Impressionen

Serenade

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Ysils Drache ist nicht grün. Er hat eine unbestimmte Farbe, wenn er zur Drachenkönigin kommt.
Ysil (ausgesprochen: Üsil) und Bela, - so begann eine Geschichte, die sich weiter entwickelte bis zu Arimas Reich. Bela, eigentlich Thygyrill (ausgesprochen: Tügüril) wurde auf der Leuchtenden Welt gezeugt und ist Kims und Marias Sohn. In dem Moment der Zeugung, die zugleich auch Thygyrills Geburt war, wurden Kim und Maria zu einer Einheit, namens Arima.
Ysil traf zuerst Bela, der sich als Thygyrill entpuppte und in ihr die Drachenkönigin erkannte, die unter Arimas Lehre die Herrschaft über die Drachen erlangte.

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Es wird so viel verfälscht, was aus dem geistigen Reich kommt und so viel missverstanden, was aus dem geistigen Reich kommt. Schon damals, als ich noch mit Kim Gespräche führte, sagte er, er sei bereits eins mit Maria. Und als ich von Thygyrill geträumt und 'gesehen' habe, dass er Kims und Marias Sohn auf der Leuchtenden Welt ist, glaubte ich meinem Traum nicht.
Träume sind Schäume und können wie auch immer gedeutet werden. Wir werden nie wissen, was sie wirklich bedeuten.
Irgendwann und irgendwie sickerte durch, dass es sich bei Ysil um Manola handelt. Das geschah, glaube ich in „Sturmnächte 2“. Manola war Kims und Marias einzige Tochter auf der Erde.
Kompliziert? Eigentlich nicht. Kompliziert ist es nur, wenn man zu viel darüber nachdenkt und es nicht einfach so nimmt, wie es kommt. Nein, nicht wie es ist, denn das werden wir niemals wissen und wenn, ist es bereits zu spät. Wir sollten also alles so hinnehmen, wie es kommt, wenn auch das einigermaßen schwierig ist.

Nun, wie kommt es, dass Manola Ysil ist? Ysil, ein Mädchen, das einst in einem Krankenhaus starb („Sterne fallen nur nachts vom Himmel“) und zur Drachenkönigin wurde. Ganz einfach durch die Übergänge, die wir Menschen das Sterben oder den Tod nennen. Das Sterben ist wie eine Landschaft, die sich vor uns auftut. Manchmal sehen wir eine Kreuzung und können sogar wählen, welchen Weg wir weiter gehen. Es spielt keine Rolle, denn gehen müssen wir sie alle. Und der Tod ist schließlich das Tor, durch das wir treten und wo wir dann eine Weile bleiben, bis wir abermals weiter wandern.
Und wer bin ich? Nur eine unbedeutende Erzählerin, die so vieles aus der Geisterwelt missversteht, weil sie dafür einfach zu viel Phantasie hat. Sie dichtet gerne etwas dazu, um die Geschichten vielleicht etwas spannender zu machen, was sie jedoch nie werden. Irgendwann muss sie sich einfach beugen und sich dem Geisterreich und seinen Stimmen ergeben. Im wahrsten Sinne der Worte.
Arima befindet sich nicht mehr auf der Leuchtenden Welt. Ysil und Thygyrill auch nicht. Sie sind weiter gezogen in eine höhere Dimension, in der Drachen und andere Fabelwesen existieren. Sie sind Teil der Wesen der Anderen Seite.
Im Grunde genommen hat es keine Bedeutung, ob es sich um Wesen Dieser oder der Anderen Seite handelt. Irgendwann besteht alles einmal aus beiden Energien, die eigentlich eine sind. Was aber noch immer der Unterschied zwischen den beiden ist, dass Wesen der Anderen Seite nicht wandern müssen, wenn sie das nicht wollen und ihre Gestalt beliebig wechseln können. Dennoch, Drachen werden immer Drachen bleiben und Einhörner immer Einhörner. Warum? Es ist einfach so. Und es ist einfach so, dass Wesen der Anderen Seite nun mal diese Vorzüge haben. Ich kann nur ahnen, dass sie bei der ersten großen Wanderung, die in den altindischen Schriften die vier Zyklen genannt werden, nicht mitgemacht haben. Sie blieben der so genannten Einheit, (die gar nicht so einheitlich ist) dem so genannten Goldenen Zeitalter, treu.

Ich sollte eine Namen für diese höhere Dimension erfinden, aber das tu ich nicht, denn Namen haben in immer höher werdenden Dimensionen kaum, wenn überhaupt, eine Bedeutung. Man erkennt sich am Herzen, an der Seele, - und am einfachsten gesagt, an der Energie.
In dieser höheren Dimension werden also Drachen gezähmt und als Flugobjekte missbraucht. Oh nein, es ist sicher nicht mehr so wie auf der Erde, dass sich die Menschen über die Tiere stellten und sie tatsächlich missbrauchten. Drachen lassen sich nicht wirklich zähmen und schon gar nicht missbrauchen. Sie wählen jene selbst, von denen sie sich scheinbar zähmen und reiten lassen.
Ysil wurde von ihnen gewählt. Zuerst war es Arima, als er von der Leuchtenden Welt in die höhere Dimension aufstieg, von dem sie sich zähmen ließen. Als Ysil und Thygyrill die Bildfläche betraten, näherten sie sich langsam aber sicher Ysil und bestimmten sie zur Drachenkönigin.
Wozu, wird man sich fragen, werden in höheren Dimensionen Drachen gezähmt und geritten? Um Spaß zu haben. Wozu sonst? Oder glaubt jemand, dass man in höheren Dimensionen mit gesenktem Kopf und betenden Händen herumwandert? Je höher die Dimension, desto mehr Spaß, Freude, Glückseligkeit! Und das gibt es nur dann, wenn man das tut, was man gerne tut. Ysil liebt die Drachen und ist am liebsten in ihrer Gesellschaft. Sogar lieber als in Arimas Gesellschaft und das will was heißen.

Es werden aber nicht nur Drachen gezähmt, sondern auch Träume verwirklicht. Um das so wundervoll wie nur möglich zu schaffen, wird auch das gelehrt.
Über dieses Träume-verwirklichen habe ich bereits in „Thygyrills Heimkehr“ geschrieben, was aber noch auf der Leuchtenden Welt passiert sein soll. Ist es aber nicht, weil ich abermals die Geisterwelt falsch verstanden habe. Dies passierte zwar teilweise noch auf der Leuchtenden Welt, da die Leuchtende Welt eine Vorbereitungswelt für diese höhere Dimension ist, aber zum größten Teil verwirklichte Thygyrill seine bunte Stadt und sein weißes Haus, samt weißblühenden Garten, in der höheren Dimension. Schließlich wurde er der Träumer par excellence, um junge Götter zu unterrichten, die unbedingt neue Welten erschaffen wollen.
Übrigens, Götter sind nicht dazu da, um angebetet und verehrt zu werden. Sie sind dazu da, um den Lebewesen schöne Welten zu errichten. In der jetzigen Welt, in der ich eben schreibe, ist es ihnen nicht ganz so gut gelungen. Aber damals dürfte noch nicht Thygyrill der Lehrmeister gewesen sein.

Die ersten Erklärungen hätten wir also: Ysil, die Drachenkönigin, die Drachen zähmt und reitet und anderen Lebewesen zeigt, wie man seinen eigenen Drachen, falls der Drache dem Lebewesen zugeneigt ist, zähmt und reitet. Und Thygyrill, der Träumer, der anderen Lebewesen (in diesem Fall nenne ich sie Götter, obwohl auch das keine Bedeutung hat, denn Götter oder gar einen Gott im üblich menschlichen Sinn gibt es nicht), zeigt, wie man Träume oder Vorstellungen oder Ideen in Wirklichkeiten umwandelt, wobei es sich bei Wirklichkeiten in manchen Dimensionen (meist niederen) um Materie handelt.
Und Arima? Wer anfangs aufmerksam gelesen hat, las: Arimas Reich. Es ist Arimas Dimension, jene höhere Dimension, in der alle Träume Wirklichkeit werden oder was immer man auch unter Wirklichkeit verstehen mag. Natürlich wird alles wieder verfälscht und kaum erklärbar sein, was es über Arimas Reich (nun hat die höhere Dimension doch einen Namen!) zu sagen gibt. Macht nichts, wird Arima sich denken, denn das ist er von mir ohnehin gewohnt.
 
