Hallo Xenie,
ich habe jetzt nur Deinen ausführlichen und interessanten Eingangsbeitrag gelesen, aber ich will mal ausführlich drauf antworten, weil sich da einige Parallelen zwischen Dir und mir bzw. unserer Historie zeigen. Hier mal mein "Werdegang":
In meiner Kindheit/Jugend wurde ich sehr religiös erzogen. Meine Eltern waren Mitglieder einer Freikirche/Sekte (letzterer Begriff, wenn ich böse drauf bin) - mein Vater bis zu seinem Tod, meine Mutter (lebt glücklicherweise noch) ist schon seit ein paar Jahren ausgetreten. Sie waren zwar auf der einen Seite recht bodenständig - mein Vater war auch Physiker, hat als solcher an einem Forschungsinsitut gearbeitet etc. meine Mutter war Musiklehrerin - aber diese religiöse Prägung hatte dennoch auch Spuren in der Erziehung hinterlassen...
Während Jugend und Studium (auch Physik) distanzierte ich mich von dieser Freikirche und auch vom Glauben, nannte mich aber immernoch die ganze Zeit "Christ".
Dann kam sozusagen mein "Schicksalsjahr" 2004. Eine sehr gute Freundin von mir erkrankt schwer und stirbt (27 jährig). Kurz darauf erkrankt mein Vater schwer uns stirbt auch (75 jährig). Ich glaube sehr viele Menschen in meinem (unseren?) Alter haben sowas erlebt und können nachvollziehen, dass solche Ereignisse tief einschneidend und erschütternd sind.
BAMM! Da war es wieder - meine Religiösität kam wieder, mein Glaube kam wieder... ich war aber schon "genug Wissenschaftler", um mich auf die Suche nach einem wissenschaftlichen Beweis für das jenseits zu machen... in der Hoffnung, so die Gewissheit zu bekommen, dass die beiden mir lieben Menschen, die mir "entrissen wurden", noch "irgendwo sind", und ich sie irgendwann irgendwie wieder treffen werde.
Auf der Suche nach diesem beweis meldete ich mich damals auch in diesem Forum an... und auch die andere Internetseite, die Du erwähnst, sowie weitere Quellen zu dem Thema sind mir (glaube ich) nicht unbekannt.
Ich habe hier keinen Beweis gefunden, der mich überzeugt hätte. Im gegenteil habe ich zu dem Thema und anderen Themen zur Esoterik einige Argumentationsmuster etc. vorgefunden, die mich stark abstießen, so dass ich zunächst meinen Glauben verlor und letztendlich auch umkehrte - das ist noch gar nicht so lange her... wie gesagt: weniger als 10 Jahre.
Jetzt nenne ich mich "starker Agnostiker" bzw. manchmal auch Atheist - es gibt wissenschaftlich betrachtet keinen Grund von der Existenz Gottes oder eines Jenseits auszugehen.
Das macht den Wunsch, die mir lieben Menschen, die vor mir gestorben sind, und die noch vor mir sterben werden, wieder zu sehen nicht geringer. Es macht die Trauer nicht geringer - sondern eher stärker, weil dadurch der Verlust eben wirklich endgültig wird. Ich tröste mich leicht mit folgendem Gedankengang: Meine Überzeugung KÖNNTE noch falsch sein - ich habe keinen wirklich kategorischen beweis gegen ein Jenseits, nur eben die starke Abwesenheit eines Belegs und von wissenschaftlicher Plausibilität. Und meine Überzeugung - sollte sie nicht zutreffen (was ich für sehr unwahrscheinlich aber nicht unmöglich einschätze) - würde daran auch nichts ändern. Dem Jenseits wäre es egal, was ich darüber denke. Die Verstorbenen wissen dann (hoffentlich), dass ich sie liebe und sie vermisse... und ich glaube kaum ein Mensch wäre froher als ich sollte ich eines Tages (in hoffentlich ferner Zukunft) "tot aufwachen" und meinen Irrtum bemerken (sollte ich wirklich derzeit einem Irrtum unterliegen).
Soweit zu meinem Werdegang. Ein paar Dinge zu Deinem Bericht:
(...) das ich mit den Lehren zum Jenseits auf einer Esoterik-Seite, die man nicht zitieren darf (!), vorfand.
Ich halte solche Anbieter, Freikirchen, Sekten etc. mittlerweile für brandgefährlich. Es mag sein, dass sie wirklich glauben, was sie schreiben/behaupten, aber es wird mit der Trauer der Menschen gespielt. Und bei psychisch nicht besonders stabilen Menschen kann das auch nachhaltige Probleme nach sich ziehen.
Eine nahe Verwandte von mir war noch ziemlich lange in besagter Freikirche, in deren Dunstkreis ich aufgewachsen bin, bis auch sie sich vor erst ein paar Jahrern davon distanzierte und austrat. Formell etc. war der Austritt kein Problem, aber es wurde doch ziemlicher psychischer Druck auf sie ausgeübt - andere Mitglieder sprachen eine Art "spirituelle Drohung" aus, darüber, wie ihre Seele jetzt im Jenseits leiden wird müssen, wieviele Entwicklungs-Stufen sie dadurch wieder zuirückgeworfen wird... wieviele Erden-Inkarnationen sie dadurch extra aufgebrummt bekommen wird etc. Für meine Verwandte, die psy<chisch auch nicht unbedingt stabil ist, war das nur schwer zu ertragen.
Und an einen Gott, dem es nicht egal ist, wie, und wenn ja in welcher genauen Form man an ihn nun glaubt, und welche Bücher man dazu nun liest oder nicht, der einen bestraft, wenn man die falschen Bücher liest bzw. nicht liest oder gar seine Existenz ganz negiert... vor so einem Gott hätte ich keinen Respekt (wenn ich an ihn glauben würde). Wenn es sowas wie einen Gott gibt, würde ihm/ihr wichtiger sein, dass wir hier vernünftig miteinander umgehen, und nicht, ob wir an ihn glauben und daran, wo und wie wir nach dem Tod weiterexistieren oder nicht.
Lügen und Geistesgestörtheit ist das die Quintessenz der Esoterik?
Sehr schwere Frage. Ich würde sagen: Eher nicht.
Ich glaube eher, dass Menschen mit einer Art Disposition zu psychischen Problemen - psychisch labile Menschen -
tendenziel eher zur Esoterik tendieren und dann auch eher "Opfer" solcher von mir oben kritisierter Angebote werden. Damit will ich aber nicht sagen, dass alle Esoteriker psychisch labil sind - ja nicht einmal die Mehrheit,
In den letzten 10 Jahren hier im Forum habe ich einige Menschen kennen gelernt, die ich als Esoteriker einstufen würde, oder die sich gar selbst so bezeichnen, die ich für klug, intelligent, stabil und integer halte. Die Dinge, die sie glauben, ihr Weltbild, teile ich absolut nicht (mehr) - in einigen Diskussionen habe ich da auch schon das Wort "dumm" oder härteres verwendet, was (verständlicherweise) nicht sonderlich positiv aufgenommen wurde - und an ihrer Intelligenz und ihrer Integrität habe ich keinen Zweifel. Beides geht offenbar gut zusammen - und das auch bei nicht wenigen "Esoterikern"... insofern würde ich Deine Frage eben mit Nein beantworten, auch, wenn ich esoterischen Weltbildern mittlerweile nicht mehr viel abgewinnen kann und nicht unbedingt mit positiven Eigenschaften assoziiere.