Condemn schrieb:
Es geht (für die meisten) nicht darum, ob es Sinn macht CO2-Emissionen einzuschränken.
Ist das jetzt dein ernst?
Doch, genau darum geht es. Auch, wenn du das nicht wahrhaben willst. Wie gesagt, diese ganze Consensus-Diskussion wurde durch das Petition Project in Gang gebracht, die behauptet haben, der Mensch hätte keinen signifikanten Einfluss auf das Klima. Und es geht
natürlich darum, dass von den Klimaskeptikern behauptet wird, man müsste die Emissionen nicht einschränken, weil sie eben entweder keine Signifikanz haben oder die Konsequenz nicht schlecht sei.
Insofern scheint auch diese Studie nicht so super korrekt zu sein.
Komisch, dass es mehrere andere Studien gibt, und jede davon kommt zum Schluss, dass ein Konsens existiert ... siehe Anderegg et al, Doran und Zimmermann, Oreskes, James Powell, etc etc.
Condemn schrieb:
Witzig ist, dass Du jedes mal der bessere Wissenschaftler bist und genau weißt, was seriös ist und was nicht, was korrekt ist und was nicht. Und zufälligerweise decken sich Deine Ausführungen jedes mal mit Deinen Überzeugungen.
Das liegt nicht daran, dass sich die Ausführungen meinen Überzeugungen anpassen, das liegt einfach daran, dass ich meine Überzeugungen den wissenschaftlichen Erkenntnissen anpasse. Es gibt einen
Haufen Studien zu der Konsens-Problematik, nicht nur Cook. SINTEF hat z.B. auch Anderegg et al aufgegriffen und mit Kritik konfrontiert - dabei haben sie aber völlig außenvor gelassen, dass Anderegg et al auf diese Kritik eingegangen sind. Das wurde aber nicht erwähnt. Und weil du dich vorher schon über "graue Literatur" mockiert hast - darauf solltest du die SINTEF-Studie lieber auch nicht untersuchen, wenn du deine "hohen Standards" behalten möchtest.
Das Problem an der SINTEF-Studie ist zusätzlich, dass sie extrem viele "Wissenschaftler" mitzählt, die keine Klimawissenschaftler sind, also nie wirklich durch Publikationen oder besondere Ausbildung/Forschung in dem Gebiet aufgefallen sind, sondern eher solche, die sich in der medialen Debatte engagieren. Eben das wurde bei den Studien á la Cook oder Powell nicht gemacht - dort wurden Artikel aus den Journals zur Thematik herangezogen. Interessant auch bei der SINTEF-Studie, dass sie keine strikte Methode hat, um den Konsens zu ermitteln, sondern eher eine "gefühlsmäßige Abwägung" vornimmt, was auch in den eher schwammigen Formulierungen in der Conclusion (falls du die Studie gelesen hast) widerspiegelt.
Condemn schrieb:
Du kannst Dich doch auf den Konsens berufen. Du musst nur damit klarkommen, dass das auf mich aus mehreren Gründen keinen Eindruck macht.
Ich brauche mich nicht auf den Konsens berufen und mache das auch nicht, weil ein Konsens keine wissenschaftliche Validität erzeugt (jedoch indiziert). Ich lege aber dar, dass dieser Konsens auf jeden Fall
existiert, was du hier verleugnet hast.
Condemn schrieb:
Was stimmt denn z.B. nicht mit dem Statistiker Björn Lomborg, den Pachauri mit Hitler verglichen hat weil er so falsch denkt? Was stimmt mit Richard Tol nicht?
Du hast meine Frage ignoriert: Ist einer von denen ein Naturwissenschaftler, der die fachliche Kompetenz hat, das Ausmaß des Anteils von AGW richtig einzuschätzen?
Condemn schrieb:
Dass beide wieder enge Verknüpfungen zu von Exxon finanzierten Think Tanks (z.B. Heartland Institute) haben ist wohl klar, aber das hat ohnehin praktisch jeder Skeptiker. Interessant ist aber z.B. eine Untersuchung von Lomborgs Buch "Skeptical Environmentalist" durch das DCSD:
"The DCSD cited The Skeptical Environmentalist for:
Fabrication of data;
Selective discarding of unwanted results (selective citation);
Deliberately misleading use of statistical methods;
Distorted interpretation of conclusions;
Plagiarism;
Deliberate misinterpretation of others' results."