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Ysil fliegt auf ihrem Lieblingsdrachen ins Schattenland. In dieser Welt hier, in der ich schreibe, würde man sicher sagen, er hat die Farbe grün. Aber in Arimas Reich sind die Farben der Drachen und womöglich auch die Farben aller anderen Wesenheiten unbestimmbar.

Ysils Drache ist irgendwie wie „Der Einsame Vogel“ von San Juan de la Cruz, was vor allem den vierten Punkt betrifft, dass er keine bestimmte Farbe hat. Auf jeden Fall fliegt Sir Izmir stets zum höchsten Punkt, wenn es denn einen gibt. Nach Gesellen sehnt er sich auch nicht, obwohl die Drachen gerne zusammen auf der Wiese neben dem See herumwandern und sich das saftige Gras schmecken lassen, was aber nicht heißt, dass er sich nach Gesellen seiner eigenen Art sehnt. Sein Schnabel zieht nicht gen Himmel, da er keinen Schnabel, sondern eine weiche, runde Schnauze hat, mit der er sehr wohl nach oben weist. Singen tut er nie und wenn er Geräusche macht, wie etwa das seltsame Brummen, bevor er Feuer speit, wenn dies nötig sein sollte, sind sie sehr, sehr leise. Man hört nicht einmal den Schlag seiner immens riesigen Flügel.

Ich liebe Wiederholungen und kann gar nicht oft genug darüber schreiben. Das ist nun mal so und ich nehme es zur Kenntnis. Schriftstellerin bin ich ohnehin keine, die unbedingt ein sauberes, einwandfreies Manuskript abliefern muss und ich werde auch nie eine sein. Dasselbe betrifft das Malen. Aufträge? Niemals oder niemals wieder! Ich schreibe und male, worüber, was auch immer, wenn, weil es mir Spaß macht. Das muss ich mir selbst mitunter selbst sagen, sonst vergesse ich es und schreibe oder male wieder mit dem Gedanken: „Könnte das denn anderen Menschen gefallen? Könnte es sie mitreißen?“ Nein. Kommt nicht mehr in Frage. Schon gar nicht mehr in meinem Alter. Also sag ich mir: „Schreibe und male einfach drauf los und schau mal, was dabei heraus kommt.“ Außerdem, das Geisterreich ist gar nicht so leicht zu handhaben. Manchmal sickern Gedanken durch und manchmal siegt die Phantasie oder viel mehr das, was ich mal Phantastisches gehört oder gelesen habe. Wir erfinden ja nichts. Wir entdecken und plappern nach. Eigenregie gibt es noch keine, wie Thygyrill sie meisterlich beherrscht.


Thyygill möchte ich unbedingt beschreiben, selbst wenn ich das schon mehrmals getan habe. Der einzige Sohn, der wie durch ein Wunder auf der Leuchtenden Welt geboren wurde. Man stelle sich das nur vor! Da paaren sich zwei Leuchtende Wesen, die einfach zusammen gehören, weil sie schon immer eins waren, eins sind und für immer eins sein werden und können sich nicht mehr voneinander lösen. Was sich löst, ist ein neu geborenes Leuchtendes Wesen. Ein wunderschönes neu geborenes Leuchtendes Wesen, das sofort lebensfähig ist, wie kaum ein anderes. Normalerweise stillen Leuchtende Wesen ihre Babys, die genauso klein und hilflos geboren werden wie menschliche Babys. Leuchtende Wesen sind ja die Weiterentwicklung der Menschen, wie auch die Leuchtende Welt eine Weiterentwicklung der Erde ist. In dieser Hinsicht hat sich nicht viel geändert, was Babys betrifft, außer, dass die Geburt nicht schmerzhaft ist und die Erde, wie auch ihre Wesen feinstofflich sind. Das möchte ich aber nicht weiter wiederholen oder verfolgen, sondern mich dem fabelhaften Aussehen Thygyrills widmen. Man kennt sicher die Totenmaske des Tutanchamun, die großen schwarz umrahmten dunklen Augen, die schmale kleine Nase und die breiten, negroiden Lippen in einem zarten ovalen Gesicht. Eben habe ich Thygyrills Gesicht beschrieben. Sein Körper ist groß und muskulös und doch zart wie der jedes Leuchtenden Wesens.

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In Arimas Reich veränderten sich die Gestalt und das Aussehen ein wenig. Aber auch in diesem Reich werden die Wesenheiten nicht älter, sobald sie die absolute Reife erlangt haben. Sie werden etwas farbenfroher, denn auf der Leuchtenden Welt glühte alles in den Farben gelb bis dunkelrot. Die Körper der Leuchtenden Wesen glühen wie Kerzenflammen. In Arimas Reich wirkt alles wieder menschlicher. Die Körper, wenn auch noch feinstofflicher als auf der Leuchtenden Welt, scheinen hautfarben zu sein und die Haare von unterschiedlicher Farben. Thygyrills Haarpracht, die er schulterlang lang und nach hinten gekämmt trägt, würde man hier auf der alten Erde rotbraun, mit vereinzelt goldblonden Strähne nennen. Thygyrill liebt lange Kleider, wie Männer sie einst im Orient getragen haben. Bunte lange Kleider und dazu Sandalen. Es ist das einzig Bunte, was er liebt, denn sein Haus und sein Garten sind weiß. Sogar die Blätter der Blumen und und Bäume, wie auch deren Stämme sind weiß. Auch Thygyrill reitet manchmal auf seinen ganz eigenen Drachen, Lady Ferryn. Er hätte sicher gerne einen weißen Drachen gehabt, aber Lady Ferryn ist durch und durch schwarz. Thygyrill fliegt nicht so gerne. Viel lieber träumt er und errichtet Städte, Länder und sogar Planeten. Und vor allem steht er den jungen Göttern bei, um sie vor Dummheiten zu bewahren, die sie später einmal als Schöpfer der Universen machen könnten.

Und nun zu Ysil und deren Aussehen. Manola war ein hübsches Mädchen, so eine Art Zwischending zwischen Kim und Maria. Viel mehr aber, so sagten die Freunde und Bekannten der Familie, erinnerte Manola an ihren Vater. Sogar noch damals, als bereits Falten ihr hübsches Gesicht und graues Haar ihren Kopf zierten.
Manola hatte viele Wege, bis sie hierher in Arimas Reich gelangte. Lange Zeit lebte sie auf Avalon, der sagenumwobenen Insel. Dort wurde sie von der alten Morgana zur Priesterin ausgebildet und trat schließlich deren Nachfolge an.
Es gab noch weitere Zwischenleben, wie auch Parallelleben, die eher unbedeutend waren, bevor sie endlich wieder auf ihren geliebten Daddy traf. Es war aber doch eine leichte Enttäuschung, da sie sich auch erhoffte, ihre Mutter wieder zu sehen. Wie es aussah, hatte Kim seine Maria in seinem Inneren verschlungen. Aber das war gewollt. Von Maria gewollt, die schon immer zurückstand, wenn es um Kim ging. Andererseits wehrte sich Kim dagegen, da ihm lieber gewesen wäre, im Spiegelbild seine einzig wahre Geliebte zu sehen, als sich selbst, aber in dieser Beziehung war Maria stärker und setzte sich durch. Jetzt ist sie es, die, wenn sie ihr Spiegelbild erblickte, ihren einzig wahren Geliebten sieht.

Nun, wie sieht Manola aus? Wie richtet sie sich hier in Arimas Reich her? Sie wurde zur Kriegerin in Leder und Ketten und nur ganz wenig Samt. Ihr dunklen Augen wirken wie Samt. Diese erinnern an ihre Mutter, aber der Blick und die Art zu schauen, erinnern an ihren Vater. Ysil ist schön. Sie ist er Inbegriff weiblicher Schönheit, was immer man sich darunter auch vorstellen mag. Von der Büste der Nofretete hat man behauptet, sie sei der Inbegriff weiblicher Schönheit, von irgendwelchen Stars und Sternchen wurde das schon behauptet. Und all das vereint Ysil an und in sich selbst. Und doch wirkt sie wie eine Kriegerin, was schon ihre Kleidung erkennen lässt. Enge Hosen aus weichem Leder, derbe Stiefel und Oberteile aus Samt, Leder und überall Ketten und Nieten. Sie sieht aus, als wäre sie stets bereit auf ihren Drachen zu springen und in den Kampf zu reiten. Aber hier gibt es nichts zu kämpfen und vielleicht sieht Ysils Kleidung gar nicht wie die einer Kriegerin aus. Wie auch immer, ich sehe es so und genauso wird es mir aus der Geisterwelt übermittelt. Na ja, natürlich nicht genauso, denn vieles dort lässt sich kaum, wenn überhaupt beschreiben.

