Meine Kindheit - der kleine Junge in mir - ein paar Gedanken dazu

Hier ein Bild von mir kurz nach meiner Einschulung.

Ein Fotografenpaar hatte Erstklässler "abgepasst" und gesagt, dass sie Fotos von uns machen sollten. Meine Adresse sollte ich auch angeben. Kurz darauf waren sie bei uns und wollten für das Bild 10 oder 20 Mark haben, ich weiss nicht mehr genau wie viel.

Meine Mutter war sauer auf mich, weil wir schon ein Bild hatten mit meiner Tüte.

Ich finds schön und würde es wieder machen...extra!

Anhang anzeigen 118339


Süßes Foto von Dir!:love:
 
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Als reicher (kleiner) Mann hatte ich nach Erhalt meines "Heiermanns" natürlich nichts Wichtigeres zu tun, als den weiten Weg zur Klümpchenbude zu gehen, um mir eine bunte Tüte erlesener Köstlichkeiten zu gönnen.

Aus der Sicht eines Erwachsenen war es ein Katzensprung bis zum Büdchen. Für mich allerdings war es damals so, als würde der kleine Frodo sein geliebtes Auenland verlassen und in die weite der Welt hinausziehen. Den Heiermann in der Tasche fest mit der Hand umklammert zog ich los. An der grossen Spielwiese vorbei, dann kam der Hauptspielplatz, dann die erste Linkskurve. Hier verliess ich das Kreisrund der Siedlung, auf der sich mein tägliches Leben abspielte.

Nebel lag in der Luft und die Sicht war etwas eingeschränkt. Ich mochte den Nebel sehr - er machte die ganze Sache noch spannender für mich.

Dann kam eine Rechtskurve. Hier wohnten Leute die ich nicht kannte. Eine andere Welt.

Ein Stück geradeaus noch, dann kam die T-Kreuzung an der ich nach Links abbiegen musste. Ich verliess nun die Zufahrtsstrasse zu unserer Siedlung und befand mich gefühlt wie in einer anderen Stadt. Ich überquerte die kleine Strasse und nach wenigen Metern lag sie dann endlich vor mir.... die Klümpchenbude.

Hier gab es scheinbar alles was das Kinderherz begehrt. Süssigkeiten aus aller Welt. Fein sortiert in aufgereihten Plastikkästchen, welche vorne abgeschrägt waren und eine rote Klappe hatten. In jeder der Boxen steckte ein silberner Löffel mit dem die guten Sachen herausgeholt wurden.

Ich blieb noch etwas auf Abstand, um zu schauen was es alles Gutes gab und um schon mal vorab auszusuchen. Der Schein war noch in meiner Tasche und ich hielt ihn ganz fest. Eigentlich fand ich es schade ihn nun anzubrechen aber.... man muss Prioritäten setzen.

Ich ging zwei Schritte nach vorne und stand nun am Schalter. Das Schiebefenster war geöffnet und die nette "Frau Bude" kam heran. Sie war immer freundlich auch zu uns Kindern und erfüllte geduldig jeden auch noch so kleinen Wunsch.

"Guten Morgen kleiner Mann, was möchtest Du denn haben?", fragte sie freundlich und lächelte mich an.

"Guten Morgen, ich hätte gerne eine Tüte Klümpchen, eine Grosse."

Sie griff sich eine Papiertüte, öffnete sie und sah mich an.

"Für 10 Pfennig von den Erdbeeren." Die gibts übrigens heute noch - sehr lecker!

"Dann noch 3 Lakritzschlangen und für 20 Pfennig von den Weingummitalern."

Langsam füllte sich meine Tüte.

"Und noch für 10 Pfennig von den Silberlingen." Dies waren Lakritzbonbons die mit einem silbernen Überzug versehen waren und total edel aussahen.

"Und dann bitte noch einen Mohrenkopf."

"Den packe ich Dir dann lieber mal in eine extra Tüte, damit er nicht kaputt geht."

"Ja danke."

"Das macht dann 60 Pfennig zusammen," sagte die Frau.

Ich holte meinen Geburtstagsschein heraus und legte ihn auf das Tablett auf der Theke.

"Dankeschön. Und vier Mark und 40 Pfennig zurück."

Dankeschön. Tschüss!"

Ich nahm meine prall gefüllte Tüte und das Wechselgeld und machte mich auf den Heimweg. Doch etwas musste ich schon naschen. Eine Lakritzschnecke sollte es sein. Ich rollte sie halb ab und steckte mir das Ende in den Mund. Stück für Stück wanderte die Lakritzschnecke in meinen Mund und beim Laufen schwang sie hin und her.

