Wahrnehmung und Stimmigkeit

Die Tatsache, dass ein Proband die übernatürliche Fähigkeit nicht dazu verwendet, um reich zu werden, spricht schon eher dagegen, dass die Behauptung stimmt, er könne Würfelergebnisse vorhersagen. Wenn er dann im Experiment auch nur 10 von 60 Würfen vorhersagen kann, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er die Fähigkeit hat, die Würfelergebnisse vorherzusagen. Ausgeschlossen ist es allerdings nur unter manchen Weltmodellen, längst nicht in allen. Und es kann ja nicht mal Ockhams Rasiermesser sagen, welches Weltmodell am plausibelsten ist (Idealismus, Panpsychismus, Dualismus, Materialismus / bzw. eine Welt mit Zufall vs. eine ohne Zufall). Alle Weltmodelle haben je ihre Grundannahmen und alle benötigen zudem eine ganze Reihe von weiteren Annahmen, damit genau die Welt beschrieben wird, die wir erleben. Das Versagen, die Würfelergebnisse überzufällig oft korrekt vorherzusagen, schliesst also unter manchen Weltmodellen die übernatürliche Fähigkeit aus, die Würfelergebnisse vorhersagen zu können, aber eben nicht unter allen Weltmodellen. Deshalb vermindert das negative Ergebnis lediglich die Wahrscheinlichkeit, dass der Betreffende die Fähigkeit tatsächlich hat.

Das ist streng gesehen grundsätzlich für alle empirischen Ergebnisse so - auch alleine im materialistischen/naturalistischen Weltmodel. Bewiesen ist herzlich wenig. Die Behauptungen bekommen nur Schubser in Richtung "wahrscheinlicher" oder "unwahrscheinlicher". Die a posteriori-Wahrscheinlichkeit steigt oder sinkt gegenüber der a priori Wahrscheinlichkeit.

Die Frage ist aber: Wieso sollte man irgendwie die Fähigkeit noch in Betracht ziehen?

Gleichzeitig ist es so, dass bereits nachgewiesen ist, dass Selbsttäuschungen beim Menschen vorkommen. Ich würde es deshalb nach dem Versagen im Experiment für wahrscheinlicher halten, dass sich der Proband selber was vormachte, als dass er die übernatürliche Fähigkeit tatsächlich hat.

Eben.

Ich würde es deshalb nach dem Versagen im Experiment für wahrscheinlicher halten, dass sich der Proband selber was vormachte, als dass er die übernatürliche Fähigkeit tatsächlich hat. Aber es ist halt nicht ausgeschlossen, dass er die übernatürliche Fähigkeit dennoch hat.

Ausgeschlossen sind streng genommen herzlich wenig Hypothesen. Ausgeschlossen ist auch nicht, dass es Einhörner, Elfen und den Weihnachtsmann gibt. Sollten wir diese Hypothesen jetzt alle wieder im Hinterkopf behalten?

Bisher kann ich in deinen Antworten lesen, dass du grundsätzlich eine möglichst einfache Erklärung für Sachverhalte möchtest. Mir ist durchaus bewusst, dass es einige Gründe dafür gibt, eine möglichst einfache Erklärung zu bevorzugen. In deinen Antworten kann ich aber noch nicht klar finden, WELCHER dieser verschiedenen Gründe für dich ausschlaggebend ist, um eine möglichst einfache Erklärung zu wollen.

Es ist nicht ein Grund... es sind viele Gründe.
Zum einen geht es ja nicht unbedingt um eine Erklärung, sondern um eine Beschreibung. Eine letztgültige Erklärung kann es nicht geben, weil alle Weltbilder auf Axiomen/Grundannahmen aufgebaut sind. Und, wenn eine Beschreibung mit weniger Annahmen gleich gut funktioniert wie eine mit vielen Annahmen, so ist erstere praktischer.

Die Erfahrungen in den Wissenschaften zeigen auch eher, dass die "weniger Erklärungen" häufiger zutreffend sind. Wenn ein Wissenschaftler glaubt, einen neuen Effekt entdeckt zu haben, werden er und viele andere ettlioche Crosschecks machen und schauen, ob sich das Ergebnis nicht auch irgendwie anders - ohne den neuen Effekt - hervorrufen/erklären/verstehen lässt. Und in den allermeisten Fällen ist das auch der Fall. Davon kriegt man außerhalb der Wissenschaften nur nicht viel mit, weil die Forschungspreise nur an die Leute gehen, deren Entdeckungen viele Realitätschecks weiter überstanden haben.

Es ist auch nicht besonders klug für Effekte, Phänomene, die man auf drei nicht sofort versteht, gleich einen Problemlöser zu postulieren. Anstelle ein sockenfressendes Monster in der Waschmaschiene oder sockenentführende Raumzeit-Warps im Schleudergang zu postulieren ist es doch besser genauer zu schauen - und anzunehmen - ob man das Fehlen von Socken nicht auch "down to earth" verstehen kann. Die abgedrehten Erklärungen kann man immernoch dazu nehmen, falls die nicht-abgedrehten absolut versagen.