Ysil landet im Schattenland. Das ist ein kleiner Landstrich in Arimas Reich, den Ysil und Sir Izmir von Zeit zu Zeit aufsuchen, um darin umher zu wandern und vor allem, um ihre Freunde, die Schattenwölfe zu treffen. Ich korrigiere: Die Schattenwölfe sind Ysils Freunde. Sir Izmir mag sie nicht besonders, weil sie stets an ihm herumschnüffeln und ihm das Geräusch aus ihren riesigen Nasen nervt.

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Das Schattenland besteht aus lauter Schatten, jedoch nicht wie auf der alten Erde, zweidimensional und stets am Boden oder an der Wand oder an irgendeinem anderen Gegenstand klebend, sondern wahrhaftige Schatten, dreidimensional und wahrnehmbar, was bedeutet, man kann sie anfassen und spürt sie. Die Schatten auf der alten Erde waren nutzlos, genauso wie das Licht, das bloß eine billige Naturerscheinung war. Ja, das mag sich jetzt ein wenig gestört anhören, wie: nicht ganz dicht im Kopf, aber wenn man hier in Arimas Reich Licht betrachtet, weiß man erst, was Licht wirklich ist. Es ist lebendig, genauso lebendig wie die Schatten im Schattenland.

Noch was zu Arimas Reich. Es ist natürlich nicht Arimas Reich, was heißen soll, dass es Arima weder erschaffen, noch erobert hat. Es liegt an mir, dass ich es so nenne, da es ja keinen wirklichen Namen hat, da Namen in höheren Dimensionen absolut keine Bedeutung haben, was ich bereits erwähnt habe. Man erkennt sich nicht am Namen, sondern an der Energie, was ich auch schon erwähnt habe. Dennoch, wie ist das möglich? Wie kann man sich an der Energie erkennen, wenn Energie stets eins ist? Na ja, Energie ist zwar immer eins und untrennbar, wenn man von der Quelle der Kraft ausgeht. Sie ist demnach die allerhöchste Dimension, die es zu erreichen gibt. Im Grunde genommen, so hat es mir Kim einmal erklärt, als er noch mit mir kommuniziert hat, gibt es nur die Quelle der Kraft. Und sonst nichts. Alles andere sind bloß bedeutungslose Erscheinungen. Aber warum sind diese bedeutungslosen Erscheinungen überhaupt da?

„Weil dieser verdammte Idiot darum gekämpft hat“, schimpft Ysil, als sich ein riesiger Schattenwolf an ihre Hüften schmiegt. Der Kopf des Schattentieres reicht ihr bis zu den nicht zu großen und nicht zu kleinen Brüsten. Ysil ist groß, muss man dazu sagen, um sich auch die Größe der Schattenwölfe vorzustellen. Ysil ist an die 1,90 Meter! Der Schattenwolf an ihrer Seite ist eine Wölfin und Ysils beste Freundin im Schattenreich.

Das wäre zumindest eine annähernd zufriedenstellende Antwort. Am Anfang war nämlich nichts. Aber aus diesem Nichts dürfte sich ja doch etwas gelöst haben, oder es ist mitten im Nichts irgendetwas entstanden, oder das Nichts hat etwas entstehen lassen.

Da muss ich jetzt an meine letzte Geschichte „Säuberung im Paradies“ denken, in der das NIX die Rolle der Quelle der Kraft übernommen hat, oder sagen wir, annähernd hat es die Rolle übernommen, denn die Quelle der Kraft ist unbeschreiblich und unübersehbar. Klar, das NIX ist es in besagter Geschichte auch. Aber wie auch immer, man wird sich jetzt fragen, wer denn mit „verdammter Idiot“ gemeint ist.

„Na, mein ehemaliger Vater!“
Die Wölfin lächelt, denn sie weiß, dass Manolas Vater einst als roter Wolf die letzten Menschen gerettet hat. Es war wie Weihnachten und Ostern zugleich. Ein Geschenk an die Menschheit, um die mögliche Kraft zum Aufstieg zu haben. Das Wort „Aufstieg“ hat einen schalen Nachgeschmack. Es ist natürlich nicht das gemeint, was einige Esos erfunden oder was auch immer haben, sondern eine ganz natürliche Evolution, die, wenn sie einmal begonnen hat, unaufhörlich weiter besteht. Die Erde wird sich einmal zur Leuchtenden Welt entwickeln und jene Menschen, die es dann noch auf der alten Erde gibt, werden entweder verglühen oder sich anpassen und Leuchtende Wesen sein. Kim gab den letzten Menschen eben jene Kraft, die sie dazu brauchten, um sich anpassen zu können. Er gab sie ihnen als sein eigenes Fleisch. Dem roten Wolf wurde das Fell bei lebendigem Leib abgezogen. Er wurde bei lebendigem Leib über Feuer gebraten und schließlich bekam jeder Mensch in dem Lager, in dem die letzten Menschen noch hausten, ein kleines Stück Fleisch, in dem besagte Kraft steckte. Wurde? Bekam? Vergangenheitsform? Das wird doch erst in einigen tausend Jahren geschehen!

Aber die Wölfin lächelt, denn sie weiß auch von den beiden Kräften, der scheinbar gespaltenen Quelle der Kraft, die sich noch immer bekriegen. Das kleine Stück Fleisch, wie die heilige Hostie in der katholischen Kirche, nur mit dem Unterschied, dass im Fleisch des roten Wolfs tatsächlich Kraft steckte. Weihnachten und Ostern in einem und dann auch noch Marias Bücher, die sie Michael mitgab. Michael? Doch nicht der Engel aus meiner letzten Geschichte? Niemals! Michael war ein ganz gewöhnlicher junger Mann, der stark genug war, um die allerletzten Menschen im Lager zusammen zu halten. Er bekam das letzte Stück Fleisch und schulterte Marias Bücher, die Kims Leben beinhalteten und die aufzeigen sollten, wie Menschen glücklich leben könnten. Die Leuchtende Welt ist das Beispiel. Sie ist der Vorhof zum Paradies und kaum schlechter als Arimas Reich.

Die Frage, wie man sich an der jeweiligen Energie, die ja stets eins ist, erkennt, ist noch immer nicht beantwortet. Vielleicht wird sie das im Laufe dieser Geschichte und wenn nicht, dann gibt es eben keine Antwort auf diese Frage. Viel interessanter ist, warum Ysil über ihren ehemaligen Vater, als sie noch Manola genannt wurde, so erbost ist.
 
Es wäre mit einem Schlag möglich gewesen, alles wieder ins Reine zu bringen. Das hatte nichts damit zu tun, die Welt vor dem Bösen zu retten, denn nur der Mensch unterscheidet zwischen gut und böse oder hat gut und böse viel mehr in seine Welt gesetzt. Mag sein, dass es irgendwo im weiten Universum noch einen Planeten gibt, auf dem sich Wesen ihre ganz eigene Welt konstruieren, aber der Mensch scheint in dieser Hinsicht ein Unikat zu sein.

Im Buch „Kim 8“ steht es genau beschrieben. Nein, nicht genau, sondern total verfälscht, weil ich nun mal die Geisterwelt nicht so gut verstehe, wie ich sie verstehen müsste, um wahrhaftig darüber zu schreiben. Wie bereits erwähnt, geht meistens die Phantasie mit mir durch und so auch damals, als ich darüber schrieb, dass Kim sich opfern, sich in Nichts auflösen hätte können und keine Erinnerung an ihn zurück geblieben wäre. Die Menschenwelt wäre wieder in Ordnung gewesen.

