Ich arbeite ja in einer Hochschule und da wird (fast) jeder Text gegendert - von Student/in oder StudentIn oder Student*in ist alles dabei.
So, und jetzt oute ich mich mal: mir geht es total auf den Geist diese Texte zu lesen. Man kann mir noch so oft erzählen, dass es die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt, ich empfinde das nicht so. Ein gut formulierter Text ist für mich eine Freude. Ein Text, in dem es in so gut wie jeder Zeile nur so von Gender-Sprech wimmelt, führt bei mir zum "holprigen" Lesen. Mein Verständnis von Texten ist: was gelesen werden soll steht auch da, was gelesen werden soll wird nicht durch Satzzeichen ersetzt.
Ich fühle mich einfach nicht im Sinne der Gleichberechtigung von der Gendersprache vertreten. Wie oft habe ich mich durchkämpfen müssen, weil ich eine Frau bin, wie oft wurde ich von Männern ausgebremst, weil ich eine Frau bin. Aufgrund meines Alters habe ich patriachalische Strukturen wirklich erlebt. Und jetzt sollen Texte mit * oder Reden mit Pausen (Student ... in) dies ändern? Da hätte ich mir ganz andere Maßnahmen gewünscht.
Ob allerdings ein Diverser die Gendersprache als ein Schritt zur Gleichberechtigung empfindet, weiß ich nicht. Ich kenne auch Frauen, die gendern als großen Schritt nach vorne sehen. Ich tu das halt nicht.
Ich habe mal eine Zeitlang ein Büro mit einer Kollegin geteilt, die mit zu dem Arbeitskreis "Gendersprache" gehörte. Wir haben uns super verstanden, haben uns angefreundet. Aber bei dem Thema waren wir natürlich völlig konträr. Bei der Dikussion ums Sternchen brachte ich meine obigen Argumente an und sie hat das total entsetzt als lachhaft und dumm abgetan. Nun soll die Gendersprache ja auch meine Gleichberechtigung unterstützen (schließlich bin ich Frau). Und ich habe sie gefragt, warum dann das Bedürfnis einer Frau lächerlich gemacht wird, wenn gendern doch eigentlich mich vertreten soll?
Ich finde es fatal, wenn Menschen, die die Gendersprache ablehnen, sofort auch Ablehnung der Gleichberechtigung unterstellt wird. Nur weil ich Gleichberechtigung persönlich als sehr wichtig erachte, mich das Fehlen dieser Gleichberechtigung viele meiner Berufsjahre begleitet hat, bin ich doch nicht dazu verpflichtet mit jeder einzelnen Maßnahme dazu einverstanden sein zu müssen.
Da es so vorgeschrieben ist, gendere ich beruflich auch fröhlich vor mich hin. Meine Texte schreibe ich nicht mehr so flüssig, weil ich immer darauf achten muss das Sternchen nicht zu vergessen.
Ich mag es halt nicht.
Aber eins noch: ich habe schon immer in meinen Mails und Briefen darauf geachtet, dass ich immer weibliche und männliche Mitarbeiter*innen (

) anspreche. Nie hätte ich geschrieben "geben Sie diese Information bitte auch an ihre Kollegen weiter" oder "geben Sie diese Information bitte auch an ihre Kolleginnen weiter". Selbstverständlich hieß es immer Kolleginnen und Kollegen. Ob sich dadurch diverse Geschlechter ausgegrenzt fühlten weiß ich allerdings nicht.