Kinnarih schrieb:Nachdem das Wort "Schuld" jetzt schon ein paar Mal aufgetaucht ist, eine kurze Nachdenkerei von mir dazu.
Ist ein blödes Wort…ich weiß. Aus gutem Grund habe ich es deshalb auch in Anführungszeichen gesetzt…..Im Grunde ist so ein Wort so etwas wie ein rohes Ei…Oder etwas, dass für jeden mit einem anderen Muster verbunden ist, auf jeden Fall sehr schwierig zu handhaben oder für viele so etwas wie „eine heilige Kuh“….
Kinnarih schrieb:Eigentlich schon seit Beginn des Prozesses, in dem ich jetzt mittendrinstecke, hatte ich nicht das Bedürfnis, meinen Eltern - und in der Folge auch meinem Ex und dem *Freund* - auf irgendeine Art eine Schuld zu geben. Ich hatte nur den immer größer werdenden Wunsch, zu benennen, was sie getan haben.
Und das, so erkenne ich inzwischen im Verlauf meiner Befreiungsschläge, ist eine ganz wichtige Voraussetzung dazu, den nächsten Schritt tun zu können. Um sehen zu können, was ist dabei in mir geschehen, wie ist es mir damit gegangen, wie hab ich mich in Wirklichkeit gefühlt. Was dann in nächster Konsequenz dazu führt, sehen zu wollen, aus welchem Grund hab ich darauf so reagiert - und nicht ganz anders.
Es ist immens wichtig, sich selbst den Raum zuzugestehen, in dem Verletzungen, die einem zugefügt worden sind, benannt werden dürfen. In dem ich mir selbst die Macht nehme, auszusprechen, was geschehen ist. In dem ich Gewaltexzesse körperlicher oder seelischer Art beim Namen nennen darf. Aber eben als Voraussetzung dafür, die Baustellen anzugehen. Sozusagen - ich muß ja überhaupt erst einmal herausfinden, wo sind denn meine Baustellen überhaupt.
Das zu benennen, was einen jahrelang runtergezogen hat, es endlich aussprechen zu können und das, was einen schmerzte, endlich benennen zu können, ist natürlich der erste Schritt, um zur Heilung zu gelangen. Und wenn ein Elternteil an diesen Schmerzen maßgeblich beteiligt war, dann finde ich, hat man auch das verdammte Recht, dies zu tun.
Das Mysterium Elternschaft und ihre Auswirkungen ist wahrlich nicht einfach. Erst jetzt im vorgeschrittenen Alter frage ich mich selber, ob es so gut war, selber Kinder zu bekommen. Wer weiß, welche Schmerzen ich meinen Kindern zugefügt habe, die mir gar nicht bewusst sind? Elternschaft an sich ist bereits ein Tatbestand, denke ich mal, denn Eltern verletzen in der einen oder anderen Weise immer einen Teil in uns. Irgendwie macht mich der Gedanke jetzt gerade traurig……
Kinnarih schrieb:Darin steckenzubleiben, das wäre dann allerdings von Übel. Dann wäre ich ja genau bei dem Verhalten angelangt, das so viel Unheil in unser aller Lebenswegen angerichtet hat: die Typen, die der Anlaß waren für die Threaderöffnung, sind ja eben Weltmeister darin, ununterbrochen einen Schuldigen im Außen zu finden für den Mist im Innern. Weil sie eben nicht ums Verrecken bereit sind (in des Wortes schlimmstem Sinn übrigens), bei sich hinzuschauen. Wie sehr nicht, das hab ich ab Mitte Juni bis Mitte Juli sogar gut dokumentiert vorgeführt bekommen
Ja, diese „Typen“ beschuldigen, dranglasieren, tyrannieren im Außen stellvertretend andere Menschen, anstatt bei den ein, zwei Menschen zu verbleiben, die in Wahrheit diese Schmerzen ausgelöst haben…Und das Schlimme daran ist: Sie haben inzwischen die gleichen Muster der Unterdrückung von ihren Peinigern übernommen und wenden sie nun ebenfalls auf unschuldige Mitmenschen an, sind sich aber dessen gar nicht bewusst, ja, würden dieses Vorgehen sicher empört von sich weisen, das sie inzwischen genau in die Schuhe der „Unterdrücker“ gesprungen sind……
LG
Urajup