Friede, Freude Eierkuchen! Aber wer will das schon? Die Menschheit ist ein kriegerisches Volk und lebt nur im Kampf so richtig auf. Warum auch nicht? Die ganze Naturwelt ist ein Kampf. Fressen und gefressen werden. Die Natur ist grausam. Das ist mir nicht erst beim Schreiben von „Säuberung im Paradies“ bewusst geworden, sondern schon immer. Der Mensch soll sich der Natur anpassen? Das tut er mehr denn je! Er kämpft um sein Recht, um sein Revier, um seinen eigenen Vorteil. Tiere in freier Wildbahn tun nichts anderes. Aber man muss dazu sagen, Tiere tun es effizienter. Menschen machen viel zu viel Mist und verwerten nicht alles, was sie töten. Sag mir jetzt keiner, dass Tiere ihre eigene Art nicht töten! Und wie sie das tun! Sie fressen sogar ihre eigenen Jungen. Also wäre es kein so guter Rat, mit der Natur im Einklang zu leben. Besser wäre, sanfter und gütiger zu leben. Aber genug davon und wieder zurück zum eigentlichen Thema. Welches Thema?


Zurück zu Ysil und ihre Wut auf ihren ehemaligen Vater. Und zurück zum Buch „Kim 8“, wo ich schrieb, dass die Quelle der Kraft Kim nur prüfen wollte, ob er die Kraft und das Herz hat, sich selbstlos zu opfern. Natürlich hatte er das! Die Quelle der Kraft müsste das nie und nimmer prüfen und würde es auch niemals tun. Sie weiß ja alles. Sie ist sich, um es mit Jane Roberts Seth zu zitieren, in der Tat sogar jedes Sperlings gewahr, der vom Dach fällt, denn sie ist jeder Sperling. Und wie sollte sie dann nicht wissen, wie selbstlos Kim handeln würde, wenn er tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätte, alles wieder ins Reine zu bringen?

Dennoch wäre es möglich gewesen, alles rückgängig zu machen, das Universum erst gar nicht zu erschaffen. Na, wer hat's erschaffen? Die Quelle der Kraft? Oder ein widerspenstiger Teil in ihr? Ich hab den Kurs in Wundern noch immer nicht verstanden und ebenso wenig die Lehre des Advaita-Vedanta. Wenn doch alles immer Eins ist, Eines ohne ein Zweites, wie kann es dann Gott UND das Universum geben?

„Ganz einfach! Gott und das Universum ist ein und dasselbe“, spricht die Wölfin. „Es besteht kein Unterschied, Ysil. Der einzige Unterschied ist unsere Wahrnehmung. Und die kann uns immens täuschen, was sie meistens auch tut.

Gib deinem ehemaligen Vater keine Schuld. Er hat es auch nicht besser gewusst. Und er hatte recht damit, als er sagte, er würde mit allen Lebewesen, sogar mit dem kleinsten Staubkörnchen, auf ein und derselben Stufe stehen, nicht weiter vorne und nicht weiter hinten, falls die Stufe sehr breit ist.“

„Du bist so klug“, säuselt Ysil und krault das weiche, dichte Fell. „Dennoch frage ich mich, was war die Auslösung, dass wir so verfälscht wahrnehmen?“

„Wir selbst. Wir und der freie Wille, der schon immer geherrscht hat. Denke nur an die damaligen Heiligen unter den Menschen. Ihre Wahrnehmung, zumindest bei einigen wenigen, war echt. Sie waren in tiefster Meditation Eins mit Gott, oder wie es Arima nennt, eins mit der Quelle der Kraft.“

„Aber er hätte nicht gegen die andere Energie kämpfen dürfen. Er hätte sich ergeben müssen“, klagt Ysil.

„Auf keinen Fall, denn es ging nie um die zwei unterschiedlichen Energien, sondern um die Bereitschaft aller Lebewesen. Denke an den freien Willen. Dein ehemaliger Vater, der einstige König der Leuchtenden Welt und Wächter des Universums, der weise Arima, hat rechtens gehandelt, wie er das immer tat, tut und auch tun wird. Er setzt sich über nichts und niemanden hinweg und haltet den freien Willen ein.“


Die Gegend des Schattenlandes ist zauberhaft, auch wenn alles grau in grau erscheint. Selbst Ysil erscheint in ihren diesmal bunt gefleckten Lederleggins grau und Sir Izmirs unbestimmte Farbe, der über dem Schattenland seine Kreise zieht, nachdem Ysil von seinem Hals geglitten war, glitzert in einem unbestimmten Grau. Es gibt hier alles, was es in einer irdischen Landschaft auch gab, - Wiesen, Bäume, Blumen, Seen, Berge und auch schroffe Felsen und vor allem seltene Tierarten, wie etwa die riesigen Schattenwölfe oder die zarten Einhörner, wobei manche von ihnen sogar kleiner als Wölfe sind. Es gibt noch andere Tierarten, Mischwesen, wie etwa die Chimären, Greifs, Hippogryphen (der berühmteste unter ihnen wurde Pegasus genannt) und sogar Zentauren treiben sich im Schattenland, vorwiegend auf Wiesen, herum. Ysil ist mit allen bekannt, denn das Schattenland ist in Arimas Reich ihr Lieblingsort.


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Derweil spazierte Thygyrill durch sein Dorf, in dem jedes Haus und jeder dazu passende Vorgarten ein Unikat ist. Wenn zum Beispiel das Haus eine hellblaue Fassade hat, haben auch die Blüten der Bäume und die Blumen ein hellblaue Farbe. Bei Thygyrill ist alles weiß. Es liegt wohl an dem Gedicht „Die endgültige Reise“ von Juan Ramon Jimenez, das ich sehr liebe, in dem von einem heimwehtrunkenen Geist in einem weißblühenden Garten, geschrieben steht.


Thygyrills Gedanken sind wo anders. Er denkt an ein Leben, das anscheinend sehr, sehr weit zurück liegt, das an den Ufern des Nils begann und er der Sohn des Letzten seiner Art war. Es war das Volk der Pharaonen und es war lange bevor die eigentliche Zivilisation begann, was heißt, dass dieses Leben Thygyrills, lange bevor Menschen überhaupt sesshaft wurden, geschah.


Es ist auch schon lange her, dass ich diese Geschichte geschrieben habe. Ich glaube, ich nannte sie „Das Volk der Pharaonen“ und als Untertitel (oder war das der Titel?) „Der Letzte seiner Art“.

Der Letzte seiner Art, Thygyrills damaliger Vater, nannte sich Philemon und so weit ich mich erinnere, wurde sein Sohn Amun genannt. An die Mutter kann ich mich nicht mehr erinnern. Starb sie bei der Geburt? Es ist wirklich schon so lange her und bei den Mengen, die ich schreibe, kommt es schon mal vor, dass einiges vergessen wird.


Nun weiter! Philemon verließ seine Familie oder viel mehr seinen Palast. Damals lebte jede Familie in einem Palast. Es ging dem Volk der Pharaonen einfach fantastisch gut. Niemand musste Hunger leiden oder war obdachlos oder hatte sonst irgendein Handicap.

Aber warum der Letzte seiner Art? Das kam so: Ich malte ein Bild, eine felsige Landschaft, rechts davon einen jungen Mann mit seltsamen Gewande und einen Stab in der Hand, wo zu erkennen war, dass er fünf Finger und einen Daumen hat. War natürlich ein Fehler meinerseits und sicher nicht gewollt. So entstand dann die Geschichte vom Letzten seiner Art, vom Volk der Pharaonen, das daran zu erkennen war, dass es fünf Finger und einen Daumen an einer Hand hat.

Kam dieser Wink etwa aus dem Geisterreich? Man kann es glauben oder nicht glauben. Ich enthalte mich und nenne es in meiner kurzsichtigen Logik und meinem verdammt blöden Menschenverstand Zufall.


Amun hatte die fünf Finger nicht mehr. Es wurde überhaupt kein Kind mehr mit fünf Fingern geboren und das Volk der Pharaonen wusste, dass es mit ihrem Dasein zu Ende geht. Es machte ihnen nichts aus, denn ihnen war die Vergänglichkeit dieser Welt und ihre ständige Veränderung bewusst und so auch das Aussterben ihrer so besonders glücklichen Art.

Es war nicht so, wie angeblich auf Atlantis, dass das Volk größenwahnsinnig wurde und Krieg führte oder wie es einige andere Legenden anderer alter Völker besagen. Das Volk der Pharaonen starb leise und gelassen aus, ohne in Panik auszubrechen oder daran etwas ändern zu wollen.


Aber so weit war es noch nicht, als Philemon seine Familie verließ. Er verließ sie deshalb, weil er spürte, dass sich sein Sohn Amun einmal in ihn verlieben würde. So geschah es natürlich auch, als Amun im reifen Alter von 12 Jahren (nur eine Vermutung!) den Nil über eine gigantische Brücke (auch nur eine Vermutung!) überquerte und zufällig den Mann sah, der sein Vater war. Es gibt noch etwas über das Volk der Pharaonen zu sagen. Es altert nicht, sobald es seine Reife erlangt hat. Das haben sie mit den Leuchtenden Wesen gemeinsam. Und es erhebt sich der Verdacht, dass es sehr viel mehr materielle Gene vom Volk der Pharaonen als von den späteren Menschen in den Leuchtenden Wesen gibt.


Philemon und Amun, eine dramatische Liebesgeschichte, denn nicht nur Amun verliebt sich in seinen leiblichen Vater, sondern auch der Vater verliebt sich auch in seinen wunderschönen Sohn, dessen Gesicht der Totenmaske des späteren Kindkönigs Tutanchamun gleicht.


Gab es Verbote bei diesem so friedlichen und hochintelligenten Volk? Natürlich nicht, denn jeder und jede wusste, was zu tun ist. Es waren keine Gesetze nötig und schon gar keine Verbote. Man machte und sagte einfach stets das Richtige. Und das Richtige war, dass Philemon flüchtete, jedoch zu wenig weit weg, denn er musste seinen geliebten Sohn immer im Auge haben.

Man sieht es auf dem Bild, wie er sehnsüchtig zur Stadt hinüber blickt, um nur für einen winzigen Moment den Anblick seines schönen Sohn zu erhaschen. Und man sieht auch die fünf Finger, die nicht einfach nur so da waren, sondern schon eine besondere Bedeutung hatten. Der fünfte Finger schien diesem uralten (wahrscheinlich dem allerältesten Volk der Erde) ganz besondere Kräfte zu verleihen, wie etwa Gedankenkontrolle oder Dinge bewegen, ohne sie zu berühren oder eben andere Dinge dieser Art. Es war auf jeden Fall auch ein sehr, sehr spirituelles Volk.


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Wie ging die Geschichte aus? Natürlich nicht gut. Philemon weigerte sich, mit seinem Sohn Zärtlichkeiten auszutauschen. Er aß giftige Beeren und starb in Amuns Armen. Zumindest schwebt mir diese Geschichte jetzt so vor.

Amun kehrte in die Stadt zurück, nahm sich eine Frau und schenkte ihr einen Sohn, der auch nicht mehr das Merkmal der Pharaonen (hat nichts mit dem späteren Titel der ägyptischen Könige zu tun!) hatte. Amun tat also seine Pflichten und als er sie getan hat, verschanzte er sich in seinem ganz eigenen Raum und starb an gebrochenem Herzen.


Thygyrill, der das Aussehen anscheinend wieder das des einstigen Amun hat, hat Tränen in den Augen, als er sich an dieses Leben zurück erinnert. Er ist nun bei seinem weißen Haus angelangt, vor dessen weißen Zaun er eine Gestalt erkennt, - eine Gestalt, die er schon immer geliebt hat und immer lieben wird, wenn auch mit einem stets bitteren Beigeschmack.

Arima lehnt lässig am Zaun und lächelt seinem ehemaligen Sohn entgegen.

„Hast du es nicht satt, ständig dieses Dorf zu betreten, ohne es irgendwann mal wieder zu erneuern?“ fragt er und Thygyrill schüttelt stumm seinen Kopf.

Sie stehen nun nahe beieinander. Arima erkennt Thygyrills Schmerz und nimmt ihn tröstend in seine Arme. Dann gehen beide Hand in Hand in das weiße Haus, in dem es nur weiße Wände, weiße Böden und weiße Möbel gibt.
 
Wieder zurück zu Ysil und ihrer Lieblingswölfin ins Schattenland.

„Du entsinnst dich an Erinnerungen, die wie Kerzenflammen entzündet und wieder erloschen sind. Ysil, du bist eine Göttin. Du bist die Drachengöttin, auch wenn Namen keine Bedeutung haben“, spricht die Wölfin, als es sich beide unter einem riesigen, dicken Schattenbaum bequem gemacht haben.

„Du meinst, das Leben, als ich Arimas Tochter war, ist bedeutungslos?“

„Du warst nie Arimas Tochter. Auch in ihm pulsieren Flammen, die längst erloschen sind. Arima ist wie du ein Gott. Aber das hat nichts mit der Vereinigung mit der Menschenfrau zu tun, denn auch sie ist eine Göttin, deren Wunsch es war, für immer in einem Gott zu schlummern. Göttinnen haben oft derartige Anwandlungen. Ich für meinen Teil würde meine Individualität niemals aufgeben.“


Eine schöne Metapher - das mit der Kerze. Menschenseelen (Aspekte einer Ganzheit) sind also nicht viel mehr als Flammen, die entzündet werden und wieder erlöschen. Die Kerze steht für die jeweilige Ganzheit des Selbst oder wie die Wölfin sie nennt, Gott oder Göttin.

Aber auch Kerzen brennen nieder.


„Natürlich tun sie das“, antwortet die Wölfin, da Ysil eben denselben Satz gesagt hat „Aber wie viel mehr sind sie als die unzähligen Flammen, die entzündet werden und viel zu schnell wieder erlöschen?“


Deshalb konnte er es mir nie erklären, wenn ich sagte, dass ich nicht verstehe, wie ich gleichzeitig die Ganzheit meines Selbst und ein Aspekt von ihr sein kann. Das erschien mir für unmöglich.

Kim, du Arsch, du warst selbst nur eine Flamme, aber wenigstens war dir bewusst, auf welcher Kerze du so leidenschaftlich brennst. Aber nein, das habe ich nie missverstanden. Du warst wirklich eine Ganzheit des Selbst. Genauso wie Maria. Ja, manchmal kommt es vor, dass Götter oder Göttinnen die Erde, oder wenigstens eine der Erddimensionen, betreten. Jehova war es sicher nicht. Der wurde ganz sicher erfunden. Götter sind nicht rachsüchtig. Sie sind vielleicht Egomanen, aber Rache ist ihnen fremd. Rache kennen wahrscheinlich nur Menschenseelen.


Woher wir unbedeutenden Kerzenflämmchen von der Einheit wissen und den vier Zeitaltern, den sogenannten vier Yugas, ist leicht erklärt. Ja, daran glaube ich, - das wurde wahrscheinlich nicht erfunden, wie so vieles nicht, was das alte indische Volk vor Jahrhunderten erkannt (und vielleicht auch verkannt?) hat.


Die Einheit, eigentlich das Wundervollste, was es zu erfahren gibt, erleben wir im Bauch der Mutter. Allein diese knappen neun Monate sind es wert, je gelebt zu werden. Man fragt sich ja oft, welchen Sinn das Leben einer Totgeburt macht, oder das Leben eines Kindes, dem nur wenige Jahre geschenkt werden. Es sind diese neun Monate absoluter Glückseligkeit, in denen uns absolut nichts abgeht und es tatsächlich vergleichbar mit dem Einsein der Quelle der Kraft ist, denn auch die Kerzen (Ganzheiten des Selbst) schmelzen und werden einst wieder eine Einheit mit der Quelle der Kraft sein. Diese Einheit, das Menschwerden im Bauch der Mutter wäre das Goldene Zeitalter.

Was ich weiter oben über Yogis oder Menschen schrieb, deren Meditation sie zur Einheit mit Gott führt, könnte ja auch der gefühlte Weg zurück in den Bauch der Mutter sein.


Das Silberne Zeitalter wäre, wenn wir erkennen, dass da noch jemand ist, der uns füttert und hegt und pflegt. Die Beziehung zur Mutter und vielleicht auch zum Vater, - diese so wichtigen Bezugspersonen stellen das Ich und das Du dar. Es ist die Erkenntnis, dass es da noch jemanden mir gegenüber gibt, die im zweiten Yuga zum Tragen kommt.


Individualität, Entwicklung, getrennt von allen und allem – die Jugend, die Sturm- und Drangzeit und schließlich doch das Zur-Ruhe-kommen: Ehe und Kinder, was meist der Fall in einem Menschenleben ist, oder eben anderes. Dies wäre das dritte Yuga, das Bronze Zeitalter.


Schließlich das Eiserne Zeitalter, der Krieg mit uns selbst, das Bedauern, so vieles nicht getan zu haben, was wir tun hätten können oder tun wollten, der Tiefpunkt des Alters: Krankheiten, Verluste und die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit und vielleicht, wenn wir viel, viel Glück haben, doch ein wenig Weisheit.


Wir Menschenseelen sind also nicht ganz abgeschnitten vom Göttlichen. Sie lassen uns ein wenig das fühlen, was auch sie fühlen, bevor sie abermals (?) in die Quelle der Kraft eingehen, die sich immer wieder öffnet und auch immer wieder schließt. Tatsächlich? Oder liegt es nicht doch an manchen Göttern (wie Arima, diesem Scheusal!) oder Göttinnen, die immer wieder nach Draußen drängen, obwohl es doch im Inneren der Mutter so angenehm ist?
 
„Warst du das? Warst du Philemon, mein Vater?“

Arima sieht Thygyrill erstaunt in die dunklen Augen, die, wenn er aufgeregt ist, fast schwarz und noch größer werden, dass kaum noch das Weiße zu sehen ist. In Horrorfilmen werden Augen von Besessenen oft so dargestellt, dass sich das Auge vollkommen mit Schwärze füllt. Es gibt Thygyrills Gesicht noch mehr maskenhaftes. Dennoch wirkt es nicht leblos. Im Gegenteil! Tutanchamuns Maske kann Bände sprechen.

„Wie kommst du ausgerechnet jetzt darauf?“ stellt Arima die Gegenfrage und lässt sich auf die weiße Couch im weißen, geräumigen Wohnzimmer nieder, das trotz der Größe von 7 mal 8 Meter etwas zu voll geräumt erscheint.

Thygyrill liebt Antiquitäten aller Art, aber er liebt sie nur in Weiß. Vor allem Buddhas haben es ihm angetan. Buddhas aus Indien, Indonesien, China, und vielen anderen östlichen oder auch nicht östlichen Ländern. Auch andere religiöse Statuen zieren den Raum, etwa ein fast ein Meter großer tanzender Shiva und daneben, etwas kleiner, Kali (die schwarze Göttin in weiß!) mit einer Kette aus Totenschädeln um den schmalen Hals.

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„Antworte mir einfach, auch wenn es keine Bedeutung hat. Ich möchte nur wissen, ob sich unsere Liebe seit Beginn dieses Universums wie ein roter Faden durchgezogen hat.“

Arima lacht auf.

„Mach dich nicht lächerlich. Unsere Liebe? Okay, du warst auf der Leuchtenden Welt unser Sohn, den es eigentlich gar nicht geben sollte. Entstanden aus der allerletzten Vereinigung zwischen Maria und mir. Du warst auf dich allein gestellt, weil du ja gewissermaßen schon erwachsen warst. Uns verbindet nichts, Thygyrill, - nicht einmal die Tatsache, dass du tatsächlich unser Sohn warst. Und jetzt? Wer oder was bist du jetzt? Eine Gottheit, eine Ganzheit des Selbst, die sogar im Licht kaum sichtbar ist, weil sie so dunkel erscheint.“

„Harte Worte“, flüstert Thygyrill.

„Wahre Worte. Du solltest wissen, dass ich stets die Wahrheit sage. Ja, ein kleiner, aber wirklich nur ein kleiner Aspekt meiner Ganzheit war dieser Philemon. Höchstens eine Sparflamme.“

„Wieso sagst du das?“ fragt Thygyrill.

„War es nicht eben deine Idee, das mit der Kerze und den Flammen?“


Es war meine Idee, Kim oder viel mehr Arima, du hochnäsiger, arroganter Mistkerl. Aber sie gefällt mir nicht wirklich. War es wirklich meine Idee, oder habe ich das mit der Kerze und den Flammen eher irgendwo und irgendwann gelesen oder gehört? Zweiteres trifft eher zu. Ah, es kam doch aus dem Geisterreich, dem ich so zugetan bin. Quatsch! Oder doch?

Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts. Diese beide Sätze könnte ich ständig wiederholen. Dennoch denke ich, dass sich der Mensch generell überschätzt. Er ist nicht so wichtig, wie er meint. Klar, ich nehme wahr. Ich bin der Mittelpunkt. Ich bin die Wahrnehmende und deshalb auch wichtig. Aber das war's schon. Mehr ist nicht dahinter.

Das Leben nach dem Tod? Gibt's nicht. Und wenn, keinesfalls so, wie wir uns das vorstellen. Denke ich. Glaube ich. Warum beschäftigt es mich trotzdem so sehr, auch wenn ich weiß, dass ich nichts darüber wissen kann? Weil ich mir eine Welt ohne mich nicht vorstellen kann. Ganz einfach. Wenn ich nicht mehr bin, ist auch die Welt nicht mehr. Zumindest für mich wird es so sein und für alle anderen, die einmal gehen werden, wird es genauso sein. Was also wird es dann geben?


„Du bist grausam“, stellt Thygyrill fest. „Zuerst rettest du die Menschheit, hilfst ihnen bei ihrer Entwicklung und dann lässt du sie fallen wie heiße Kartoffeln.“

„Was weißt du schon von heißen Kartoffeln?“

„Das ist nur so ein unsinniger Spruch, Arima.“

„Das weiß ich auch. Aber ehrlich, ich habe die Menschheit nicht fallen lassen. Sie lebt in uns allen weiter, - zumindest in manchen von uns, denn es gibt ja nicht nur die Menschheit in diesem Universum. Es gibt ja auch noch andere intelligente Lebewesen.“

„Und die nicht so intelligenten?“

„Meine Güte! Wie bist du denn heute drauf? Alles lebt, Thygyrill! Alles! Weißt du das denn nicht mehr? Ich wusste echt nicht, dass auch Götter dement werden.“

„Leben ist nicht immer leben.“

„So ist es nun mal. Dennoch ist alles und sind alle die Quelle der Kraft, die einzige Wahrheit und die einzige Ganzheit. Sieh es doch mal so, Thygyrill: Im Endeffekt sind wir genauso ein Nichts wie die damalige Menschheit.“
 
Es kommt auf die Tagesverfassung an. Liest man aufmerksam ein Tagebuch oder so etwas Ähnliches wie das hier, erkennt man auch sofort die Tagesverfassung. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Dazwischen wäre es langweilig. Ist es ja auch.


Thygyrill und Ysil zeigen diese beiden Verfassungen auf. Thygyrill, der Dunkle, der aus seiner Schwärze heraus alles weiß haben will und sogar muss. Ysil, die Leichte und Helle, die zwar ab und zu gerne schimpft und fast alles in Frage stellt, aber doch stets zuversichtlich in die Zukunft blickt.

Die Geisterwelt ist voll von derartigen Geschöpfen. Sind wir es, die sie dorthin schicken, sobald wir sie erschaffen haben, oder haben sie uns derart in der Hand, dass der Stärkere im Zweikampf stets die Oberhand über unsere Gefühle hat?


Einst schrieb ich, Bewusstsein und Gefühle gehören dem weltlichen Körper an, während Geist und Seele dem Jenseits angehören. Bewusstsein und Gefühle entwickeln sich erst, bei manchen mehr und bei manchen weniger, aber Geist und Seele sind stets ein und dasselbe, sozusagen unveränderlich.

Könnte man meinen. Man weiß aber nicht, dass es tatsächlich so ist. Warum betone ich das immer so? Wunschdenken? Der echte „Blick“ ins Geisterreich? Wie ist der so? Ganz sicher anders als der Blick in, z.B., ein Schaufenster, in dem die neueste Mode zu sehen ist. Es ist kein Blick nach außen, sondern einer nach innen. Auch eine unsinnige Formulierung, denn innen wären all die ekligen Körperorgane, die, wenn freigelegt, ja wirklich eklig aussehen.

