Da könnte man auch sagen, Stern und Spiegel sind rechts und wer sie liest, deswegen natürlich auch. So rückt man jemand missliebigen schnell und wirksam ins Aus.
Ja, das funktioniert wie ein Reflex. Es ist tatsächlich ein bisschen wie „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, wobei es dabei vor allem zwei Aspekte gibt:
Wenn irgendeine Instanz die eine gewisse Autorität hat, in der Lage ist festzulegen wer nun ein Schmuddelkind ist, dann wird das in aller Regel nicht weiter hinterfragt. Und es braucht dazu nur einige Begriffe die assoziativ sehr aufgeladen sind: Verschwörungstheoretiker, rechts, antisemitisch, AfD, (…).
Der psychologische Reflex und Grund warum das gerne angenommen und nicht hinterfragt oder geprüft wird ist bei vielen dann zum einen moralische Selbst-Überhöhung, was in gewisser Weise sogar natürlich ist. Wir alle möchten uns lieber gut als schlecht fühlen und sich „besser als andere“ zu fühlen ist eines von den guten Gefühlen. Gibt es eine Gelegenheit dazu, dann nehmen wir eine solche Chance oft gerne wahr. Die Alternative dazu könnte wiederum zur Sorge führen, mit den Schmuddelkindern in einen Topf geworfen zu werden. Sich dieser Sorge zu stellen und trotzdem zu eigenen Überzeugungen zu stehen, zu differenzieren und nicht einfach das pseudomoralische Gebrüll mitzumachen braucht dann schon Charakter, v.a. wenn es um jemanden geht der nicht anonym oder mächtig sondern als individueller Wissenschaftler agiert.
Denn all das führt zum Paradox, dass genau jene die sich darum bemühen fairer zu sein und zu differenzieren, oft genau dem Vorwurf aussetzen auf der moralisch falschen Seite zu stehen.
Das Problem dabei ist: „Glaubwürdigkeits-Macht“ betreffend gibt es ein gigantisches Missverhältnis zwischen normalen Bürgern und „Instanzen“, wie etwa großen Medienverlagen oder auch Wikipedia. Letztere sind in der Lage vermeintliche Wahrheiten zu definieren und sin der Regel schaffen sie das ohne wirklich angreifbar zu sein. Zum einen sind sie oft so groß dass Kritik an ihnen abperlt. Zum anderen müssen sie ja nicht lügen, sondern nur aus allen verfügbaren Informationen jene auswählen die sich benutzen lassen und dann macht der Ton die Musik. Und das ist was
@Spirit ansprach: Framing.
Und weil Menschen einfach Menschen sind, und weil alles was wir auch nur in irgendeiner Art tun Ausdruck und somit Kommunikation ist, und auf anderen Seite jegliche Kommunikation ausschließlich subjektiv interpretiert werden kann, sind Menschen nicht besonders schwer zu manipulieren - und wir alle manipulieren auch andere. Wir machen das bewusst aber auch unbewusst. Letzteres oft weil wir eigene Intentionen oft gar nicht wirklich in der Tiefe kennen/verstehen. Wir tun es aber auch weil wir logischerweise unseren eigenen Interessen und Überzeugungen folgen - und genau das macht auch wieder manipulierbar. Psychologisch ist das ein Kreislauf.
Aber wie gesagt, es gibt große Unterschiede zwischen Individuen und Medienhäusern. Wenn jemand wie Daniele Ganser erst mal in die rechte Ecke gerückt wurde, dann gibts da kein Entkommen mehr.
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Ein kleines Gedankenspiel:
Man stelle sich vor DER SPIEGEL wäre ein sehr junges Magazin und dann würde im Wikipedia-Artikel Folgendes auftauchen:
- Viele Titelblätter des Spiegel zeigen eine deutlich islamfeindliche Tendenz. Selbst Udo Ulfkotte, der bekannte Kopp-Autor rechtspopulistischer, islamfeindlicher sowie verschwörungstheoretischer Bücher, übernahm Titel und Cover seines Buches „Mekka Deutschland - die stille Islamisierung“ vom gleich betitelten Cover des Magazins.
- Der Spiegel-Journalist Saltzwedel verhalf dem antisemitischen Buch „Finis Germania“ auf die Spiegel-Bestsellerliste und damit zu deutlich steigenden Verkaufszahlen.
- Im Dezember 2018 wurde bekannt, das viele Artikel des Spiegel nahezu komplett erfunden waren.
- Nicht nur renommierte Medien, sondern selbst einige SPIEGEL-Journalisten, bezichtigten den Spiegel wegen des Titels „Stoppt Putin! Jetzt!“ der Kriegstreiberei gegen Russland.
- Der Spiegel hat wiederholt gegen erneuerbare Energien, v.a. Windkraft, angeschrieben. Später stellte sich heraus das der damalige Chefredakteur Stefan Aust seine Pferdezucht durch Windkraftanlagen bedroht sah.
…dann haben wir eigentlich schon alles zusammen:
- Islamophobie, plus Verbindung zu einem rechten Autor des Koppverlags
- Antisemitismus
- Manipulation bzw. erfundene Geschichten
- Kriegstreiberei
- Gegen alternative Energien / Interessenkonflikt
Und wie gut wäre das belegbar? Sehr gut, das sind Fakten und das Framing (im Sinne von "Ton macht die Musik" in meinen Formulierungen oben) ist sogar zurückhaltend:
Würde man dann auch nur einen Spiegel-Link in dieses Forum setzen, gäbe es jede Menge Kritik das man sich auf ein derart rechtes Blatt stützt, logischerweise in Kombination mit einem Link zu Wikipedia in dem obiges aufgeführt ist. Und das könnte man theoretisch mit jeder News-Seite machen und man kann es auch mit jedem Individuum machen. Aber genau wie man den Spiegel nicht komplett darauf reduzieren kann und sollte, kann und sollte man das mit Individuen auch nicht. Gerade letzteres wird aber getan und es gibt aber einige Unterschiede: Der Spiegel ist sehr bekannt und in den Köpfen vieler als eher links, eher moralisch usw. verortet. Jemand wie Ganser ist für die allermeisten noch gar kein Begriff. Und während das oben zumindest faktisch wirklich korrekt ist, muss jemand wie Ganser sich gar nichts zu schulden kommen lassen was eigene Äußerungen und Publikationen betrifft, damit all die aufgeladenen Begriffe, wie
Koppverlag, AfD, Verschwörungstheoretiker, usw. auf ihm abgeladen werden.
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Edit: Weil es so eindrucksvoll ist - in vollem Glanz - SPIEGEL UND KOPP, Hand in Hand: