Wenn Patienten mit einer
Schizophrenie - sogar gegen ärztlichen Rat - nach rund einem Jahr ihre antipsychotischen Medikamente absetzen, nimmt ihre Erkrankung in den folgenden zwanzig Jahren - und damit ihr Leben - vermutlich einen deutlich besseren Verlauf, als wenn sie weiter die verordneten Neuroleptika erhalten. Das förderte eine der wichtigsten Langzeitbeobachtungen von Psychosekranken, die Chicago-Studie, im vergangenen Jahr zutage. Es sind solche und zahlreiche weitere Beobachtungen, die die jahrzehntelange Behandlungspraxis bei Schizophrenie mit Neuroleptika fragwürdig erscheinen lassen. Und es sind solche Studienergebnisse, die Psychiater wie Volkmar Aderhold von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald und Stefan Weinmann vom Vivantes-Klinikum in Berlin-Kreuzberg dazu veranlassen, die hierzulande weitverbreitete Verschreibungspraxis zu kritisieren und dringend eine längst überfällige Neufassung der Behandlungsleitlinien zu fordern.