Es ist vielmehr der Blick nach nirgendwo, denn die Augen sind meist geschlossen oder starren ins Leere. „Schaust ins Narrenkastl?“ haben sie mich immer gefragt, wenn ich mit leerem Blick tatenlos da saß.


Wie schrieb Freund Carlos? Narren reisen unfreiwillig ins Nagual; Zauberer tun es mit Absicht. Wobei „Absicht“ hier eine ganz andere Bedeutung hat, die Narren und selbst gewöhnliche Menschen gar nicht kennen. Es handelt sich um einen Aspekt des Doppelgängers oder des Geisterleibes, der nur für Zauberer (man kann sie auch Wissende oder Krieger nennen) sichtbar ist. Und weil sie ihn sehen, können sie ihn willentlich aktivieren.

Mir gefällt der Ausdruck „Krieger“ gut, auch wenn ich persönlich vollkommen gegen Gewalt bin, denn der Krieger, der hier gemeint ist, kämpft nur gegen sich selbst, gegen diesen furchtbaren inneren Schweinehund, das stets aufbegehrende Ego. Das Ego ist okay, wenn es dazu da, massenhaft Kraft zu speichern, indem es unnötiges Inventar rauswirft und Wichtiges herein holt. Man wird sich jetzt fragen, was denn wichtig ist? Die Wölfin kann es auf ihre ganz eigene Art erklären:


„Man kann das Brennen einer Flamme sehr wohl hinaus zögern, liebe Ysil. Und das bereits zu Lebzeiten. Die Menschenseelen sind nicht so hilflos, wie sie meist tun. Sicher schlägt das Schicksal oft hart zu, aber auch das kommt auf die jeweilige Sichtweise an. Manche Menschenseelen sind an der Dauerflamme nah dran. Es sind jene, denen bewusst ist, dass ihnen, komme, was wolle, nichts passieren kann, was ihnen ohnehin nicht schon passiert ist. Sie ergeben sich nicht, auch wenn dies so aussehen mag, indem sie demütig und voll Freude den Kopf vor all den unsichtbaren Mächten beugen, sondern sie werden selbst zu ihrem eigenen Schicksal. Sie schwimmen zuerst mit dem Fluss, lehren ihn von all den Fallen und Schmutz und schließlich, nach all diesen Bereinigungen werden sie selbst zum Fluss. Es mag ein schwerer, einsamer und auch harter Weg sein, aber es ist der einzige Weg in die Freiheit.“

So sprach die Wölfin und Ysil lächelte.


Diese Rede erinnert ein wenig an Kims Spruch: „Wenn du dich der Kraft ergeben hast, führt sie dich genauso wie dich früher das aufgebauschte Ich geführt hat. Der einzige Unterschied ist, dass du dich nicht mehr nach dem Sinn der Sache fragst und noch weniger, was denn für dich dabei heraus springt. Das hat dann keine Bedeutung mehr.“


Damals war er noch gesprächig. Damals wurde auch schon alles gesagt, was gesagt werden kann. Nun lag es an mir, das Gesagte in Taten umzusetzen, meinte Kim damals. Damals, - auch schon lange her.

Was hat sich getan? Aus Kim wurde Arima und aus seinen Kindern wurden Geister oder gar Götter. Nein! Missverstehe nicht schon wieder alles!

Es ist schon richtig, dass Kim die Ganzheit seines Selbst schon damals auf der Erde (in einer anderen Erddimension!) war, aber seine Kinder, vor allem, was Manola betrifft, waren noch weit entfernt von der Ganzheit ihres Selbst. Bei Thygyrill bin ich mir nicht so sicher, denn es ist anzunehmen, dass er bereits auf der Leuchtenden Welt die Ganzheit seines Selbst war.

Aber wie auch immer, er ist der Dunkle, der am liebsten weiß sieht und Ysil, die Helle, die sich am liebsten im Schattenland aufhält und mit ihrer Lieblingswölfin plaudert.

Aber was hat sich getan? Was hat sich in mir getan?
 
Im Alter wird man ruhiger und nimmt alles nicht mehr so ernst. Wahr oder unwahr? Kommt wahrscheinlich bei manchen Menschen so vor und bei anderen kommt es nicht so vor, denn die bleiben jene Heißläufer, die sie schon immer waren.

Was also hat sich IN MIR getan? Einerseits so vieles und andererseits absolut nichts. Aus meiner Phantasie entsprang in mir ein zweites Leben. Und durch viel Lesen von sehr vielen Büchern entsprangen in mir tausende Persönlichkeiten. Außerhalb war es eher ruhig. Nur ein paar kleinere und für ein allgemeines Menschenleben übliche Aktivitäten, halt das ständige Auf und Ab, das wohl jede/r erlebt. Aber ich kann auch sagen, ich habe in meiner Phantasie und in so vielen Büchern gelebt. Und das war phantastisch!

Vor allem beim Bücherlesen kann ich mich derart hinein steigern, dass ich beinahe der oder die Protagonist/in bin und wenn es Sachbücher sind, bin ich nah dran Astrophysik zu studieren oder mich bei einem Yogakurs oder einem Schamanenseminar einschreiben zu lassen. Genau das, was ich las und lese (denn ich lese noch immer gerne), war und ist absolut mein Fall und nur das.

Natürlich erkannte ich bald, dass dies nur Rollenspiele sind. Es waren wundervolle Rollenspiele, die mein Leben sehr bereichert haben.

Hat sich dadurch etwas IN MIR verändert oder sich IN MIR irgendetwas getan? Doch, irgendwie schon, auch wenn ich nicht genau sagen könnte, was.


Im Moment lese ich wieder einmal ein herrliches Buch. Es wurde von Herbert Rosendorfer geschrieben und nennt sich „Briefe in die chinesische Vergangenheit“. Ein chinesischer Mandarin aus dem 10. Jahrhundert gelangt mittels Zeitmaschine in das heutige München. Man kann sich den Kulturschock vorstellen. Oder? Aber der sehr liebenswerte Mandarin findet sich sehr schnell zurecht und lernt mit Hilfe eines netten Münchner die deutsche Sprache, um sich verständigen zu können, denn die alte chinesische Sprache versteht niemand, nicht einmal die heutigen Chinesen eines Chinarestaurants. Umweltverschmutzung, Profitgier, Kriege – all das ist schockierend für ihn, aber am allermeisten ist es der Umgang der Menschen untereinander, der ihn entsetzt. Sie preisen ihre eigenen Sachen an, indem sie sie öffentlich in Schaufenstern ausstellen und reden über sich, als wären sie Kaiser oder Könige. Zur damaligen Zeit, in die der Mandarin seine Briefe einem guten Freund in die Vergangenheit schickt, in denen er über seine Erlebnisse im heutigen München berichtet, sieht man sich selbst als unwürdig an und preist das, was man hat oder verkaufen will, genauso unwürdig an und lobt und ehrt stattdessen sein Gegenüber in bezaubernder und vor allem höchst blumiger Form.

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Es kommt einem fast so vor, als sei all das echt gewesen, als hätten die damaligen Menschen im alten China sich tatsächlich so klein gesehen, ihr Ego nicht wirklich unterdrückt, sondern einfach durch ihre Erziehung, die sie als natürlich angesehen haben, und nicht diese gekünstelte Höflichkeit, die ab und zu noch bei uns spürbar ist, da man ja niemanden verärgern will, von dem man sich noch einen Nutzen erwarten könnte.

Aber ich werde mich hüten, meine Gesprächspartner „Rose der aufgehende Sonne, der ich wertlose Dienerin der Dunkelheit nicht würdig bin in die saphirgleichen Augen zu blicken“ anzureden. So weit möchte ich mich auch wieder nicht in den so liebenswürdigen Protagonisten hinein leben.


