Tommy schrieb:
Diese Philosophie fußt m.E. auf einem mechanistisch mißverstandenen Karma-Begriff. Er führt zu der Konsequenz, daß du aufgrund dieser Philosophie auch keinen Analß zur Klage hättest, sollte dir je im Leben übel mitgespielt werden.
"Ich bin vergewaltigt worden? Nun gut, schön wars nicht, aber ich habe keinen Grund, mich zu beschweren und zu verurteilen, denn ich war vermutlich in einem früheren Leben selbst ein Vergewaltiger und bekomme jetzt nur das, was mir zusteht im Zuge eines karmischen Ausgleichs."
Der Denkfehler (rein immanent aus dem Karma-Konzept argumentiert): Wir können nie sicher sein, ob das, was wir erleben (z.B. Mord, Vergewaltigung usw.) Abgleich einer karmischen Schuldverstrickung ist, oder ob wir gerade im Moment Zeuge einer Entstehung neuen Karmas sind. Denn, wie du selbst ein paar Zeilen später einräumst, gehst du von einem prinzipiell freien Willen des Menschen aus, d.h. von der Voraussetzung, daß Menschen auch neues Karma schaffen können, ohne daß diese Taten als Reaktionsbildung aus Leiderfahrungen vergangener Leben gedeutet werden müssen. Du kannst nicht beides haben: Entweder läßt du die Annahme eines freien Willens fallen, d.h. gehst von einem universalen Zusammenhang von Aktion und Reaktion aus (dann wird die gesamte Welt tatsächlich als eine Art Marionettentheater interpretiert und das gesamte Modell der Seelenevolution ad absurdum geführt) oder du räumst die Möglichkeit einer Freiheit, die dieses oder jenes Karma erst schafft bzw. umgeht ein. Das würde dann aber auch eine Ethik miteinschließen, die durchaus auch verurteilen kann. Ich etwa bin heilfroh, daß es Organisationen wie Amnesty International gibt, die laut und entschieden verurteilen, nämlich überall dort, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden.
Ein Anhänger eines mechanistischen Karmabegriffs hätte da nichts zu bieten außer einem Schulterzucken: "X wird gefoltert? Nun, dann war er wohl selbst in früheren Leben ein Folterer. 6 Millionen Juden sind vergast worden? Nun, karmische Gerechtigkeit. Sie haben sich wohl in früheren Leben aufs Schlimmste an anderen vergangen."
Eine solche Haltung führt letztlich zu einem Abnicken all dessen, was geschieht und ist sicherlich am wenigsten dazu geeignet, den Sinn von Reinkarnation zu erklären.
Ja, sicher hast Du Recht. Das ist der Punkt, es ist nicht einfach zu verstehen - und einmal muß alles begonnen haben, unabhängig davon, ob er/sie es "verdiente" oder nicht.
Ich kann Dir auch nicht wirklich eine Antwort darauf geben, doch es scheint so, als wenn Energie Energie anzieht. Bzw. spielen auch die eigenen Gedanken eine Rolle (bewußte und unbewußte), was sich in Deinem Leben manifestiert.
Jedenfalls las ich mal irgendwo, daß Gefängnisinsassen Viedeos vorgespielt bekamen wo verschiedene Personen drauf zu sehen waren. Diese schlenderten auf den Videos durch die Stadt. Die Insassen sollten angeben, wen von diesen Personen sie am ehesten ausrauben würden. Und es gaben fast alle die gleichen Personen an. D.h. irgendetwas strahlen wir aus. Dieses nehmen die anderen auf und reagieren entsprechend. - Das soll nun nicht heißen, jemand die/der vergewaltigt wird, hat unbewußt den Vergewaltiger provoziert. Doch
möglich wäre es.
Auch leben wir ja nicht nur unser Karma, sondern es gibt auch ein Familienkarma oder/und Gesellschaftskarma usw. Dann gibt es noch die "Theorien", daß zwei Seelen sich vor der Inkarnation absprechen - die eine möchte erfahren, wie es ist ermordet zu werden, die andere möchte erfahren, wie es ist Mörder zu sein. Keine Ahnung, was und ob davon etwas zu halten ist. Denn mir als Mensch fällt es unwahrscheinlich schwer, zu glauben, daß jemand freiwillig soetwas auf sich nimmt. Dennoch könnte es möglich sein.
Glaube mir, ich bin auch froh, daß es Organisationen gibt, die sich für die Menschenrechte einsetzen. Und ich bin keine Person die sagt: das haben die halt so verdient. Ich denke mal, da gibt es noch feine Unterschiede zu machen. Ich wüßte jetzt aber nicht, wo ich da ansetzen soll, um zu erklären, wie ich das verstehe.
Auf jeden Fall können wir den anderen helfen, ihr Karma zu bereinigen. Wenn sie selbst es möchten. Und darum sehe ich es auch nicht als falsch, jemanden z.B. zu unterstützen, der in der dritten Welt hungert. Ich gehe davon aus, daß es einen Grund haben wird, warum dieser Mensch gerade dort geboren wurde; doch das bedeutet nicht für mich, daß ich sage: Tja, selbst Schuld! Vielleicht ist es seine "Schuld", vielleicht war es seine freie Wahl - vielleicht existiert er aber auch dort, damit wir an unserem Karma arbeiten können (in Form von Hilfeleistungen z.B.), während er dort seine Erfahrungen macht. In diesem Fall würde die Person sogar uns helfen.
Dann gäbe es noch den Gedanken, daß es hier Mächte gibt, die sich freuen, wenn wir leiden. Die sich freuen, wenn wir negatives "Karma" ansammeln. Die alles dafür tun, damit wir leiden. Die es uns schwer machen, die nicht wollen, daß wir uns entwickeln etc.
Kami