Es liegt mir fern, Dich hier davon überzeugen zu wollen, dass zur Zeit Jesu nicht alle Gesetze von Gott oder von den Pharisäern stammten. 'Lügengriffel' habe ich irgendwo gelesen - oder das 'reine' Tempelgeld?
Lieber Syrius,
Du müsstest mich erst überzeugen, dass überhaupt irgendwelche Gesetze von einem Gott kämen. Zudem wurden die Gesetze nicht von den Pharisäern erlassen, sondern von den jeweiligen Potentaten und dem Sanhedrin (Hohe Rat), in dem die Sadduzäer das Sagen hatten.
Die Pharisäer stellten hingegen eine Opposition gegen den orthodoxen Sadduzäer dar, die auch die Priesterschaft stellte. Diese Opposition ist jedoch erst nach dem zweiten Tempelbau entstanden. Die Pharisäer vertraten übrigens im Gegensatz zu den Sadduzäern die Vorstellung von der Auferstehung der Toten am Jüngsten Tag. Zu ihnen gehörte der größere Teil der intellektuellen Schicht, der jüdischen Gesellschaft an.
Das Zitat vom Lügengriffel stammt nicht von Jesus, sondern aus Jeremia 8[8] der Thora. In diesem Vers geht es aber um den Weisheitsanspruch zu Gottes Wort.
@Syrius: Stimmt, die Leviten sollten das Wort Gottes verkünden und die Menschen sollten für sie sorgen. Nie aber hat Gott gesagt der Hohepriester müsse in einem Palast leben oder dass jene, die die Abgaben an die Priesterschaft nicht aufbringen können, mit dem Bann belegt werden sollen.
Von welchen Abgaben sprichst Du denn und woraus beziehst Du diese Erkenntnis? Bezieht Jesus nicht eine klare Position zu den Steuern?
Matthäus 22[17] Darum sag uns, was dünkt dich: Ist´s recht, dass man dem Kaiser dem Zins gebe, oder nicht ... [19] Weiset mir (Jesus) die Zinsmünze! Und sie reichten ihm einen Groschen dar. [20] Und er sprach zu ihnen: Wer ist das Bild und die Überschrift? [21] Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!
Damit wird klar, dass die Steuern nicht an die Priesterschaft oder den Sanhedrin gezahlt wurden, sondern an den römischen Kaiser. Vor der römischen Besatzung waren das also auch die jeweiligen weltlichen Potentaten.
Bedenke auch, dass die beiden anderen Tetrarchien des vormaligen Reiches nicht zum direkten Einflussbereich Pontius Pilatus oder der Priesterschaft gehörten. Deshalb wurde Jesus auch Herodes Antipas vorgeführt, weil er Bürger von Galiläa war. Antipas, der Tetrarch von Peräa und Galiläa, war nur zufällig wegen des Passahfestes in Jerusalem, denn sein Sitz war in Machäsus.
Es fallen mir in den Evangelien keine Stellen ein, in der von einer Steuerlast gegenüber der Priesterschaft die Rede wäre. Du lässt dich in dieser Frage von einer Stimmung tragen, die nichts mit der realen Situation Jesus zu tun hat. Wo ist in deiner Betrachtung das Evangelium vom Reich Gottes, das Jesus verkünden wollte? Du sprichst hier von dem, was des Kaisers ist und nicht von dem, was Gottes ist.
Markus 1[14] Nachdem aber Johannes überantwortet war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium vom Reich Gottes.
@Syrius: Wieso gleich so ironisch? Du hättest besser Deine Argumente dargetan wieso Pilatus dem Volk Barrabas anbot.
Die Geschichte von Barrabas soll die Schuld an Jesus Tod an die Juden übertragen. Barrabas ist eine literarische Person, mit der auch die Erfüllung der Prophezeiungen vom Knecht Gottes dargestellt werden soll (siehe mein Beitrag #258). Es gibt nicht den geringsten Hinweis für einen Brauch, nachdem römische Präfekten an Feiertagen Gefangenen begnadigt haben sollen.
@Syrius: Kein Mensch ist nur brutal! Pilatus mag es gewesen sein, doch sah er auf Anhieb, dass die Priester hier einen Unschuldigen aus nichtigen Gründen zum Tode verurteilen wollten. Und da spielte er nicht einfach so mit.
Ein Präfekt, wurde vom römischen Kaiser als Vertreter Roms eingesetzt. Wer sollte also in der römische Provinz Judäa und Samaria dem Präfekten Pontius Pilatus vorschreiben können, wenn er zum Tode verurteilen soll oder nicht. Pilatus war gewiss kein Zauderer, sonst wäre er zuvor wohl kaum Kommandeur der Prätorianergarde gewesen. Er wurde zudem wegen seiner judenfeindlichen Haltung in die unruhige Provinz Judäa entsandt, um dort für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
Ich verstehe nicht, warum hier ein glorifizierter Pilatus entworfen wird – der nur in den Evangelien vorkommt. Hier wäre zu empfehlen einmal die Klassiker zu lesen, in denen das Vorgehen Roms bei der Wahrung ihrer Interessen geschildert wird.
In der damaligen Welt waren die Grausamkeiten allgegenwärtig – auch bei den Juden. Ich erinnere daran, dass zum Beispiel bei Ehebruch die Frauen gesteinigt wurden. Auch der Apostel Stephanus wurde wegen seines Festhaltens an den Gedanken Jesus der Gotteslästerung bezichtigt und gesteinigt. Damit wird auch klar, warum bei dem Unverständnis der Heidenchristen zu der jüdischen Welt ein Barrabas herhalten musste.
Merlin