Es geht mir um etwas anderes, darum, was die Wölfin Ysil erklärte, das mit der Flamme, die man zur Dauerflamme machen kann, wenn man sich von dem löst, das man fälschlicherweise Ego nennt. So was wie ein Ego gibt es nicht. Wage ich zu sagen und auch zu schreiben. Das Ego entwickelt sich genauso wie das Bewusstsein (Ego und Bewusstsein ein und das Selbe?) und die Gefühle. Manche Menschen haben mehr davon, andere weniger, was alle drei Begriffe betrifft. Es gibt die Ultraegoisten und es gibt Menschen (man soll es nicht für möglich halten), die selbstlos für andere da sind. Es gibt Menschen, die sind sich nicht nur der Dinge bewusst, die sie anfassen und sehen können und es gibt Menschen, die sich kaum ihrer selbst bewusst sind. Bei den Gefühlen ist es ebenso, da manche zu sehr am Wasser gebaut sind, wie man so sagt und andere eiskalt über Leichen gehen.

Wenn ich nun sage, dass es so was wie ein Ego nicht gibt, muss ich auch sagen, dass es so was wie Bewusstsein und Gefühl ebenso wenig gibt. Und das nur weil es das von Geburt an nicht gab? Gehen war auch nicht drin. Sehen können wir auch erst richtig ab einen gewissen Tag oder gar nach einem Monat. So genau weiß ich das nicht. Ich erinnere mich nicht an meine ersten Tage in dieser Welt. Aber kann ich deshalb sagen, dass es das Gehen und Sehen nicht wirklich gibt?

Irgendetwas ist dran an in diesen Gedanken. So irre und so verkehrt sind sie auch wieder nicht, wie es im ersten Moment erscheint. Man denke nur an das Herz-Sutra.

Aber darüber ein nächstes Mal. Wenden wir uns lieber wieder Ysil oder Thygyrill zu, denn um die beiden geht es doch.
 
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Es ist kaum noch etwas menschliches an ihm und von Gott oder Götter kann keine Rede sein. Es gibt keinen Gott, keine Götter und schon gar keine Göttinnen. Der Mensch ist nicht so wichtig, dass sich seinetwegen ein Gott als sein Ebenbild hergab. Ein wahrer Gott hätte das ohnehin nicht gemacht und sich schon gar nicht nur nach einer Rasse des Menschengeschlechts gerichtet. Wenn es einen Gott gibt, dann ist er für alles und alle da.

Die Geschichte der Religionen ist eine ständige Wiederholung. Wem das nicht auffällt und wer da nicht an der Wahrheit zweifelt, ist selbst schuld.


Die Rede ist eigentlich von Arima. An ihm ist kaum noch etwas menschliches. Nichts mehr, von dem man über Schönheit sprechen kann, außer man fühlt sie.

Das Universum kam aus dem Nichts und wird in das Nichts zurück gehen. Ja, angeblich ist das wissenschaftlich glaubhaft, wenn auch nicht beweisbar. Genauso wenig beweisbar wie meine Schreiberei.

Theoretische Physik nennt man das, wo sich Menschen das Hirn zermartern, um alle möglichen Geheimnisse des Universums zu ergründen.


Übrigens, von dem Buch, das ich eben lese, habe ich ja schon berichtet. Mir berichtet, damit ich es nicht vergesse, denn es ist gut und auch sehr unterhaltsam. Vor allem zeigt es auf, wie verdammt dumm der Mensch geworden ist, weil er sich tagaus und tagein nur mehr mit Unsinn beschäftigt.

Ob das Leben überhaupt einen Sinn hat, darüber denken wir zwar nach, aber wir gehen nicht ins Detail, meint der Mandarin aus der Vergangenheit. Ich gehe ins Detail. Ich zerpflücke meine Gedanken bis ins kleinste Detail, so weit mir das mit meiner begrenzten Gehirnkapazität möglich ist. Natürlich kommt dabei nichts heraus, was mir im täglichen Leben hilfreich wäre. Aber was wäre mir hilfreich? Demut, Gelassenheit und Aufmerksamkeit. Mehr braucht es nicht und daran lässt sich feilen. Das alles nimmt mit dem Alter zu. Bei den meisten? Sagen wir, was wir ja schon erwähnt haben, bei einigen nimmt es zu und wir werden mit dem Alter tatsächlich demütiger und gelassener. Aber aufmerksamer? Na ja.


Was ist Arima, wenn nicht mehr allzu menschlich? Was ist Ysil? Was ist Thygyrill? Wenn ich sie auch Götter genannt habe, sind sie ja doch keine. Sie sind Energie, die sich von toter Materie trennt. Könnte man ja so sagen. Immerhin geht es hier um Phantasie und nicht um theoretische Phantasie.

Übrigens, Stephen Hawking ist gestorben. Ich werde sein Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ noch einmal lesen. Darin schreibt er, dass sich das Universum nicht zusammen ziehen kann, nichts, nicht einmal die Zeit, jemals rückwärts läuft. Es wäre ein Unding, denn Zerbrochenes würde wieder ganz werden, wie wir das an einer auf den Boden gefallenen Teetasse erkennen würden. Das Universum würde somit gar nicht kleiner, sondern ganzer. Ganzer? Das Wort war meine Idee, nicht die von Mister Hawking.


Das Schattenreich ist voll mit Schatten. Es würde nichts bringen, es genauer zu beschreiben, weil es jenseits unserer Vorstellungen liegt. Selbst die so glorreiche Phantasie hat ihre Grenzen. Nein, nicht die glorreiche, sondern die menschliche Phantasie.

Ysil umschlingt den Hals ihrer Lieblingswölfin und schmiegt ihre Wange an die feuchten Lefzen. Man kann sich beide so vorstellen, wie ich sie beschrieben habe. Ysil, die ich gerne als Kriegerin a la Xena sehe. Xena, die Kriegerprinzessin! Und die riesige Schattenwölfin mit einer echt unbestimmbaren (dunkelgrauen?) Farbe.

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Ich wusste es nicht und wieder scheint eine Stimme aus dem Geisterreich sich in mein Gehirn verirrt zu haben, als ich mit dem Sätzen: „Ysils Drache ist nicht grün. Er hat eine unbestimmte Farbe, wenn er zur Drachenkönigin kommt“, begonnen habe. Hier ist alles unbestimmt und unbestimmbar. Hier ist die Nähe des Nichts, denn aus dem Nichts ist alles entstanden und in das Nichts wird alles zurück gehen.

Vielleicht hat Mister Hawkings recht, dass sich das Universum immer weiter und weiter und weiter ausbreitet, und vielleicht ist gerada das dieses Nichts, das sich dann leichter erkennen lässt. Paradox? Das ist nun mal das Leben, wenn nicht sogar der Sinn des Lebens. Man widme sich doch endlich der Koans! Wie klingt das Klatschen einer Hand? Na?


Man kann es natürlich auch anders sehen, indem man sich vorstellt, das Bewusstsein sei schon immer da gewesen und die Gehirne klinken sich einfach nur ein, wenn sie so weit entwickelt sind, um fähig zu sein, sich einzuklinken. Dennoch würde ich das nicht Bewusstsein, sondern Geist nennen. Der Geist ist allgegenwärtig. Auch wenn es nur unnötige Wortspielereien sind, der Mensch braucht sie, um sich in seiner umständlichen Welt zurechtzufinden. Höre ich das Wort „Geist“, weiß ich für mich, dass damit etwas Ewiges benannt wird. Ja, etwas Ewiges! Auf jeden Fall ewiger als Bewusstsein, denn das schwindet bereits, wenn ich im Tiefschlaf liege.

Das, was vielleicht einige wenige Menschen in der allertiefsten Meditation schaffen, wäre dem Tiefschlaf gleich. Zumindest habe ich das gelesen. Bewusst erfahren noch nicht. Aber das würde ich, trotz meiner Unerfahrenheit, nicht Bewusstsein nennen, nicht mal ein anderes oder ein uns Menschen unbekanntes Bewusstsein. Ich würde es schlicht und einfach Geist nennen.


Vielleicht Menschengeist? Kim hat sich mal auf einem hohen Felsplateau, irgendwo in dem gebirgigen USA, mit allen möglichen weltlichen Geistern getroffen, darunter war auch der Menschengeist. Da gab es keinen roten, schwarzen, gelben und weißen Menschengeist. Nein, es gab nur einen einzige Menschengeist. Ich möchte auch noch hinzufügen, dass es da und dort herzensgute Menschen, wie auch Arschlöcher gibt. Es hängt nicht von der Rasse oder der Kultur oder gar der Religion ab. Da bin ich mir fast sicher. Nein, da bin ich mir sogar sehr sicher.
 
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