hm, also ich finde die Bildhaftigkeit des Christentums ganz schön, um mich der Seele zu nähern. Vater und Sohn als Geist und Körper. Und der Heilige Geist als das, was die Seele vermittelt, den Kern. Ich würde nicht sagen, daß die Seele der Heilige Geist ist - das wäre glaubenstheoretisch falsch, wenn ich's bereits richtig verstehe. Aber der Heilige Geist stellt eben, nimmt man ihn als Position zwischen Vater und Sohn ein, ein geistiges Sichtfensterchen hinein in die Seele zur Verfügung, in der man sich selber erkennen kann.
Nach meinem persönlichen Verständnis ist Geist an sich zunächst mal leer. Er füllt sich bereits durch Wahrnehmung, z.B. durch das Sehen der körperlichen oder geistigen Augen. In dem Moment, wo Wahrnehmung ist, ist der Geist bereits mit etwas gefüllt. Der nächste Schritt wäre dann, "körperlich" auf eine Wahrnehmung zu reagieren, z.B. mit einem Gedanken. Ein Gedanke ist ja eine Materialisierung, also eine Verkörperung von etwas, wenn er auch einen nur in der Vorstellung gelegenen, geistigen Körper hat.
Ebenso halte ich den Körper grundsätzlich für leer. Er ist zunächst mal eine "Hülle", wird so bezeichnet. Er hat keine Intention, keine Absicht, kein Streben und Wollen. Sondern er hockt da einfach so herum mit seinem leeren Geist. Dringt nun die Wahrnehmung des Körpers in den Geist, so entsteht ein Portiönchen Bewußtheit: der Geist merkt: ich bn in einem Körper.
Die Frage ist für mich: wo kommt denn nun Absicht her, wie entsteht denn nun der Wunsch und Wille, etwas zu tun, z.B. ein Leben zu führen als Geist in einem Körper? Der Geist ist leer, per se. Er hat keinen solchen Input, wenigstens nicht meiner Beobachtung nach. Der Körper sorgt eigentlich mehr oder minder von selbst dafür, daß er mit meinem Geist zur Toilette geht und daß er mit meinem Geist etwas ißt. Er sendet ein Signal "muß auf's Klo" bzw. "hab Hunger" an den Körper und schon passiert "es" auch schon. Mein Geist ist daran eigentlich nicht beteiligt, er ist lediglich die Empfangsstation für die Signale des Körpers in diesen Fällen. Was ist aber mit den "grösseren" Dingen im Leben, wo kommen die denn her, von was oder wem werden denn die mir eingegeben und angetrieben?
Und da komme ich dann zu dem Wort Seele. Dem Kern des Menschen, wenn er denn einen Kern hat - so sag' ich's immer. Im Buddhismus brauche ich das nicht. Dort ist der Gedanke Teil des Geistes, was mich bewegt ist eine geistige Bewegung, die sich letztlich in Gefühl und allen möglichen Bestrebungen äussert, die ich ablegen soll um sitzen zu bleiben. Das ist die Polarität bzw. die Dualität. Nehme ich ein Drittes Teil hinzu, dem ich Eigenschaften zuordne, also die Seele, dann versuche ich eine trinitäre Lösung für die Darstellung der inneren Zusammenhänge. Will ich das nicht versuchen, brauche ich die Frage nach einer Seele im Grunde nicht zu stellen, denn ich bin dann ja mit Geist und Körper bereits befriedigt. Mehr Fragen habe ich dann nicht, ich kann in der Polarität verbleiben, in welche ich mich aus der Dualität kommend hineintransformiert habe. Die Seele aber zerhaut sie, die Vorstellung einer ewigexistierenden Polarität und der gesamten Rad-Haftigkeit des östlichen Weges.
In der vorchristlichen Zeit erkannte man in Griechenland das Wort Seele bereits als Wandlung der Helden und ihrer Kumpanen. Auf der ganzen Welt ist die Wandlung der Seele in mythologischen Schriften beinhaltet, die teilweise mystische Inhalte haben sollen. Das griechische Wort für diese wandelnden Teil ist psychein oder so ähnlich (spreche leider kein griechisch) und es hat sich in den letzten zwei Jahrhhunderten aus der mittelalterlichen Seelenkunde die Wissenschaft der Psychologie entwickelt. Sie hat sich dabei nicht etwa von der Spiritualität entfernt, sondern sie hat lediglich den Versuch gestartet, mittelalterlich und allzu archaisch gefärbtes Seelenwissen aus den Bedingungen des Seelenverständnisses herauszuklamüsern und die Seele "feiner" zu fassen. Genauer, klarer, ohne Verblendung.