Endlich hatte ich die erste Kurve erreicht und hinter der Nebelwand lag die Wiese und der Spielplatz. Ich war wieder zuhause!

Oben zeigte ich meinem Opa die erworbenen Schätze und bot ihm etwas aus der Tüte an. Er nahm sich einen von den Silberlingen. Ich wusste dass er sie mochte, deshalb hatte ich sie gekauft...


Ich lese oder höre gerne, wenn jemand aus seiner Kindheit und allgemein seine Erlebnisse und Erfahrungen erzählt, danke dafür, dass Du das mit uns teilst! Für Dich kann es auch als Aufarbeitung der Verletzungen wichtig und hilfreich sein! :umarmen:
 
(y)

Da möchte ich auch noch einen Schwank aus meiner Kindheit mit einbringen:

Das Einkommen meines Vaters war in jenen Tagen sehr schmal, für Anschaffungen blieb da wenig Spielraum. Irgendwann hatte meine Mutter wohl den Eindruck, dass ich alt genug sei, um am Morgen für eine oder zwei Stunden alleine sein zu können, und nahm deshalb für eine kurze Zeit einen kleinen Nebenjob an.

Obwohl mich Mutter gut vorbereitet hatte, war es dann am Morgen doch ein etwas mulmiges Gefühl alleine in der Wohnung zu sein. Eine völlig neue Erfahrung war es nun, sich morgens nach dem Aufstehen selbstständig zu waschen, anzuziehen und zu frühstücken. Alles lief bestens und Mutter lobte mich für meine Selbstständigkeit, was natürlich meinen Eifer anspornte.

Als ich mich wieder einmal an einem Morgen gewaschen hatte und gerade mit dem Kamm meine Haare ordnete, standen ein paar widerspenstige Haare am Hinterkopf ab und ließen sich einfach nicht bändigen. Während ich mit der Widrigkeit kämpfte, kam mir die rettende Idee.

Irgendwo stand doch eine Flasche mit Haaröl, welches mein Problem sicher lösen könnte. Flugs holte ich die Flasche und träufelte vorsichtig ein paar Tropfen ins Haar. Mit großer Freude sah ich nun, wie sich der widerspenstige Haarbüschel elegant an meinen Kopf anlagen.

Ich hätte zufrieden sein können, wenn da nicht ein neues Problem aufgetaucht wäre. Während das Haar am Hinterkopf schön glänzend anlag, störten mich nun einzelne unordentliche Strähnen an den noch nicht behandelten Stellen. Erneut griff ich zur Ölflasche, mehrere kräftige Spritzer ins Haar lösten rasch auch dieses Problem. Die ganze Frisur erlangte nun den Chic eines spanischen Caballero.

Aber man kann alles noch verbessern. Erneut griff ich zur Flasche, hier war Sparsamkeit fehl am Platze befand ich und der Erfolg gab mir recht. Ein erneutes Problem trat nun auf. Im Gesicht reichte das eng anliegende Haar nun bis weit in die Stirn, das war höchst störend und unangenehm.

Ich erinnerte mich daran, dass meine Mutter in solchen Fällen immer zur Schere griff, um die Haare auf eine vernünftige Länge zu bringen. Das kann doch nicht so schwer sein, dachte ich noch, als ich die Schere in der Hand hielt. Mit ein paar gekonnten Schnitten entfernte ich die lästigen Strähnen von meiner Stirn. Etwas Mühe hatte ich dann, als ich versuchte, die abgeschnittenen Haare von meiner mittlerweile gut geölten Stirn zu entfernen.

Stolz betrachtete ich nun das wahre Meisterwerk meiner Friseurkunst. Mutter wird sicher begeistert sein, dachte ich bei mir, während ich mir ein paar Tropfen Öl aus den Augen rieb.

Etwas ernüchtert war ich dann, als ich freudestrahlend in die entsetzten Augen meiner Mutter sah. Sie entölte mich dann, aber an meinem exzellenten Haarschnitt gab es nichts mehr zu verbessern, so lief ich wohl noch eine Weile mit einem etwas gewöhnungsbedürftigen Haarschnitt durch die Gegend.

Friseurkunst.png
Dem Friseur ist nichts zu schwör.
Merlin höchstpersönlich!

.​
 
(y)

Da möchte ich auch noch einen Schwank aus meiner Kindheit mit einbringen:

Das Einkommen meines Vaters war in jenen Tagen sehr schmal, für Anschaffungen blieb da wenig Spielraum. Irgendwann hatte meine Mutter wohl den Eindruck, dass ich alt genug sei, um am Morgen für eine oder zwei Stunden alleine sein zu können, und nahm deshalb für eine kurze Zeit einen kleinen Nebenjob an.

