Es ist gut, dass man sich neue Bekanntschaftskreise erschließt, wenn man merkt, dass das Umfeld nicht zu einem selbst passt.
Ende der neunziger Jahre hatte ich ein anderes Umfeld; ich war da mal z. B. auf einer Party, auf der ich nur zwei Leute einigermaßen kannte und mich mit ihnen oberflächlich eigentlich ganz gut verstand und dachte, schön, da kann ich vielleicht Kontakte aufbauen. Auf der Party von sicherlich 25 Leuten bemerkte ich, dass da eine spürbare Gruppendynamik war, selbst die beiden Leute mit denen ich mich verstand, erschienen mir verändert, unangenehm verändert; einige kannten sich schon Jahrzehnte. Unter "den seinen" spielt ein Mensch eine andere Rolle, kann ja sein. Die Menschen waren nicht so, wie ich sie allein kennengelernt hatte.
Es war mehr oder minder eine Studentenparty und die Rede kam auf Kriegsgeschehen und alle außer mir fanden Kriege gegen "die Achse des Bösen" sehr gut und gerechtfertigt. Ich war erstaunt und unangenehm berührt und stellte fest, dass ich in einem Umfeld war, in das ich Pazifist nicht gehöre und meine zaghaft vorgetragene Bemerkung, dass Deutschland eigentlich festgehalten hatte, dass nie wieder Krieg ausgehen sollte und unterstützt werden sollte, wurde attackiert.
Nach meiner Bemerkung bemerkte ich auch ein Ausgrenzung, die mich aber nicht störte, die ich bloss registrierte, denn mir machte das nichts aus, weil ich Kontakte hatte und habe zu vielen sehr verschiedenen Kreisen und auch zu Individuen (ohne starke Peergroup).
Gibt es erst einmal eine "eingeschworene" Gruppe, dann ist für die Leute innerhalb der Gruppe und für Außenstehende fast nicht möglich, da hineinzufunken und die "Regeln und Rollen", sofern darauf in der Gruppe Wert gelegt wird, in irgendeiner Weise zu ändern.
Es heißt ja auch, der Prophet gilt nichts im eigenen Lande. Da ist was dran!
So wäre meine Empfehlung in dieser Situation, erst gar nicht den sinnlosen Kraftakt zu versuchen, näher an diese Leute heranzurücken oder gar zu erwarten, dass sie die eigene Individualität von allein oder mit Aufforderung unterstützen. Das kostet nur unnütz Nerven.
Es ist wesentlich angenehmer und auch viel zielführender, sich zu überlegen, was man mag, wofür man steht, wofür man sich begeistert und dies zu leben und die Menschen, denen man dabei kennenlernt, als mögliche neue Kontakte aufbaut, denn man beginnt dort "von vorn", unbelastet von den Geschichten und Rollen und Vorurteilen, die sich Grüppchen auf ihrem Identifikationsaltar zurechtgeknetet haben.
Beispiel: Ich hatte mich dann für Qi Gong interessiert und das in Gruppen gelernt. Dort traf ich auf "andere Pazifisten" und Menschen, die besser zu mir passten und mit denen ich harmonierte und wo es gemeinsame Interessen gab.
Einfach schauen und weitergehen und vertrauen, dass es immer Menschen gibt, die einen selbst so mögen, wie man ist, diese Leute einfach suchen und dort Kontakte knüpfen. Das geht viel leichter.
Viel Erfolg und alles Liebe
Eva