Was mir hier im Nachhinein beim Niederschreiben klar wird: (Vielleicht auch durch die zusätzlichen Impulse der still Mitlesenden hier?)
Meine Eltern haben mich nach draussen geschickt, um für sie etwas zu holen, für das sie sich selbst geschämt haben. Ich als Kind musste fast einen Kilometer zu Fuss laufen und das obwohl mein Vater ein Auto hatte und musste sichtbar für alle Nachbarn rundherum in schönster Regelmässigkeit für sie Schnaps, Bier in Kästen und Zigaretten holen. Und das nicht nur sichtbar für alle im Umfeld sondern auch laut hörbar im Umfeld, weil ich es als Elfjähriger nicht geschafft habe, die Bierkästen lautlos zu schleppen.
Erst war ich dazu da, um eine grössere Wohnung zu bekommen und jetzt war ich dazu da, den Stoff zu holen der dafür sorgte, dass meine Eltern am Abend sich laut hörbar für die Nachbarn stritten und hinterher besoffen in der Ecke lagen. Und das sich die Schande/Scham des Besorgens von Alkohol bei mir auch noch als ein Familien/Zusammengehörigkeitsgefühl abgespeichert hat.
Von wegen Familienerbe abgelehnt...
Ich bin selbst auch Raucher, meine Frau auch. Ich trinke zwar keinen Alkohol, aber wenn hier in letzter Zeit vorkommend Brandlöcher im Teppich auftreten, dann sind sie tatsächlich von mir und ich würde mal rückblickend sagen, dass ich nicht nur in Teppichen der Verursacher für Brandlöcher war, sondern dass es auch sonst in meinem Leben im übertragenen Sinne einen Anteil hatte.
Ich stelle fest, dass ich mich sehr sehr auf die Seite meiner alkoholsüchtigen Mutter geschlagen habe, die leise war und nicht zu hören war und meinen genauso alkoholsüchtigen Vater abgelehnt habe, weil er laut war. Meine Mutter, die im Haus als die arme bedauernswerte Frau galt und ich als ihr armer bedauernswerter Sohn und Junge. Als ich mich von meinen Eltern getrennt hatte, hatte ich tatsächlich auch lange Zeit mit Geld als Thema zu kämpfen und ständig Löcher im Geldbeutel. Und ich habe mich auch lange Zeit überall sehr angepasst, um nicht unangenehm und beschämend aufzufallen und immer lange etwas hingenommen. Ich war für meine Chefs immer ein sehr "pflegeleichter" Arbeitnehmer. Es hat immer ewig lange gedauert bis ich mal gesagt habe: So, jetzt ist Feierabend!
Bis ich es dann mal gewagt habe den Satz zu sagen: (Damals im Anfang war ich noch Berufskraftfahrer) "WENN hier jetzt kein Geld kommt, bleibt der Schlüssel stecken.!!!"
Und siehe da, das Geldtor ging auf...