Obwohl mich Mutter gut vorbereitet hatte, war es dann am Morgen doch ein etwas mulmiges Gefühl alleine in der Wohnung zu sein. Eine völlig neue Erfahrung war es nun, sich morgens nach dem Aufstehen selbstständig zu waschen, anzuziehen und zu frühstücken. Alles lief bestens und Mutter lobte mich für meine Selbstständigkeit, was natürlich meinen Eifer anspornte.

Als ich mich wieder einmal an einem Morgen gewaschen hatte und gerade mit dem Kamm meine Haare ordnete, standen ein paar widerspenstige Haare am Hinterkopf ab und ließen sich einfach nicht bändigen. Während ich mit der Widrigkeit kämpfte, kam mir die rettende Idee.

Irgendwo stand doch eine Flasche mit Haaröl, welches mein Problem sicher lösen könnte. Flugs holte ich die Flasche und träufelte vorsichtig ein paar Tropfen ins Haar. Mit großer Freude sah ich nun, wie sich der widerspenstige Haarbüschel elegant an meinen Kopf anlagen.

Ich hätte zufrieden sein können, wenn da nicht ein neues Problem aufgetaucht wäre. Während das Haar am Hinterkopf schön glänzend anlag, störten mich nun einzelne unordentliche Strähnen an den noch nicht behandelten Stellen. Erneut griff ich zur Ölflasche, mehrere kräftige Spritzer ins Haar lösten rasch auch dieses Problem. Die ganze Frisur erlangte nun den Chic eines spanischen Caballero.

Aber man kann alles noch verbessern. Erneut griff ich zur Flasche, hier war Sparsamkeit fehl am Platze befand ich und der Erfolg gab mir recht. Ein erneutes Problem trat nun auf. Im Gesicht reichte das eng anliegende Haar nun bis weit in die Stirn, das war höchst störend und unangenehm.

Ich erinnerte mich daran, dass meine Mutter in solchen Fällen immer zur Schere griff, um die Haare auf eine vernünftige Länge zu bringen. Das kann doch nicht so schwer sein, dachte ich noch, als ich die Schere in der Hand hielt. Mit ein paar gekonnten Schnitten entfernte ich die lästigen Strähnen von meiner Stirn. Etwas Mühe hatte ich dann, als ich versuchte, die abgeschnittenen Haare von meiner mittlerweile gut geölten Stirn zu entfernen.

Stolz betrachtete ich nun das wahre Meisterwerk meiner Friseurkunst. Mutter wird sicher begeistert sein, dachte ich bei mir, während ich mir ein paar Tropfen Öl aus den Augen rieb.

Etwas ernüchtert war ich dann, als ich freudestrahlend in die entsetzten Augen meiner Mutter sah. Sie entölte mich dann, aber an meinem exzellenten Haarschnitt gab es nichts mehr zu verbessern, so lief ich wohl noch eine Weile mit einem etwas gewöhnungsbedürftigen Haarschnitt durch die Gegend.

Dem Friseur ist nichts zu schwör.
Merlin höchstpersönlich!

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Super!
 
Unsere erste Wohnung war eine 1,5 Raum Wohnung. Ein grösseres Wohnzimmer, eine angrenzende Küche mit breitem Durchgang, Minidiele, Minibad ohne Fenster und ein ellenlanger schmaler Flur, kein Balkon und Parterre. Auf dem Hof befanden sich etwa 15 Garagen und nebenan im Haus gab es eine Total-Tankstelle.

In der Küche stand meine Schlafliege und ein Vorhang trennte den Raum vom Wohnzimmer. Das Leben spielte sich hauptsächlich in der Küche ab. Hier stand auch ein Esstisch und hier hielten wir uns meist auf. Wenn ich ins Bett musste, gingen meine Eltern dann nebenan ins Wohnzimmer und zogen den Vorhang zu.

Das Bett meiner Eltern stand im Wohnzimmer zusammen mit einem Schrank, einer Couch mit Tisch und zwei Sesseln und.... einem schwarz/weiss Fernseher.

Als ich noch bei meinem Opa wohnte, schlief ich im Schlafzimmer und bekam von allen nichts mit. Hier jedoch war der Fernseher immer zu hören und alles was meine Eltern sagten oder taten bekam ich mit. Bis ich dann, manchmal mit den letzten Gerüchen vom Abendessen, eingeschlafen war.

Und eines Nachts wurde ich jäh aus dem Schlaf gerissen. Krach und Geschrei hatten mich geweckt. Meine Eltern stritten sich heftig und ich war durch das Geschrei wach geworden. Mein Vater war total empört und sauer auf meine Mutter und war dabei seinen Koffer zu packen. Ich weiss nicht mehr worum es ging aber es war klar, er wollte weg.

