Hallo flimm
Wie soll er es alleine tun, wenn er sich verleugnet
Zum Beispiel dadurch, dass er/sie beginnt, etwas oder sich zu spüren. Die Anlässe sind völlig unterschiedlich, sie münden aber häufig in ein "So geht es auf gar keinen Fall weiter". Diese Einsicht kann aber nicht von außen kommen, sie muss im Süchtigen selbst entstehen - sonst reicht der Atem nicht, um den Weg zur Gesundung durchzustehen.
Diejenigen, die auf Veranlassung des Partners, Arbeitgebers, auf Grund einer Bewährungsauflage mit mir zusammen in der stationären Therapie waren, haben es auf Dauer nicht geschafft, ohne Alkohol zurechtzukommen. Eine war drei Tage nach ihrer Entlassung rückfällig. Ich sah sie in diesem Zusatnd und war zutiefst erschüttert, denn ich sah mich selbst. Eine weitere Dame wurde während der Therapie rückfällig und stürzte sich von einem Balkon. Sie starb. Beide Frauen waren nicht aus eigenem Antrieb in die Klinik gegangen. Beide "Fälle" machten mir deutlich, dass ich sehr gut auf mich achtgeben muss, und das war eine starke Motivation für mich.
Ich möchte nicht ausschließen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Dennoch habe ich bisher nicht erlebt, dass in Familien von Seiten der "Nichttrinker" Möglichkeiten gesucht und wahrgenommen wurde, im System selbst etwas zu verändern, außer den Trinkenden auf der einen Seite zu verteufeln und ihn auf der anderen Seite subtil in seinem Verhalten zu unterstützen. Schafft es jemand aus eigener Kraft auszubrechen, so wird eine andere Person zum "Symptomträger".
Ab einem gewissen Punkt während der Gesundung hat mich überhaupt nicht mehr interessiert, wer was wie verursacht haben könnte, es gab keine Suche nach der Ursache oder nach "Schuldigen" mehr. Mich hat seither nur noch interessiert, was ich tun kann, um gesund zu bleiben und herauszufinden, was mich unterstützt und was mir hinderlich ist.
Ich erinnere mich noch gut an eine Stunde in der Selbsthilfegruppe, als mir ein älteres Gruppenmitglied sinngemäß sagte, ich habe noch nicht genug gelitten. Was war ich sauer und wütend, total empört und sehr beleidigt. Heute weiß ich, dass der Mann nicht unrecht hatte: Um wirklich zu gesunden, musste ich lernen, mich wahrzunehmen, mich zu spüren - und diese Wahrnehmung lief in meinem Fall über den Schmerz und viele, viele Tränen.
Liebe Grüße
Rita