Ich glaube, wir interpretieren "Demut" unterschiedlich.
Für hat es etwas von "zu Kreuze" kriechen.
Mut heißt für mich: hoch erhobenen Hauptes durchs Leben gehen und nicht mit gesenktem Kopf warten, was dieser Gott mir noch so aufbürdet.
		
		
	 
Demut ist eine Seelenhaltung, die aus der Überlegenheit und aus dem Sieg der Herzenskräfte über den Intellekt hervorgeht.
"Man sieht nur mit dem
 Herzen gut; das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!" - Eine tiefe Weisheit, die der Fuchs dem "Kleinen Prinzen" im Märchen zu bedenken gibt: Der leb- und gefühllose kalte
 Intellekt (die "Augen"), der nur das rein Sinnenfällige und Vergängliche als Realität anerkennt - verfällt leicht dem Wahn, weil er eben
 alles sinnlich Wahrnehmbare, 
alles Zähl-, Wäg- und Messbare in der Welt erfasst und be-greift,
 alle Realität schlechthin zu kennen und zu 
erkennen. Von daher ist es auch verständlich, dass aus dem Intellekt heraus
 Überheblichkeit und
 Hochmut hervorgehen - und mit ihnen deren Schattenphänomene: Die 
Furcht und die
 Feigheit vor dem
 Un-Verstehbaren, Un-Fassbaren, Un-Definierbaren, kurz: vor dem
 Wesentlichen, dass allem Seienden zugrunde liegt - ihm aber natur- und wesensgemäß verborgen und ein ewiges finsteres Rätsel bleibt und bleiben
 muss.
Das "Wesentliche", das Geistige an sich, ist un-endlich und all-ewig; jegliche geistige Erkenntnis markiert immer einen Höhepunkt und einen Urgrund zugleich. Dem Herzen, in welchem ein Funke des All-Geistes glimmt, ist diese Tatsache eine - wenn auch zumeist unbewusste - Selbstverständlichkeit. Deshalb lässt das Herz solcherlei finstere Anwandlungen, wie sie durch den bloßen Intellekt, dem matten toten Wiederglanz des reinen Geisteslichts drohen, gar nicht zu, denn es "sieht", erkennt und versteht das Wesen der Dinge 
in ihnen, es dringt im Moment des Schauens und Erkennens unmittelbar zu deren Wesenskern vor und lässt es in seinem selbst-eigenen Erkenntnis-Licht in ganzer Pracht und Herrlichkeit erglänzen. Der Intellekt erkennt das 
Scheinbare, das Herz aber erkennt das Scheinbare und das 
Wirklich-Wahre, weshalb es 
als einzige Geisteskraft Wahrheit und Lüge zu unterscheiden vermag.
Die biblische Legende vom "Sündenfall" erzählt in schlicht-eindringlichen Bildern, was die Vorherrschaft des Intellekts und mit ihm die geist- und leblose rein materialistische Weltanschauung anrichtet. In Luzifer, dem "Lichtträger", spricht der gleißend helle eisige Lichtstrahl des Intellektes, die Zunge des scharfen zweischneidigen Schwertes der genialen Intelligenz. Er hat in die Menschheit den Impuls der intellektuellen Erkenntnisfähigkeit und des logischen Denkens gesetzt, und er lockte, sofern sie diesen Impuls in sich aufnähmen, mit einem großen, einem gewaltigen Versprechen: "Es werden euch die Augen(!) aufgehen, und ihr werdet sein wie
 Gott!" - Ja, und heute sehen wir, wie
 recht Luzifer damit gehabt und damit sein Versprechen vollends eingelöst hat! "Sein
 wie Gott", genial und schöpferisch kreativ - hier auf dem stofflich-physischen Sektor, das Natur-Gesetzmäßige durchschauen, lenken und beherrschen, ja sogar 
abändern und in ihr 
Gegenprinzip umwandeln könnend, fähig schließlich sogar, das Prinzip Materie
 selbst in den namenlosen Abyssus des absoluten Chaos und der totalen Vernichtung zu stürzen... - Luzifer, der "bloße" unmittelbare Empfänger, Träger und Reflektor des erhabenen Christus-Lichtes,
 er ist gefallen aus Hochmut und Neid vor dem, der
 wahrhaft groß ist, der
 wahrhaft leuchtet und
 wahre Gottes-, Geist-und Welt-Erkenntnis bringt, gefallen vor dem CHRISTUS, der der Menschheit die Erkenntnisfähigkeit für die
 Wahrheit und das
 Wesentliche ins Herz gepflanzt hat. Nun hat der Gefallene die
 Menschheit zu Fall gebracht, oder besser: sie dazu verführt,
 sich selbst zu Fall zu bringen durch die Erkenntnis ihrer intellektualistischen Genialität und die hieraus erwachsenen Geschwüre der Selbstverliebtheit, des Ehrgeizes, des herablassenden Hochmuts den intellektuellen "Naivlingen" gegenüber; und fallen 
wird die Menschheit, wenn ihre geistige Verblendung sie der Überzeugung versklavt, nicht nur 
wie Gott, sondern
 selber Gott zu sein und sie dazu veranlasst, den 
wahren Gott als eine Utopie und Phantasterei verträumter Spinner quasi abzuschaffen. -
Man kann dasjenige, was ich hier auseinanderzusetzen versuche, als eine Definition dessen betrachten, was Demut gerade
 nicht ist und
 nicht ihre tatsächlichen Merkmale ausmacht. Im Grunde könnte man konstatieren: Je nüchterner und realistischer der Intellekt seine
 wirklichen - sprich: seine
 positiven und praktisch
 nützlichen Werte und Fähigkeiten und seine Grenzen erkennt, desto mehr kommt auch das "Sehen mit dem Herzen" zur Geltung und desto eher kann dieses "Herzenssehen"