Daraufhin hat Lomborg eine Gegenuntersuchung eingeleitet ... das lustigste daran: Der Hauptkritikpunkt war, dass das DCSD gar nicht befugt war, das Buch zu untersuchen, weil es sich nicht um eine naturwissenschaftliche Veröffentlichung gehandelt hat. Ob das der Wahrheit entspricht oder nicht sei dahingestellt, aber alleine, sich auf so eine Argumentation zu berufen ist doch schon blanker Hohn. Übrigens - das DCSD hat Lomborg aber teilweise seiner Schuld enthoben, weil seiner (Vorsicht, jetzt kommt der Witz) "
lack of expertise in the fields in question" (sprich Klimawissenschaft). So nebenbei, nach dem ganzen Debakel hat Lomborg noch versucht, eine Petition aufzustellen von Wissenschaftlern, die sein Buch nicht für wissenschaftlich verfehlt halten - daraufhin hat sich aber prompt eine Gegenpetition gebildet, die großteils aus Naturwissenschaftlern bestand und über doppelt so viele Unterschriften sammeln konnte.
Das ganze lässt sich so zusammenfassen: Lomborg ist kein Naturwissenschaftler, er ist Ökonom. Er hat einige Studien mit Klima-Thematik veröffentlicht, aber nicht von der klimawissenschaftlichen Seite her, sondern von der ökonomischen: Also welche ökonomischen Auswirkungen diese und jene klimapolitische Entscheidung hat. Ich zweifle nicht an, dass diese fachlichen Ausführungen hochwertig sind. Problematisch ist aber, dass er sich dabei grundlegend auf ein Szenario verlässt, das auf Mindermeinungen basiert und davon ausgeht, dass der anthropogene Anteil an der Erwärmung geringer ist, als vom Großteil der Klimaforscher erwartet. Gerade bei der Beweisführung zu diesem Thema hat er sich richtig in die Nesseln gesetzt - auch manipulierte Daten verwendet etc. Damit lässt sich erklären, warum er von Wirtschaftswissenschaftlern viel Zuspruch und von Naturwissenschaftlern weithin Ablehnung erfahren hat. Das Problem ergibt sich aber: Was für einen Nutzen hat eine (solide) wirtschaftswissenschaftliche Arbeit, wenn sie auf einer völlig falschen Prämisse beruht?
Zur Info: dieser Streit ist schon 15 Jahre her. 2010 hat Lomborg seinen Kurs geändert: Er hat gesagt, dass die Klimaveränderung ein Problem größter Priorität ist und dass jährlich ein Budget von etwa 100 Milliarden Dollar und eine Kohlendioxidsteuer nötig ist, um eine Verschlimmerung zu vermeiden (
link). Daraufhin haben sich er und Pachauri auch versöhnt, so nebenbei.
Condemn schrieb:
In IPCC-Berichten ist viel "graue Literatur". Und damit ist auch das Potential gegeben, dass sehr unwissenschaftliche Interessen mit einfließen.
Wieviel ist "sehr viel" - und vor allem: wie wird diese "graue Literatur" verwendet? Wieviel davon wird wirklich als Basis einer Argumentation verwendet, und in welcher Weise? Graue Literatur ist nichts Unwissenschaftliches - im Gegenteil: Ich lese gerade ein Buch über Metaanalysen im Pharmabereich. Viele der Metaanalysen zu Medikamentenstudien geben ein verzerrtes (zu positives) Bild wieder, weil viele negative Trials nicht veröffentlicht bzw. vorzeitig abgebrochen werden. Diese Studien gehören auch zur grauen Literatur - nur, indem man sie miteinbezieht, bekommt man ein repräsentatives Ergebnis.
Condemn schrieb:
erstellen Studien für Versicherungen und auf einmal kann niemand mehr so genau wissen, inwiefern das alles wissenschaftlich-seriös zugeht oder ob nicht auch Einflussnahmen damit verbunden sind...
Die wissenschaftliche Arbeit kann trotzdem von Fachkollegen überprüft werden, und das geschieht auch. Problematisch ist sowas nur, wo offensichtlich Daten verfälscht wurden, denn bei verfälschten (Roh)Daten ist es oft schwer, den wissenschaftlichen Mangel aufzudecken. Soweit lehnen sich aber nur selten Wissenschaftler aus dem Fenster, denn sowas hat im Normalfall auch rechtliche Konsequenzen (anders als z.B. eine Misinterpretation der Rohdaten durch eine einseitige statistische Auswertung, die hingegen aber wieder leicht von Kollegen aufgedeckt werden kann).
Ich bezog mich da eher auf private Aussagen, die dann auf Blogs getätigt werden, außerhalb der wissenschaftlichen Arbeit.