Ich hab einfach die Schnauze voll, immer ständig vereinnahmt zu werden. Ein Beziehungspartner ist für mich nur ein Risiko, dass wieder jemand nur fordert und nichts gibt.
Dann lass das doch einfach nicht zu.
Ich vermute, in das Wort monogam, wo Du dich absolut einordnest, ist ein ganzes Regelwerk, dass der ideale Beziehungspartner bitte einhalten möge. Und einerseits weißt Du aus Erfahrung, dass es dich einschränkt, dich selbst daran zu halten und andererseits weißt Du, dass es kaum einen Mann gibt, der sich verlässlich aus sich heraus daran halten würde.
Kann das sein?
Nur - vielleicht ist dann wirklich dein ausgedachtes Konzept falsch? Für mich klingt es aus den wenigen Zeilen heraus schon schwer und nach etwas, vor dem ich auch die Flucht ergreifen würde.
Was viele Menschen sich wünschen, ist gesehen zu werden, sind Wertschätzung, Loyalität, sich auf jemanden im Notfall verlassen zu können. Aber irgendwie ist es auch so, dass man diese Dinge niemals einfordern kann, oder gar einklagen, wie bei einem geschlossenen Vertrag. Das Gefühl der Abhängigkeit besteht wesentlich darin, darauf vertrauen zu müssen, ob der geliebte Mensch am nächsten Tag noch immer der ist, der er heute noch war. Und die Furcht vor Veränderung treibt Menschen dazu, Konzepte zu erfinden und so Beziehungen sicherer zu machen. Für sich selbst und für andere.
Mein Mann und ich habe ein wundervolles Regelwerk aufgestellt, als wir vor Jahren unsere Ehe öffneten. Aus Neugier, aus einem inneren Bedürfnis heraus. Auf beiden Seiten. Das Regelwerk hatte die Aufgabe, dass niemand verletzt werden konnte und man sich sicher fühlen durfte, wenn der andere sich genau daran hält. Wir sind mit diesem Regelwerk binnen weniger Wochen gescheitert. Wir haben deutlich gespürt, dass künstlich aufgestellte Regeln gegen das Leben stehen. Und es nicht stützen.
Inzwischen ist es so, dass jeder seine Bedürfnisse kommuniziert, mehr nicht. Es ergeben sich so auch gewisse Regeln, zum Beispiel brauche ich meine Ruhetage ohne Besuch, oder aber alltägliche Dinge wie Haushalt und Garten, die geteilt werden und wo jeder seine 50% zu erledigen hat. Auch da funktioniert es nach Bedarf, nicht nach Plan. Es hat sich sehr viel verändert. Unsere Beziehung bzw. unser Beziehungsgeflecht ist zu etwas geworden, dass sehr viel Stabilität bietet und gleichzeitig flexibel ist. Frei schwebend sicheren Halt zu haben. Paradox, nicht wahr?
Und das ist dadurch passiert, dass wir die bis dahin bestehenden gesellschaftlichen Konstrukte abgerissen haben und aufgehört haben, uns ihnen zu unterwerfen. Und noch etwas ist geschehen. Keiner von uns hat mehr Angst davor alleine zu sein oder verlassen zu werden. Was dazu führte, dass wir noch aufrichtiger miteinander reden können.
Übrigens ist Polyamorie nicht das Lösungswort, so zu leben geht auch, wenn man monoamor fühlt und nicht mehr als einen Beziehungspartner (tatsächlich) braucht. Brauchst Du dann Freiraum, und hast einen Partner, der genauso denkt, wird er ihn dir zugestehen. Und umgekehrt. Und Du wirst auch keine Angst haben müssen, dass er dich einsperren möchte, weil das dem Gefühl zu lieben widerspricht.