Zuletzt ein Grund des persönlichen Geschmacks: Ich finde es enorm ästhetisch, wenn Systeme aus wenigen Grundannahmen eine enorme Erklärungs- und Beschreibungsmacht entfalten. Als Beispiel dazu nehem ich z.B. das Go-Spiel. Die Regeln sind einfach... passen auf eine Din A4-Seite... mit ein paar Erklärungen vielleicht etwas länger. Ich spiele es schon seit 20 Jahren, und bin immernoch weit entfernt, ein Meister zu sein. Gegen Spieler in den Dan-Graden der Spielstärke habe ich keine Chance. Oder die Fraktale Geometrie. Ein programm zu schreiben, welches die mandelbrotmenge zeichnet ist ziemlich einfach und eine gute Anfängerübung zum Programmieren. Das Bild, was rauskommt enthält eine enorme ungeahnte Komplexität. Weitere Beispiele dazu sind Evolutionstheorie. Das Grundgerüst von Mutation und natürlicher Selektion entfaltet einen irrsinnig komplexen Baum an Artenvielfalt.
 
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Ich fürchte, die Wissenschaft will sich nicht verbinden. Sie findet immer neue Wege der Ablehnung und Ausgrenzung, da sonst nämlich IHR Weltbild in sich zusammen brechen würde.
Anders kann ich mir nicht erklären, dass man Einzelne vorzuführen versucht ist- bloss um dann hinterher zu sagen, dass dies als Beweis nicht allgemein gültig ist. Das ist abstrus.

Wissenschaft ist Borg. Assimilieren oder vernichten. :zauberer1
 
Davon sprach ich nicht. Ich spreche z. B. davon Telekinese mit Quantenverschränkung zu erklären.

Klappt nicht. Alle derartigen Erklärungen esoterischer behauptungen mit der Quantenphysik, die ich bisher gesehen habe, haben die Quantenmechanik falsch verstanden.

Und selbst, wenn Du eine gute Erklärung finden solltest, macht das den Effekt nicht wahrer. Das muss dann immernoch Realitätschecks bestehen - mit guter wissenschaftlicher Methodik.

Physiker ruhen sich auch nicht alleine auf Theorien aus.
 
Klappt nicht. Alle derartigen Erklärungen esoterischer behauptungen mit der Quantenphysik, die ich bisher gesehen habe, haben die Quantenmechanik falsch verstanden.

Ich unterstelle mal, dass es kaum jemand (auch nicht der Großteil der Physiker) wirklich verstanden hat, wie das mit der Quantenphysik funktioniert. Du kannst mich ruhig "böse" nennen, aber die Quantenforschung steht doch auch noch am Anfang.

Ein paar wenige wissen vielleicht, was da wirklich passiert - aber ich denke, das sind nur die, die aktiv daran forschen - und selbst die wissen noch nicht alles.
 
Ich unterstelle mal, dass es kaum jemand (auch nicht der Großteil der Physiker) wirklich verstanden hat, wie das mit der Quantenphysik funktioniert. Du kannst mich ruhig "böse" nennen, aber die Quantenforschung steht doch auch noch am Anfang.

Ein paar wenige wissen vielleicht, was da wirklich passiert - aber ich denke, das sind nur die, die aktiv daran forschen - und selbst die wissen noch nicht alles.

Damit bist Du nicht "böse", und Du unterstellst auch nichts falsches. Sondern damit hast Du absolut Recht. An einer guten Deutung der Quantenmechanik beißen wir uns heute noch die Zähne aus.

Die Verknüpfungen von Esoterik und Quantenmechanik, die ich allerdings bisher so gesehen habe, sind trotzdem Unsinn. Wir kennen die Quantenmechanik immerhin schon so gut, gewisse Zusammenhänge/Naturgesetze darüber zu kennen, die in diesen Verknüpfungen verletzt werden.
 
Das ist streng gesehen grundsätzlich für alle empirischen Ergebnisse so - auch alleine im materialistischen/naturalistischen Weltmodel. Bewiesen ist herzlich wenig. Die Behauptungen bekommen nur Schubser in Richtung "wahrscheinlicher" oder "unwahrscheinlicher". Die a posteriori-Wahrscheinlichkeit steigt oder sinkt gegenüber der a priori Wahrscheinlichkeit.

Die Frage ist aber: Wieso sollte man irgendwie die Fähigkeit noch in Betracht ziehen?
Es kommt darauf an, als wie hoch du die Wahrscheinlichkeit, die Würfelergebnisse vorhersagen zu können, nach einem Versagen im Experiment noch einschätzt. Damit die Wahrscheinlichkeit vernachlässigbar ist, dass der Proband rein durch Zufall schlechte Ergebnisse erzielte, nehmen wir doch mal an, der Proband wäre nicht nur bei einer Gelegenheit getestet worden, sondern an tausend Gelegenheiten, wo er jeweils 60 Würfelergebnisse vorhersagen musste. Insgesamt lieferte er in einem Sechstel der Würfe korrekte Vorhersagen.
Sehr subjektiv, Handgelenk mal Pi, schätze ich die Wahrscheinlichkeit, dass der Proband die behauptete Fähigkeit hat, nach den Experimenten noch auf ca. 5%. Die Wahrscheinlichkeit einer Selbsttäuschung oder eines Betrugs dementsprechend auf 95%.

