Diem: Wie ist denn ihre Meinung zur Rolle der FDA (Food and Drug Administration)?
Duesberg: Das CDC, NIH, FDA - alle sind sie Devisions vom Department of Public Health and Human Services. Das sind alles militärische Organisationen mit militärischen Rängen und Befehlsstrukturen. Diese Institutionen haben sich vielleicht zu einer gewissen Zeit verdient gemacht. Aber nach dem II. Weltkrieg war für sie nichts mehr zu holen. Und da haben sie eine Infektionskrankheit nach der anderen an die Wand gemalt, so wie der Schwarzkopf Krieg gegen Sadam Hussein in der Wüste führen muss, weil der Rommel nicht mehr da ist.
Diem: Das heißt, sie würden diese Institutionen einfach abschaffen?
Duesberg: Absolut!
Diem: Wie ist denn das allgemeine wissenschaftliche Klima in Deutschland im Vergleich zu dem in Amerika?
Duesberg: Ich glaube, es ist toleranter.
Diem: In Deutschland?
Duesberg: Ja, ich glaube ja. Und zwar, weil es weniger organisiert ist, nicht so zentralisiert.
Diem: Es ist doch erstaunlich, dass das amerikanische System, von dem man glauben könnte, es sei offener als das deutsche, mit all den privaten Hochschulen, letztendlich doch vollkommen vom Staat abhängt.
Duesberg: Komplett! Ich habe darüber früher nie nachgedacht, als ich selbst in der Orthodoxie schwebte. Aber das deutsche System ist anders, weil es dezentralisiert ist. Das deutsche System ist von den Alliierten dezentralisiert worden. Beispielsweise hat mich mein Gastgeber in Deutschland, Herr Prof. Hehlmann, mehrfach eingeladen, in einer von ihm herausgegeben AIDS-Zeitschrift zu schreiben. Das hätte sich ein amerikanischer Professor in dem Stand kaum leisten können. Das Peer-Review-System hätte ihm die Grants gesperrt.
Diem: Bietet das amerikanische System nicht doch deshalb eine gewisse Offenheit, weil es dann doch unabhängige Institutionen zulässt, weil es Privatinitiative gibt? Man muss das staatliche Geld ja nicht nehmen. Man kann ja auch Forschung mit privatem Geld machen.
Duesberg: Ja, was denken Sie denn, was ich seit Jahren mache? Aber deshalb bin ich ja auch hier in Deutschland: Weil ich nicht alle Pipetten zählen will, die ich benutze.
Diem: Gibt es inzwischen eine Gegenbewegung zum AIDS-Establishment?
Duesberg: Eine Gegenbewegung ist ja gar nicht mal das Ziel. Alternative Hypothesen zu formulieren, ist Teil der wissenschaftlichen Methode. Besonders wenn eine Hypothese nichts produziert und nichts erklären kann. Also sagen wir mal, ich hätte einen Studenten, der hätte 18 Jahre an der HIV-Hypothese gearbeitet und mittlerweile 90 Milliarden Dollar ausgegeben und noch keinen Patienten geheilt. Dann würde ich sagen: »Es ist jetzt höchste Zeit, dass Du, mein Freund, vielleicht eine bessere Hypothese findest. So kannst Du keinen Doktor kriegen. Du hast kein Medikament, keine Impfung. Du gibst 200.000 Leuten AZT, die sind vermutlich alle von Dir vergiftet!« Und genau das geht einfach nicht, weil die keine andere Meinung zulassen. Das ist absolut unwissenschaftlich. Wenn Sie sich einen neuen Eisschrank kaufen, werden Sie ganz wütend, wenn nur ein Produkt angeboten wird. Da wollen Sie das Billigste und das Beste haben. Das wollen sie in der Wirtschaft, in der Politik sehen. Aber wenn es um die Wissenschaft geht, kommen auf einmal so religiöse Gefühle auf: »Das ist das Vaterland, das ist unser Gott...«
Diem: Glauben Sie nicht, dass 90 oder 99 Prozent der AIDS-Forscher, die vom NIH bezahlt werden, ehrenwerte Ziele haben?
Duesberg: Am Anfang schon.
Diem: Die Leute argumentieren scheinbar sehr moralisch: Wenn Sie sich durchsetzen, könnte ja die Prävention gegen AIDS ins Stocken geraten. Dann würden viele Leute sterben.
Duesberg: Das ist eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist, dass jedes Jahr 200.000 weniger sterben würden, nämlich die, die alle 6 Stunden AZT bekommen, im Namen einer Hypothese, die bisher unbeweisbar blieb. Der Vorwurf mir gegenüber wäre, ich würde das verteidigen, was Gott seit 3 Milliarden Jahren erfolgreich propagiert: unsafe Sex, was der alleinige Grund dafür ist, dass heute 6 Milliarden Leute leben. Und mir wird dann angelastet, dass es einfach so weitergeht, wie es in den letzten drei Milliarden Jahren gegangen ist, und zwar ziemlich erfolgreich. Und auf der anderen Seite steht das Risiko, ob Chemikalien, die 10, 20, höchstens 30 Jahre alt sind, injiziert werden sollen, die bisher noch nie etwas Positives gebracht haben, im Namen einer Hypothese, die von einem Mann - Gallo - stammt, der sogar schon einmal wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens verurteilt wurde.
Diem: Herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Duesberg: Danke gleichfalls!