Wenn ich diese Begründung von Gerti Senger für den Wunsch nach Treue lese, gruselt es mich. Treu sein wegen der Sehnsucht nach dem Besitzanspruch aus der Kindheit? Ich bezweifle, dass das zu einer harmonischen Partnerschaft führt.
Menschen bleiben keine Kinder. Sie werden ja unter anderem erwachsen, wenn sie:
1. lernen, dass sie niemandem gehören, auch der Mami nicht.
2. lernen, dass Menschen allgemein anderen Menschen nicht gehören.
Menschen wachsen ihr ganzes Leben lang und vervollständigen sich damit allmählich selbst, und Liebe lässt die Freiheit dazu. Empfinde ich zumindest so.
Polyamore Beziehungen üben vermutlich zur Zeit eine starke Anziehungskraft aus, weil sie den Gegenpol zum bisherigen, so betonten Ideal darstellen: Die lebenslange, glückliche Zweisamkeit. Ehe, Haus, Kinder. Was als Modell durchaus irgendwann wachstumsbeschneidend empfunden werden
könnte, wenn es unreflektiert, automatisiert zustande kam.
Es besteht heute die Möglichkeit zu anderen Erfahrungen als Eltern lange vorgelebt haben. Das macht vermutlich auch den Reiz aus. Ich kann es verstehen, war aber noch nicht in der Situation, mich in mehrere Menschen gleichzeitig zu verlieben, lebe deshalb "monogam", LAT oder mit mir all-ein.
Kann mir vorstellen, dass es mit mehreren Partnern, Spiegeln, Projektionsflächen in nächster Nähe eher stressig ist.
(Ist ja eigentlich eine Konstellation, wegen der junge Erwachsene u.a. von zu Hause ausziehen und erstmal auf Abstand zur Familie gehen wollen.)