Diese 5% Wahrscheinlichkeit, dass der Proband die übernatürliche Fähigkeit hat, empfinde ich als genügend hoch, um diese Hypothese im Hinterkopf zu behalten.
Die Existenz eines Weihnachtsmanns halte ich hingegen für weniger wahrscheinlich als eins zu einer Milliarde. Daher behalte ich diese Hypothese auch nicht im Hinterkopf.


Zum einen geht es ja nicht unbedingt um eine Erklärung, sondern um eine Beschreibung. Eine letztgültige Erklärung kann es nicht geben, weil alle Weltbilder auf Axiomen/Grundannahmen aufgebaut sind.
Sehe ich auch so.

Und, wenn eine Beschreibung mit weniger Annahmen gleich gut funktioniert wie eine mit vielen Annahmen, so ist erstere praktischer.
Also pragmatische Gründe...

Die Erfahrungen in den Wissenschaften zeigen auch eher, dass die "weniger Erklärungen" häufiger zutreffend sind. Wenn ein Wissenschaftler glaubt, einen neuen Effekt entdeckt zu haben, werden er und viele andere ettlioche Crosschecks machen und schauen, ob sich das Ergebnis nicht auch irgendwie anders - ohne den neuen Effekt - hervorrufen/erklären/verstehen lässt. Und in den allermeisten Fällen ist das auch der Fall. Davon kriegt man außerhalb der Wissenschaften nur nicht viel mit, weil die Forschungspreise nur an die Leute gehen, deren Entdeckungen viele Realitätschecks weiter überstanden haben.

Es ist auch nicht besonders klug für Effekte, Phänomene, die man auf drei nicht sofort versteht, gleich einen Problemlöser zu postulieren. Anstelle ein sockenfressendes Monster in der Waschmaschiene oder sockenentführende Raumzeit-Warps im Schleudergang zu postulieren ist es doch besser genauer zu schauen - und anzunehmen - ob man das Fehlen von Socken nicht auch "down to earth" verstehen kann. Die abgedrehten Erklärungen kann man immernoch dazu nehmen, falls die nicht-abgedrehten absolut versagen.
Selbstverständlich. Bei den bisher bekannten Dingen wissen wir ja bereits, dass sie existieren. Wenn man damit ein Phänomen erklären kann, ist es wahrscheinlicher, dass diese Dinge tatsächlich die Ursache dieses Phänomens sind, und nicht andere Dinge, von denen man bisher ja noch nicht mal weiss, ob es sie überhaupt gibt.
Das ist eine reine Sache der Wahrscheinlichkeit.
Diese Situation ist aber ein Spezialfall, nämlich bisher bekannte, existierende Dinge versus unbekannte, möglicherweise gar nicht existierende Dinge als Ursache eines Phänomens zu vermuten.


Zuletzt ein Grund des persönlichen Geschmacks: Ich finde es enorm ästhetisch, wenn Systeme aus wenigen Grundannahmen eine enorme Erklärungs- und Beschreibungsmacht entfalten. Als Beispiel dazu nehem ich z.B. das Go-Spiel. Die Regeln sind einfach... passen auf eine Din A4-Seite... mit ein paar Erklärungen vielleicht etwas länger. Ich spiele es schon seit 20 Jahren, und bin immernoch weit entfernt, ein Meister zu sein. Gegen Spieler in den Dan-Graden der Spielstärke habe ich keine Chance. Oder die Fraktale Geometrie. Ein programm zu schreiben, welches die mandelbrotmenge zeichnet ist ziemlich einfach und eine gute Anfängerübung zum Programmieren. Das Bild, was rauskommt enthält eine enorme ungeahnte Komplexität. Weitere Beispiele dazu sind Evolutionstheorie. Das Grundgerüst von Mutation und natürlicher Selektion entfaltet einen irrsinnig komplexen Baum an Artenvielfalt.
Interessant. Eine gewisse Ästhetik hat das schon. :)
 
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Klappt nicht. Alle derartigen Erklärungen esoterischer behauptungen mit der Quantenphysik, die ich bisher gesehen habe, haben die Quantenmechanik falsch verstanden.

Und selbst, wenn Du eine gute Erklärung finden solltest, macht das den Effekt nicht wahrer. Das muss dann immernoch Realitätschecks bestehen - mit guter wissenschaftlicher Methodik.

Physiker ruhen sich auch nicht alleine auf Theorien aus.


Ich bin auch kein Physiker.
 
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