Mir ist noch nie eine posttraumatische Belastungsstörung untergekommen, die sich nicht mehr erinnert, somit muß ich den Forschungsergebissen zustimmen.
Das heißt jetzt konkret, dass das, was zum Trauma geführt hat, immer präsent und jederzeit abrufbar ist.
Was meiner Erfahrung nach das Hauptproblem für die Betroffenen ist, ist das "Einordnen" ihrer schrecklichen Erinnerungen.
In der Regel sind heftigste Emotionen (Todesangst, Hilflosigkeit, Ekel usw.) beteiligt und an diese Emotionen kann man sich erinnern, auch an den Vorfall.
Die Fragen, die aufkommen, sind (meiner Erfahrung nach) - "hätte ich es verhindern können?", "bin ich mitschuldig?", "sind nur die anderen schuldig?", "warum ich?", "was führte dazu?", "warum passiert so etwas?", "warum wurde mir nicht geholfen?", "ist das normal oder unnormal (so verrückt das klingt, das ist für viele Betroffene ein ganz wichtiger Punkt auf etlichen Ebenen - Menschen mit ähnlichen Schicksalen zu treffen, ist für viele sehr erleichternd)?".
Den Vorfall unter diesen Aspekten zu betrachten, kann Erinnerung verfälschen, kann sogar soweit führen, dass man bestimmte Zusammenhänge ausblendet (ist das jetzt "vergessen" oder "verdrängen"?).
Ich habe als Kind eine solche Situation erlebt bei der mir die Flucht in allerletzter Minute geglückt ist.
Diesen Vorfall habe ich lange Zeit vergessen, er "tauchte" wieder auf, als meine Töchter in dem gleichen Alter waren.
Habe ich da etwas verdrängt? Ich denke nicht. Wahrscheinlich spielte dieses Geschehnis nach vielen Jahren einfach kein Rolle mehr für mich, ich habe es vorübergehend vergessen.
Allgemein zu Erinnerungen: Erinnerungen verändern sich mit der Zeit, man kann sich nur selektiv erinnern und es ist bewiesen, dass man auch Lügen (oft genug gedacht und erzählt) zu persönlichen Wahrheiten werden (so wahr, das man sein Leben darauf verwetten würde, dass es so war).
Erinnerung kann nicht so abgespeichert werden, wie ein Film.
So kann es passieren, dass Erinnerungen deutlich schöner ausfallen als das, was wirklich war.
Ein ganz bekannter Effekt - Loriot "damals war mehr Lametta"

, also damals war alles besser, waren alle netter, die Leute zufriedener und gesünder, die Wiesen grüner, die Sommer länger ... .
So etwas wird oft von Menschen geäußert, die bitterste, lebensbedrohliche Armut, die NS-Zeit, den Krieg, Flucht und Vertreibung mitbekommen haben (für uns sicherlich nicht ansatzweise vorstellbar).
Was ist denn da passiert?
Haben sie die schrecklichen Jahre verdrängt, vergessen oder wollen sie es nicht wahrhaben? Oder gehören sie zu den ganz wenigen, die wirklich nur wenig von all dem mitbekommen haben? Oder haben sie das so gut verarbeitet? Kaum jemand würde ihnen unterstellen, dass sie lügen, wenn sie von den wunderschönen Zeiten damals erzählen.
Es kann aber auch passieren, dass Erinnerungen deutlich schlechter ausfallen.
Wenn jemand für andere ziemlich "glatt durchs Leben gerutscht" ist, viele Freunde, eine nette Familie, engagierte Eltern und nie offensichtliche Schwierigkeiten hatte, wird man staunen, wenn diese Person berichtet, dass sie sich nie so richtig wohl gefühlt hat, sich von seinen Eltern nicht ernst genommen fühlte und darunter sehr gelitten hat.
Hat die Person da alles Gute verdrängt? Sieht sie die Sachen falsch oder sieht das Gegenüber sie falsch? Ist da vielleicht etwas schreckliches passiert, was die Person nur verdrängt hat? Usw.
Du merkst bereits bei diesen beiden (leider sehr groben) Beispielen, wie schwierig das Thema der "Verdrängung" ist.
"Verdrängung" beschreibt nicht nur, sie wertet auch und jeder stellt sich was anderes darunter vor.
Und leider kann man (genau wie mit der Projektion) viel Schindluder damit anstellen: z.B. "du hast nur verdrängt, was für ein unmögliches Kind du warst und projizierst das jetzt auf deine Eltern" - das setzte den anderen matt, ist sinnlos und extrem fies und führt zu nichts Sinnvollem.
Deshalb bin ich völlig gegen diese Begrifflichkeiten, aber für Beschreibungen genau dessen, was passiert ist - weg mit Schubladen!