Mutter weinte. Ich war aufgestanden und hatte den Vorhang etwas beiseite gezogen. Dann sahen sie mich. Auch ich hatte angefangen zu weinen, aus Angst Vater würde uns verlassen. Ich konnte kein Wort sagen, ging aber auf die beiden zu. Der Streit verstummte und plötzlich sassen wir alle auf dem Elternbett und hielten uns in den Armen. Vater blieb.

Erschöpft schlief ich ein.

Irgendwie musste ich all diese Dinge damals ausblenden. Abschotten, Weghören... nicht mehr hin hören...

Kurze Zeit später musste ich zum 2. Mal ins Krankenhaus. Wieder das Ohr! Ich bekam ein Plastik-Trommelfell eingesetzt, in mein Trommelfell hatte sich ein Loch gefressen so gross wie eine Bohne.

Auf dem betroffenen Ohr hörte ich seitdem etwas schlechter.

Dann zogen wir irgendwann in unsere zweite Wohnung, 500 Meter Luftlinie von der vorherigen entfernt.
2,5 Raum, 1. Etage, mit rückseitigem Blick auf die Metzgerei in der mein Vater arbeitete.

Ich schlief in der Küche. Ein Vorhang trennte nachts das Geschehen in der Wohnung von mir ab.... stofflich.

Doch die Lebensumstände machten es in der folgenden Zeit erforderlich, dass ich mich weiter abschottete. Die Glocke wurde immer dichter, immer dicker. Einfach Weghören.

Es war irgendwann zur Normalität geworden, so sehr dass ich es selber nicht mal mehr bemerkte.

Ja, so war das damals.... und gerade denke ich, es ist immer noch nicht weg.

Vielleicht hätte ich öfter auf sie zugehen sollen....
 
Heute habe ich in alten Unterlagen geforscht und fand ein altes Hochzeitsfoto meiner Eltern. Auf der Rückseite war ein Datum geschrieben: 20.02.1960.

Da war ich anderthalb Jahre alt! Ich war geschockt.

Ich bin ein uneheliches Kind! Ein Kind der Schande. Ob ich da jemals drüber weg komme...:(
:bwaah:
 
Heute habe ich in alten Unterlagen geforscht und fand ein altes Hochzeitsfoto meiner Eltern. Auf der Rückseite war ein Datum geschrieben: 20.02.1960.

Da war ich anderthalb Jahre alt! Ich war geschockt.

Ich bin ein uneheliches Kind! Ein Kind der Schande. Ob ich da jemals drüber weg komme...:(
:bwaah:


Das meinst Du jetzt aber nicht ernst oder?

Vielleicht dachten die Menschen damals so, aber das ist doch längst nicht mehr so und deshalb musst Du diese Gedanken auch nicht haben!

Ich habe in meiner Familie Ähnliches gefunden bei der Ahnenforschung und zwar bei meinen Ur-Ur-Großeltern mütterlicherseits, sie hatten nur ein Kind bekommen, das war die Mutter meiner Omi und als ich die Geburtsdaten von der Mutter meiner Omi sah und die Daten der Hochzeit ihrer Eltern, sah ich mit Erstaunen, dass meine Ur-Ur-Großeltern erst ein Jahr nach der Geburt ihrer Tochter geheiratet hatten. Und das war noch im 19. Jahrhundert! Von daher kannst Du ganz beruhigt sein!:umarmen::D
 
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Das meinst Du jetzt aber nicht ernst oder?

Vielleicht dachten die Menschen damals so, aber das ist doch längst nicht mehr so und deshalb musst Du diese Gedanken auch nicht haben!

Ich habe in meiner Familie Ähnliches gefunden bei der Ahnenforschung und zwar bei meinen Ur-Ur-Großeltern mütterlicherseits, sie hatten nur ein Kind bekommen, das war die Mutter meiner Omi und als ich die Geburtsdaten von der Mutter meiner Omi sah und die Daten der Hochzeit ihrer Eltern, sah ich mit Erstaunen, dass meine Ur-Ur-Großeltern erst ein Jahr nach der Geburt ihrer Tochter geheiratet hatten. Und das war noch im 19. Jahrhundert! Von daher kannst Du ganz beruhigt sein!:umarmen::D
Ich habe mich bereits um einen Therapieplatz bemüht. Das muss ich erst mal aufarbeiten....

Nee nee, war nur Spass!

Überrascht war ich schon, doch ich denke ich kann damit umgehen.

Aber danke für Deine liebevolle Anteilnahme. :)
 
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