Der Inhalt dessen, was die Psychologie als Ganzes betreibt ist also die Seelenkunde. Ich denke sie lernt noch, daß es eine übergeordnete Ebene von Geistigkeit gibt, die bedingungslos unkörperlich ist und sich nicht materialisiert. Diesem Phänomen muß man ein Wort geben, wenn man es wissenschaftlich beschreiben will und daher tue ich das jetzt nicht. Aber was uns von dieser Ebene des ja vielleicht gänzlich freien Geistes (in einem Körper) entfernt, das wäre für mich die Bewegung meiner Seele.
Man muß die Seele definieren, dann kann man ihre Bewegung auch beobachten. Aber ohne gleichfalls den Geist zu definieren kann man die Bewegung der Seele nicht von der geistigen Bewegung trennen.
Wer schreibt hier zum Beispiel gerade? Mein Geist? Wohl kaum. Der beobachtet, was ich schreibe und fragt sich, warum ich das überhaupt tue. In Form einiger höhergelegener Fragen an meine Person. Diese argumentiert mit ihm gerade irgendwo in meinem Inneren herum, daß ich ja aber auch nichts zu verlieren habe, oder doch? Also da ist meine Aufmerksamkeit im Grunde drauf gerichtet: auf den Schreiber, der schreibt. Das ist auch nötig beim Schreiben, sonst entsteht kein Schreiben: es muß Absicht vorhanden sein, um Wort zu bilden. Sonst fällt es weg, wenigstens aus meinem Geist.
Nein, ich denke es schreibt der Kern, die Seele. Sie drückt sich über den Geist aus. Die Seele spricht auch, wenn ich mit anderen spreche. Aber sie greift je nachdem auf vorher Gedachtes, aus Wissen zurück, und sagt nicht das, was sie vielleicht einfach so sagen würde. Das bedingt der Anstand mitunter, meist aber schlicht die Tätigkeit. Dennoch denke ich, daß sie die Worte auch dann wählt, wenn ich mich rein sachlich über etwas unterhalte, denn meine Stimmung beeinflusst ja meine Wortwahl.
Mein "Ich", das sich ausdrückt, ist also im Wesentlichen meine Seele. Das ist mein Kern, der hier schwadroniert. Mein inneres Kind, könnte ich auch sagen, aber das würde nicht stimmen, denn ich bediene mich nur der nutzenbringenden Fähigkeiten des Kindseins und die weniger nutzbringenden Verhaltensweisen meiner Kindischkeit versuche ich eher weg zu lassen. Möglichst inclusive der Verletzungen, die meine Seele als ich Kind war davon getragen hat. Warum gelingt das? Weil ich eben Geist habe, Geist, der Verständnis für mich selber und andere entwickeln kann und daheraus lernt. Er füllt sich also im Laufe des Lebens quasi mit der Bewußtheit über das, was die Seele erlebt.
Es ist dann die Frage, wo die im Leben gesammelte "Füllung des Geistes" denn hingeht. Diese Energie, die zusammengesammelt wurde und das Leben ist. Wo lenke ich sie hin und wer lenkt sie? Werde ich selber gelenkt, oder kann ich selber lenken und wie weit? Was geschieht mit meinem Gefülltsein wenn ich sterbe? Werde ich es loslassen können oder müssen oder was davon darf irgendetwas mitnehmen oder werde ich das dann überhaupt wahrnehmen? Oder gehe ich in was viel Grösseres, das mir die menschliche Besinnung völlig rauben wird oder werde ich in etwas hineingehen, das mein Ebenbild ist? Werde ich nach dem Tod leben oder werde ich sterben?
Als Antwort auf diese Frage muß mir solange ich lebe genügen, daß ich einen Geist habe. Er ist in der Lage, die Bewegung der Seele wahrzunehmen und für ihre Entwicklung zu sorgen. Entscheidend ist für mich aber auch der Körper, in dem mein Geist wie in einem Gefäß wohnt, und in dem er sich materiell ausbreitet durch ein Nervensystem. Diesem versuche ich, günstige Bedingungen zu schaffen und genug zu essen und zu trinken und mich ein bißchen zu bewegen. Nicht genug, sicherlich, ich gestehe. Sagt wieder ein Teil in mir, mein Geist da oben, mein Vogel, den ich habe und der in mir piept. Und wo kommt der Vogel her? Na, der kann doch nur meine Seele sein, er wird in meiner Psyche wohnen.
lg