Ich finde schon, dass Du hier den Holocaust relativierst und auf unerträgliche Weise abstrahierst, indem Du ihn in ein Kollektiv von anderen Völkermorden setzt. Warum stört mich das? Weil Du ihn damit zweidimensional und austauschbar machst, als wäre bei uns hier mitten in Europa, wo Du lebst, nicht diese schreckliche Vergangenheit geschehen, die Dich persönlich nichts angeht als Europäer. Aber das tut es. Es geht um eine vertiefte Auseinandersetzung mit unserer Geschichte und ein Verhindern von wiederholten Mechanismen,, die dazu führen. Es geht darum, nicht aus unserer persönlichen europäischen Kultur und Geschichte zu fliehen, sondern sich dem persönlich verantwortlich zu stellen. Wir müssen es persönlich verarbeiten, weil wir auf den Grundmauern dieser Vergangenheit leben und immer noch davon profitieren.
Jemand mit drogensüchtigen Kindern wollte losziehen ins Kriegsgebiet und den Menschen dort helfen, um nicht den eigenen Kindern helfen zu müssen. Es scheint einfacher zu sein, in die Ferne zu schauen und die eigenen dunklen Aspekte zuhause nicht anzuschauen. Ich meine, dieser Jemand war nicht ganz unschuldig, dass seine Kinder drogensüchtig wurden. Er wollte sich dem eigenen Schuldanteil nicht stellen. Und so wollen wir Europäer auch lieber ins Ausland schauen, was dort im Argen liegt, während wir den Holocaust lieber historisch abstrahieren und ungefährlich machen dadurch für uns und unsere Gefühlswelt. Es darf ja nicht berühren und wehtun. Es darf nicht irritieren und uns schockieren und uns fragen lassen, was für Ungeheuer unsere Elterngenerationen waren und dass wir womöglich etwas davon in uns selbst tragen.