der vater und ich sind eins, Johannes 10,30
Auf der Bank begann der Fremde:
Wenn auch das Gebot eines rachesüchtigen Gottes, du sollst allein an einen Gott glauben, bekannter ist, so steht doch auch in der Bibel, ihr seid Götter. Davon reden sowohl das Alte wie auch das Neue Testament. Jesus sagte, wisset ihr nicht, dass geschrieben steht, ich habe gesagt, ihr seid Götter. Wenn du so willst, steht Aussage gegen Aussage. Im Neuen Testament gibt es keinen rachsüchtigen Gott, da gibt es zum Beispiel im Gleichnis vom verlorenen Sohn einen liebenden Vater. Der rote Faden im Neuen Testament ist die Nächstenliebe und das nahe Himmelreich, das in der Mystik erfahren werden kann. Alle Erzählung vom Himmelreich oder vom Himmlischen Vater sind für den, der keine mystische Erfahrung hat, wie das Erklären der Farbe einem Blinden. Alle Erklärung hilft nur dem Blinden, der Farbe nicht sehen, vielleicht aber fühlen kann.
Einst hast du dich kleiner gemacht, als du tatsächlich bist. In Wirklichkeit bist du so groß, dass du vor deiner eigenen Größe Angst hast. Niemand kann dich kleinhalten, es sei denn, du erlaubst es. Mache dich nicht kleiner als du bist, und kehre zu deiner wahren Größe zurück.
Also, stelle dein Licht nicht unter den Scheffel, sei das, was du wirklich bist. Nimm deine wahre Größe wieder an. Die Zeit des sich Kleinmachens ist vorüber.
Identifiziere dich mit deiner eigenen Göttlichkeit, identifiziere dich mit deinem Herz.
Nachdenklich bedankte sich der reisende Händler für die Unterhaltung und schlenderte durch die Stadt.
Am Abend stieg er vom Ufer des Goldenen Horns die tausend Stufen den Galatahügel hoch zum Galataturm. Von dort oben blickte er auf das nächtliche Istanbul. Er sah hinüber nach Asien und über die Meerenge des Goldenen Horns in die Altstadt. Die Lichter der ersten Fischerboote, die zum Fang hinausfuhren, schienen sich ziellos zu bewegen, wie die Glühwürmchen über den Sommerwiesen.
Er lenkte seinen Blick zu den Sternen. Die Sternenkundigen sagen, dass sie nicht nur Bilder im Sternenhimmel erkennen können. Sie behaupten, dass die Sterne ganze Geschichten erzählen. Er schaute in das Firmament, ob es ihm auch eine Geschichte erzähle. Sein Blick ging immer weiter in die unendliche Schwärze und es war ihm, als würde auch er in die Tiefe des Alls eindringen, als hätte er die Erde verlassen und würde zu den Sternen aufsteigen. Je mehr er das Gefühl hatte, die Erde unter sich zu lassen, um so heller schien ein fernes Lichtpünktchen. Es wurde immer größer. Das Licht wurde größer als er selbst war und leuchtete mit einer Helligkeit, dass er die Augen schließen wollte. Das Licht ließ ihn nun wissen:
Ich bin die Quelle. So wie mich gibt es Milliarden von Milliarden von Quellen. Wir sind alle miteinander verbunden. Aus uns fließt es seit Milliarden von Milliarden von Jahren. Eines Tages wollten wir wissen, was mit unserem Licht geschieht. Und wir stellten fest, dass wir nicht wussten, was mit unserem Licht geschieht, wir wussten nur, dass wir unendlich Licht aus uns fließen lassen können. Schließlich wurde der Wunsch, über das, was aus uns herausfloss, mehr zu erfahren so groß, dass wir es unbedingt wissen wollten. Aber wir konnten nichts darüber herausfinden. Wir hatten nicht nur ein Problem, wir hatten ein, so schien es, unlösbares Problem. Das Licht ging und ging aber es kam nirgends an. Und so wurde von uns beschlossen, dass eine Ankunft geschaffen werden müsse.
Die Quellen beschlossen, dass jede einen Teil von sich absondern würde, der anstatt der Quelle des Lichts, die Quelle der Ankunft werden sollte, die Quelle, welche die Ankunft erschaffen wird.
Die abgesonderten Teile sollten ohne Verbindung zu ihrem anderen Teil sein. Die abgesonderten Teile waren die zu-künftigen Schöpfer, auf denen die ganze Hoffnung der Licht-quellen lag. Die Trennung musste vollkommen sein, damit eine völlig andere Schöpfung als Licht entstehen konnte. Die abgesonderten Schöpferteile waren erfolgreich. Sie schufen die Ankunft für das Licht. Sie schufen die Erde, auf der das Licht auftrifft und all die anderen Dinge, auf die Licht auftreffen und damit ankommen kann.
Diese Schöpfer haben aber nicht nur vergessen, dass sie zur Quelle des Lichts gehören, sie haben auch vergessen, dass sie die Quelle der Ankunft sind, dass sie das materielle Universum geschaffen haben. Laotse erinnert daran wenn er sagt:
Das Namenlose rief Himmel und Erde ins Leben.
Das Nennbare ist die Mutter aller Dinge.
Demnach enthüllt sich dem erwartungslosen Blick
Stets der Beweg-Grund;
Dem erwartungsvollen Blick aber enthüllt sich
Stets die Begrenzung.
Der Ursprung der beiden ist der gleiche,
nur dem Namen nach sind sie verschieden.
Sie können beide das Weltgeheimnis genannt werden,
die Pforte aus der das Leben kommt.
Sie glauben, dass ein Allah dieses Universum geschaffen habe. Sie glauben, sie würden ein paar Jahrzehnt leben und dann zu diesem Allah gehen. Aber sie gehen nicht zu diesem Allah, sie gehen zu dieser Lichtquelle zurück, von der sie gekommen waren. Und es gibt von beiden Seiten eine Rie-sensehnsucht zu einer Wiedervereinigung. Manche nennen die Wiedervereinigung mystische Hochzeit , die Lichtquelle Hohes Selbst und die Quelle der Ankunft das Ego.
Wenn Johannnes sagt: Der Vater und ich sind eins, dann ist es die Aussage die Laotse mit den Worten macht:
Der Ursprung der beiden ist der gleiche,
nur dem Namen nach sind sie verschieden.
LG
Paolo
P.S. Copyright bei mir.