Haris schrieb:
Es stört mich selbst, dieses "etwas erreichen" wollen. Ich bin hier einerseits wie ein Kind, dem ein Lolli versprochen wurde, wenn es nur alles genau richtig macht. Eine Schicht meines Bewusstseins sucht dieses Besondere - (aber ich halte es nicht für Gedankeleere!!!) Dieser Verheißung jage ich erstmal ganz naiv nach, weil mein Leben mich an einen Punkt der völligen Hilflosigkeit gebracht hat. Alle "Konzepte" die ich bisher benutzt habe, um mich endlich von dem ganzen Mist zu befreien haben nicht funktioniert. Mein innerster Antrieb ist die Hoffnung auf Rettung. Es kommt bei mir alles aus tiefer Verzweiflung und daher hat es sowas wie "Loswerden wollen". Jetzt erscheint durch Zufall ein neuer Hoffnungsschimmer: "Spiritualität". Ich habe mich früher nie damit beschäftigt, doch kaum hatte ich zum ersten Mal Berührung damit, war ic sofort aus dem Häusschen. Dort - d.h. in dieser Disziplin- bin ich noch Neuling, wenn Du so willst ein neues Konzept, auch wenn ich immer schon ein "spiritueller Mensch" war - ich kenne mich noch nicht mit den Begriffen der offiziellen Lehren aus, darum suche ich die Erfahrung und das Verständnis anderer zu verstehen.
So weit, so ehrlich.
Ich glaube nichts von dem, was ich höre! Ich glaube letztlich nur mir selbst.
Ach, wirklich? Warum hast du dann überhaupt angefangen, dich mit Spiritualität auseinanderzusetzen? Etwa einfach so aus dem Blauen heraus? An einem schönen Sonntagnachmittag kam dir plötzlich die Idee, du könntest ja doch mal ein Buch vom Geshe lesen?
Du
bist bereits hereingefallen. Alles, was jetzt passiert, passiert nur noch an der Oberfläche, passiert nur noch unter der Voraussetzung, dass dich das Thema "Spiritualität" bereits gefangen hat. Es dient alles nur noch als Vorwand, dich erneut um einen imaginären Mittelpunkt zu drehen, der einen Ausweg verspricht. Jetzt beginnst du nämlich dich mit Theorien auseinanderzusetzen, Bücher zu wälzen, zu meditieren etc. pipapo. Hättest du nicht schon früher daran geglaubt, dass es irgendwas, was das auch immer sein mag, in der Spiritualität zu holen gäbe, so würdest du dich nun gar nicht erst mit diesen Themen auseinandersetzen.
Also noch einmal: Das alles ist bloss passiert, weil du hier, wie du richtig sagst, einen Strohhalm siehst, und dich willig daran klammerst. Und natürlich musst du dir in dieser Situation einreden, dass du sozusagen alles ganz freiwillig tätest, dass dich der Geshe und andere überhaupt nicht durch ihr Gerede beeinflussen würden. Natürlich musst du das von dir glauben, wie jeder das von sich glaubt, der an den Punkt kommt, an dem du dich befindest (denn du bist wahrlich nicht der einzige), denn sonst würdest du plötzlich mit der unangenehmen Wahrheit konfrontiert, dass du nicht bloss bereitwillig dich an jeden erdenklichen Strohhalm klammerst, sondern du müsstest dir auch eingestehen, dass du nicht einmal einen freien Willen hast, das tun oder sein zu lassen, sondern dass du diesem Trieb völlig ohnmächtig ausgeliefert bist.
Das Argument, man würde nichts einfach so von anderen glauben, dient dann nur noch als blosser Vorwand, die Sache schöner zu reden, als sie ist, um möglichst nicht mit der eigenen Ohnmächtigkeit konfrontiert zu werden.
Du hast gar keine Wahl, anders zu reagieren, als du es soeben tust, und buchstäblich jeder einzelne Atemzug, den du tust, ist nichts als eine Strategie, weiterhin vor der Wahrheit zu fliehen, dass du gar nicht weisst, wonach du suchst, nicht weisst, wie du was-auch-immer erreichen jemals willst, und in keiner Weise einen freien Willen hast, die sinnlose Sucherei ebenso gut sein zu lassen.
Genau das gleiche habe ich auch getan, alleine deshalb bin ich in der Lage, dieses Muster an anderen zu erkennen.