen-Hypothese. Wenn nämlich die Zeit mit der Explosion der Anfangssingularität entsteht und es also einen Zustand der Nicht-Zeit vor dem Big-Bang gegeben haben muß, entfiele das Kausalitätsproblem. Denn *Ursache- Wirkung* ist nur innerhalb eines zeitlichen Rahmens sinnvoll zu denken, innerhalb eines Zustandes der Nicht-Zeit fielen Ursache und Wirkung zusammen ( da es kein "Vorher"- Ursache- und kein "Nachher"- Wirkung gäbe. Innerhalb eines solchen Zustandes der Zeitlosigkeit bedürfte es also keiner Verursachung bzw. Ursache und Wirkung fielen zusammen, bzw. etwas könnte die Ursache seiner selbst sein oder wie wir es auch immer nennen wollen. Auch könnte dieser Zustand der Nicht-Zeit und des Nicht-Raumes, also des Nichts als Leere mit unendlichen Potentialen beschrieben werden, so wie Amanda das im "Void"-Begriff vorgeschlagen hat. Die Möglichkeiten selbst bedürften aus ebengenannten Gründen keiner Begründung bzw. Ursächlichkeit.
