Faydit So wie ich dich verstanden habe, meinst du mit "Verzerrungen", die gesellschaftlichen und kulturellen Vorstellungen von der "Welt und seinen Zusammenhängen" - es sind Prägungen, die uns begleiten und meist nicht bewusst sind, aber meiner Meinung nach bewusst werden können.
Oder meinst du was anderes?
Das meinte ich auch. Nur ist das alleine noch nicht alles. Das wäre der Ansatzpunkt.
Wo wir diesbezüglich anscheinend nicht einer Meinung sind: Ich glaube nicht, dass es, so gesehen, möglich ist, sich aller dieser Verzerrungen vollständig bewusst zu werden. Und selbst wenn, so werden die eigenen (auch) daraus entstandenen Muster und Programme ihr Möglichstes tun, diese Bewusstwerdungen wieder zu überlisten und versuchen, den zuvor entablierten Status Quo unter anderer Tarnung wiederherzustellen. Man glaubt, man hätte das durchschaut, wäre jetzt durch, sitzt aber in Wahrheit schon wieder einer anderen
(mitunter erst durch diese neue Bewusstwerdung erzeugten) Variante der eigenen Illusionen auf, sozusagen.
Wird auf die Weise also eine "never ending Story". Wo hört das irgendwann mal auf? Und was bleibt, bliebe dann von einem über?
Wenn jemand so gesehen völlig von sich selbst "frei" wäre?
Wozu? Und ist das nicht eigentlich eine Art Selbstverleugnung, uneingestandener Selbsthass, der jemanden dazu bewegt, sich selbst loswerden zu wollen?
Denn wenn nicht könnte man sich ja ohnehin als der, der man ist, entspannt zurücklehnen und so wie man ist sein Leben genießen. Was also hindert einen daran? Woher kommt das Gefühl, das Empfinden, dass was so alleine daran nicht stimmt?
Interessanter allerdings wäre, warum es überhaupt dazu kommt. Und das hängt meiner Ansicht nach mit der Struktur von Leben selbst zusammen.
Ist aber schwer hier erklärbar. Da habe ich selbst erst ein paar winzige Puzzleteile.
Der dritte Aspekt der Verzerrung wäre folgender, den ich als Frage in den Raum stelle: Inwieweit wäre z.B. der Osho unter seinem Studium, in Poona und in Oregon überhaupt mit sich selbst ident?
Der Ansatz dazu ist der, dass letzlich jede Interaktion, sowohl eine äußere als auch eine innere ebenso wie örtliche oder sonstige Veränderungen jemanden selbst auch mitverändern (können). Welches Resultat daraus ist, wäre nun das echte, welches ein verzerrtes? Alle, keines? Und über welchen sprechen wir hier dann? Uber einen, über alle?
Betrifft natürlich alles und jeden sonst auch.
Und so erging es z.B. auch einem Buddhismus, Hinduismus, einer Menge nicht europäischer spiritueller Konzepte, Vorstellungen, Traditionen, die wir einfach mal "importieren", letzlich erging es auch dem Christentum vor ca. 1.500 Jahren in einem weitgehend schamanisch-magischen Europa nicht anders. Ein Kozept prallt auf eine fremde Welt, Wirklichkeit. Verändert sich selbst dabei, aber auch diese Wirklichkeit, diese Realität. Interaktiv. Das Konzept wird verändert, verzerrt, alleine weil der historische, soziale, spirituelle Kontext, in dem es entstand mit dem neuen Umfeld wenig zu tun hat. Vieles muss also letzlich unverstanden bleiben, weil es an den dafür nötigen Grundlagen und Zusammenhängen fehlt. Also entsteht eine Verzerrung, mitunter sogar eine ganz neue Spielart, Version davon. Die dann aber anders, im Extremfall sogar widersprüchlich, konträr zum ursprünglichen "Original" sein kann.
Leben ist Verzerrung. Eine Verzerrung kann nicht "wahr" sein. Egal welche. Meiner Ansicht nach. Ist demnach Leben überhaupt wahr?