Spannend wird's vor allem wenn diese "Ungeimpften" erst im Erwachsenenalter an Masern erkranken.
Das ist ein guter Punkt. Wenn man sein Kind nicht impft (und es im Erwachsenenalter selbst nicht darüber Bescheid weiß), hat es, wenn es das 20. Lebensjahr überschritten hat, eine vielfach höhere Chance, an Masern zu sterben oder langfristige Schäden davonzutragen. Momentan sind noch so breite Teile der Gesellschaft durchgeimpft, dass es wahrscheinlich ist, dass ein ungeimpftes Kind die Masern nicht rechtzeitig bekommt. Wenn aber immer weniger Leute impfen, sieht die Situation in 10 Jahren vielleicht ganz anders aus - wenn das "Kind" dann erwachsen ist und sich bei einem Ausbruch ansteckt, ist die Hölle los.
Ist immer schwierig zu beweisen, ob eine Einwilligung vorlag oder nicht. Aussage gegen Aussage.
Das stimmt natürlich. Dieses Beweisproblem hast du aber grds. bei jeder Klage.
Es sind abe nur die Fälle in der Statistik, die im Krankenhaus landen oder wo ein Arzt ihn tatsächlich erkennt und meldet. Denn wenn die Quote der verstorbenen Kinder wirklich so hoch wäre, müssten es sehr viel mehr sein, als die Statistiken dazu tatsächlich ausweisen. Meine Masererkrankung ging zum Beispiel in gar keine Statistik ein, weil es damals noch gar nicht erfasst wurde.
Und so, wie ich mich meines Lebens erfreuen kann, obwohl fast alle Kinderkrankheiten durchlebt zu haben, ergeht es einem Großteil der nie statistisch erfassten Masern-Kinder, an denen die Krankheit folgenlos ausheilte und vorbeiging, so wie bei mir.
Die Maserninzidenz kann auch geschätzt werden. Dafür, dass Masernfälle und Todesfälle bei alten Statistiken (also vor den 60er Jahren) so auseinanderfallen, gibt es mehrere Gründe:
1. Der größte Grund ist, dass auch die aufgezeichneten Todesfälle nur die gemeldeten Todesfälle sind. Deiner Argumentation folgend: Genauso wie nur gemeldete Masernfälle in die Statistik kamen, kamen auch nur die Fälle, in denen nachgewiesen wurde, dass das Kind an Masern gestorben ist, in die Statistik.
2. Durch die verbesserte medizinische Technik erkennt man heutzutage immer mehr Zusammenhänge, die damals noch gar nicht bekannt waren. Die Spätfolge SSPE z.B. kennt man z.B. überhaupt erst seit Ende der 60er, d.h. vorher konnten die SSPE-Fälle gar nicht in die Todesstatistik einbezogen werden. Gleiches gilt für die erhöhte Infektionsgefahr durch die Immunschädigung nach einer Maserninfektion, die kürzlich festgestellt wurde und die Sterblichkeit nochmal erhöht.
3. Auf vielen Seiten, wo ich solche Argumente gelesen habe, werden die Zahlen der geschätzten Masernfälle extrem schlampig berechnet, nämlich nach der Faustformel: Geburtenrate = Masernfallrate. Das ignoriert aber mehrere Faktoren: Erstmal die Kindersterblichkeit, die damals noch bedeutend höher war als heute, nämlich etwa 18%. Zweitens ignoriert es die Demografie: Nämlich, dass zB Babies Masern viel, viel seltener bekommen als etwa Kinder im Schulalter. Das heißt, wenn man die Maserninzidenz berechnen möchte, muss man v.a. die Geburtenrate etwa 10-15 Jahre
vor dem jeweiligen Zeitpunkt in Betracht ziehen.
4. Die Masernsterblichkeit einer Gesellschaft, in der niemand geimpft ist ist notwendigerweise anders als die einer Gesellschaft, in der schon geimpft wurde. Wie gesagt, früher bekam man Masern oft im schulfähigen Alter. Gerade in diesem Alter ist es am unwahrscheinlichsten, dass man an Masern stirbt. Heute ist das anders. Es gibt keine solche Epidemien mehr bei uns, die auf einen Schlag mehrere hunderttausend Kinder natürlicherweise immunisieren. Wäre man heute ungeimpft, steigt im Vergleich zu früher die Chance, die Masern zu einem ungünstigen Zeitpunkt - also <5 oder >20, zu bekommen. Wenn das passiert, vervielfacht sich die Sterblichkeit. Auch diese Umstand beziehen die offiziellen Mortalitätszahlen mit ein.
Und, schlussendlich: Ob wir von 1:300, 1:500, 1:1000, 1:2000 oder sogar nur 1:10.000 reden ist meiner Meinung nach nicht wirklich entscheidungserheblich. Die Zahl ist jedenfalls enorm, und, nochmal: 1000 tote Kinder werden auch nicht wieder lebendig, nur weil eine Million überlebt haben.
Und nicht vergessen: Wir reden momentan nur über die kleine Zahl der Kinder, die sterben. Die Zahl der Kinder, die langfristige Schäden davontragen ist nochmal zigfach so hoch.