 seine Erkenntniskräfte entfalten und fortentwickeln. Die heilige Stimmung der Demut beginnt schon im Menschen aufzusteigen, wenn ihm bewusst wird, dass nicht das
 Gehirn, sondern das
 Herz das
 wahre Erkenntnisorgan des Wesentlichen, des Geistigen ist. Schaut man einmal auf die 
Kinder, dann sehen wir, was eine natürliche demütige Grund-Seelenstimmung bewirkt: Bei einem Kind, etwa ab dem Stadium des Sprechenlernens, sind - naturgemäß bis zum 7., 8. Lebensjahr - die intellektuellen Denk- und Verstandeskräfte noch nicht erwacht, seine "Augen" sind noch geschlossen. Dafür sind Herz und Gemüt für die Welt der Erscheinungen weit geöffnet. Alles, was ein solches Kind wahrnimmt und erlebt, erlebt es ausschließlich als Gefühl, als Empfindung. Die wachsame, herabkühlende und ernüchternde Instanz des kritischen Intellekts, der nur das nicht-erlebbare Stoffliche in seinen "Augenschein" nimmt und analytisch kategoriert, ist nicht dazwischengeschaltet. Und weil nun das Kind zu dem, was es da innerlich erlebt und zutiefst beeindruckt, noch nicht eine kritische Distanz zu schaffen und es erkenntnisstrebend denkerisch zu reflektieren imstande ist, steigt in seiner Seele eine Stimmung auf, in der das für es un-durchschaubare und un-verstehbare Phänomen sich ihm als ein tiefes Welten-Rätsel und universales Welten-Wunder offenbart:
 Verwunderung und
 Staunen. Es erlebt als von bewusst-denkerischen Einflüssen ungetrübte reine Empfindung und Gemütsstimmung die
 Seele des Geistigen, das geistige 
Seelen-Wesen. - Verwunderung und Staunen kommen also auf, wenn nicht das Auge des materialistisch orientierten Intellekts
, sondern das des geist-sichtigen und geist-fühlenden 
Herzens auf die Dinge gerichtet ist:
 Sich-Verwundern- und Staunen-Können setzen eine demütige Grundhaltung voraus. - Den
 Erwachsenen, der seinen kritischen Intellekt zu gebrauchen gelernt hat und gewohnt ist, setzen im Laufe seiner Erfahrungen immer weniger Dinge in Verwunderung und Staunen; sie lassen ihn "kalt". Und richtet er sich auf seinem Erkenntnisweg primär oder ausschließlich nach dem Leitstern seines
 Intellekts, so droht auch sein
 Herz dauerhaft zu erkalten und dessen inneres warmes Seelenlicht zu verfinstern. Und jetzt verstehen wir die seltsam anmutende irritierende Mahnung des Christus den "gelehrten" und "verständigen", ganz vom Wust ihres bloßen Wissens und ihrer intellektuellen Klugheit eingenommenen Jüngern gegenüber: "Lasst die kleinen Kinder zu mir heran und wehrt sie nicht ab, denn ihrer ist das Himmelreich! - Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht werdet wie die 
Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen!" - Das "Himmelreich" - die geistige Welt, die Welt der all-ewigen Rätsel und Mysterien und der Ur-Grund aller Geist- und Welten-Erkenntnis - es gehört den
 Kindern! Das bedeutet: Die geistige Welt ist das Reich einer 
reinen sonnendurchstrahlten Herzenskultur, in der für die mondenhaft tote, verfinsternde und philisterhaft zerstörerische Intellektualität 
kein Platz ist. - "Werden 
wie die Kinder": Das heißt, die intellektualistische Sichtweise wiederum vollständig zurückstellen, wodurch auch intellektuelle Arroganz und Selbstverliebtheit gebannt werden; und dann: Das 
Herz wiederum öffnen für die Welt und das Universum, freimütig und selbstlos, sich ganz der
 Seele der Dinge hingeben und ihr
 Wesen in sich vordringen und sprechen lassen. Dann beginnt sich das Herz zu verwandeln, es wird zu dem, zu dem es von Anfang an bestimmt ist: zum Empfindungs- und Erkenntnisorgan der
 Wahrheit. Diese innere "Zurückentwicklung" vom Intellektualisten zum
 Spiritualisten, vom "Erwachsenen" zum "Kinde" ist freilich nicht wortwörtlich zu verstehen. Es wird ja im Grunde nichts
 verloren, sondern
 hinzugewonnen und damit die Erkenntnisfähigkeit
 vervollkommnet: Denn
 jetzt ist der Intellekt nicht mehr der
 Herr des Herzens, sondern das Herz hat ihn sich unterworfen als seinen
 absolut hörigen Diener. Reines Herzensdenken und intellektueller Scharfsinn haben sich zum Werkzeug wahrer Erkenntnis vereinigt, und jede Erkenntnis, von der banalsten bis zur allerhöchsten, versetzt die Seele in
 tiefste Verwunderung und ehrfurchtsvolles Staunen ob der Erhabenheit und Größe des göttlichen Geistes. Im klaren Bewusstsein über  diese Wirklichkeit und über die alles umfassende, alles durchwaltende vollkommene Weisheit des Welten-Schöpfers mächtig erbebend fällt die Seele wie ohnmächtig auf die "Knie" und stammelt in ihrer Ergriffenheit Worte der innigsten Dankbarkeit und der tiefsten Ehrerbietung, die zu in Worte zu fassen gar nicht mehr möglich sind. - Was hier  in der Seele aufsteigt, bewirkt durch das intensive Erleben und Erkennen der all-göttlichen Weisheit und Liebe:
 Das ist Demut. -
(Fortsetzung folgt!)