Ich frag mich gerade ob Sokrates Alfred Adler verständlich hätte machen
können, daß er über den Begriff Macht nichts wissen würde, wie sähe die
Definition eines Machtbegriffes aus, der alle in Betracht kommenden
Angelegenheiten umfassen würde?
Etwa, der Wille zur Macht, als der Wille etwas können zu wollen. Können
leitet sich ab von kennen, und kennen meint, etwas erfahren haben, etwas
wissen.
Wie wäre es, wenn einer eine Frau erkennt? Meine Beziehungen zu Frauen sind
narzißtisch erblindet, ich erkenne keine Frau, erst recht nicht im
Geschlechtsakt, auf den dies Erkennen hier gemünzt ist. Ich kann
bestenfalls mit einer Frau schlafen, also Sex im unbewußten hypnotischen
Zustand betreiben, erkennen? Fehlanzeige!
Fragt sich ob der Trieb etwas zu können, also etwa ganz praktisch einen
Geschlechtsakt zu zelebrieren, auch dem Willen zur Macht folgt? Und, setzt
das Können des Geschlechtsaktes ein Kennen, ein Erkennen der Frau voraus?
Der Wille zur Macht sei etwa eine Kompensation eines konstitutiven
Nichtigkeitsgefühles im Menschen, die Bewahrung vor einem tiefen Loch in das
man ständig fallen könnte?
Wenn nun selber die asketische Haltung Ausdruck des Willens zur Macht ist
kann man dann schlechthin dem Willen zur Macht überhaupt entkommen?
Manchmal schien es mir jedenfalls so. Etwa nach langen Fastenperioden wenn
sich jenes autochthone von nichts mehr abhängige sanfte Glücksempfinden
einstellt was Nichts mehr braucht und nichts mehr bedarf, auf eine Art und
Weise wie ich es einmal in einem Büchlein von Seneca exakt gespiegelt bekam.
Seneca: De vita beata
Es fällt mir schwer in diesem Geisteszustand noch den Willen zur Macht
wirksam zu sehen, bzw. zu vermuten, auch fragt sich ja ob dem Willen zur
Macht noch konstistitutivere Merkmale ursächlich zugrunde liegen als ein
innewohnende natürliches Minderwertigkeitserleben, ein Wertlosigkeitserleben
des Menschen.
Man könnte dieses Loch dieses Nichts doch so auffassen wie Max Stirner. "Ich
hab mein Sach auf nichts gestellt!"
Was bleibt, wenn alles Fremde verworfen wurde, bleibt nur dieses eigene
Nichts! Auf dieses Nichts ist seine Sache gestellt.
Man bewegt sich bejahend in dieses Nichts hinein, in die gelähmte Stille,
vielleicht schlimmstenfalls wird man depressiv und sich noch
schlimmerenfalls umbringen. Das Nichts wird zum Loch, es reißt vielleicht
hinab......tiefer und immer tiefer.
Indem es immer dunkler wird, kann sich die Seele adaptieren, vergleichbar
dem Nachtsehen des Augenlichts.
Wo vorher nur ein unerkennbares rauschen im Nichts war kann vielleicht
plötzlich etwa Struktur gewinnen.
Im dunklen Nichts der Seele können plötzlich Sterne etwa aufleuchten und
Welten können in diesem Nichts der
eigenen Existenz der eigenen Seele entdeckt werden.
Dieses Nichts dem wir fliehen durch den Willen zur Macht, mit der braven
Übernahme der Lebensaufgaben, mit dem Kampf um Wertsein in der
Krämergesellschaft, im Krämergeist der zählenden exakten Wissenschaften,
dieses Nichts hätte atomare Kräfte mit massivsten Agressionen die zu
explodieren drohen könnten.
Aber was ist dieses so Ungeheuerliche denn mehr als der Schatten, mehr als
die destruktiven Gewalten und dissozialen Gewalten, die diabolische
Destruktivität, die sich aufbläht bis sie fast zu platzen scheint, was ist
dies mehr, als die Rache all der ermordeten Tiere die unserer Freßlust und
unserer eigenen Drachennatur geopfert worden sind, sodaß wir das tierische
in uns nicht in Freundlichkeit wahrnehmen sondern mit gefährlichen
Attributen versehen von uns fernhalten müssen.
Durch Nacht zum Licht. Durch Nichtigkeit zu Gott.
Ist der christliche Demutsbegriff nicht die einfache Aufforderung diese
erlebte Minderwertigkeit, die konstitutionelle Nichtigkeit,
durchausa bejahend anzugehen, sich dieser Nichtigkeit ähnlich zu machen.
Dies bedeutet mehr oder weniger sich vom Willen zur Macht zu verabschieden
(Relativieren). Indem man seine Sache auf Nichts stellt, sich hingibt dieser
Existenz des Nichtseins...........und führt dies nicht zu diesem Zustand der
Ich-Aufgabe, der Ich-Ertötung sozusagen, um den Platz zu räumen für den
Höheren, für den in der Seele verborgenen und einstweilen noch gekreuzigten
Christus.
Man spricht vom Christusbewußtsein, woanders von Erleuchtung ------ aus
subjektiver Perspektive sind die Wege und Worte wohl sehr vielfältig.
Und schließlich, was vielleicht nur eine persönliche Angst ausmacht, kann
denn einer diese Ich-Aufgabe durch Nichts-Realisation seines Ichs
verwirklichen ohne daß er sein Ich so zerstört daß man ihn psychiatrisch mit
Medikamenten in Schach halten zu müssen, glaubt. Oder anders ausgedrückt:
Kann bei uns wirklich einer erleuchtet werden ohne daß er in der Psychiatrie
landet?
Sind wir derart im Willen zur Macht verirrt und fixiert daß wir uns solche
Möglichkeiten nur als Verrücktes werten können, vielleicht nur umso wieder
besser dazuzustehen, im ständigen Kampf um Wertsein.