I
Im Kern ist es genau das, dass wir in einer hochkomplexen Realität leben; kybernetisches Denken ist dem Menschen nicht angeboren und auch mithilfe der Kommunikationstechnologie ist es für einen Menschen unmöglich geworden, alle Zusammenhänge, in denen er sich befindet, zur Gänze zu verstehen. Das Bedürfnis nach Simplifizierung ist eine überlebensnotwendige Reaktion und kein Mensch, niemand, kommt ohne eine Reduzierung allen Inputs auf das maximale Maß seiner Auffassungsfähigkeit aus. Dafür gibt es ja die Kommunikation, die immer wichtiger wird.
Ja, schön gesagt. Man muss vereinfachen, es geht gar nicht anders. Gleichzeitig ist es sehr schwer komplexe Zusammenhänge zu vereinfachen ohne das sie falsch werden. Wenn man sich nun fragt was absolut notwendig ist um das möglichst gut zu tun: Ein möglichst tiefes Verständnis der komplexen Zusammenhänge. Dazu gehört m.A.n. dann auch, dass in Dynamiken gedacht wird, der ständig ablaufende Wandel, der nicht festgelegt erklärt sondern nur als wahrscheinliches Szenario beschrieben werden kann, mit einbezogen wird.
Und interessant ist dann: Wenn es um Themen wie das dieses Threads geht, oder irgendwelche anderen kontroversen Themen in denen die gesellschaftliche Debatte in den eher oberflächlichen Grenzen von "richtig und gut" und "falsch und böse" geführt wird, es schon oft genug wieder kontrovers wirkt wenn man sich um Verständnis/Verstehen der unterschiedlichen Perspektiven bemüht.
Insofern: wer an einfache Lösungen glaubt und diese "durchtrotzen" will, ist nicht in der Lage, in der modernen Welt zurechtzukommen. Allerdings ist es eine Realität, dass es solche Menschen gibt. Die zu negieren wäre auch Humbug bzw. naiv.
So ist es ein bestmögliches Navigieren, was die Politik macht. Allerdings gehört zu einer Demokratie dazu, dass nicht alles im dunklen Kämmerlein beschlossen wird ohne die Information transparent zu machen und eben so einem größeren Kreis von Experten zur Verfügung zu stellen. Dies nicht zu tun und auch diejenigen, die mit ihrer Expertise zu einer Lösung beizutragen, einfach zu negieren bzw. mundtot zu machen, ist ebenso ein naives Streben nach der "einfachen Lösung", die eigentlicht als Pro-Argument für dieses undemokratische Verhalten herhalten soll.
Grundlegend wäre gut wenn alle Szenarien möglichst offen überdacht und diskutiert werden können. Und gerade weil das gesellschaftlich schnell missverstanden wird, haben wir weniger Transparenz als gut ist. Stell Dir irgendein Problem vor und nun sind da Politiker und einige Experten im Gespräch. Nehmen wir an, die Politiker such aufrichtig nach der besten Lösung oder manchmal auch nur was am wenigsten Schaden anrichtet. Nun fragen sie die Experten, was wäre wenn x? Und die sagen: Das hätte den Vorteil y aber auch den Nachteil z. Und so gehen die dann ganz viele Szenarien durch. Würde darüber nun berichtet, würden sofort die nächsten Empörungswellen durchs Land gehen, es würde Schlagzeilen hageln die aus dem Kontext gerissen werden usw.
Das ist auch ein Grund warum ich so oft Medien und Reaktionen darauf kritisiere. Die gehen einfach so oft am eigentlichen Problem vorbei. Es ist fast eine Sucht nach Empörung erkennbar. Man könnte Medien sogar oft schon wieder "freisprechen", denn die liefern das was funktioniert und die sehen was funktioniert an der Zahl der Klicks. Traurig ist nur das nicht nur Idioten darauf hereinfallen sondern eben auch sehr intelligente Menschen.
So lang dies noch so ist, so lang Argumente und Gedanken und Fakten nicht im demokratischen Diskurs sein dürfen, so lang sind Demonstrationen Bürgerpflicht.
Demonstrationen sind zumindest immer ein Gradmesser. Und wenn eine Demo wie jene vor kurzem in Berlin so viele Menschen anzieht, dann kann man das nicht nur damit erklären wollen dass das eben eine Kombination aus Idioten und Extremisten ist. Man muss nämlich auch daran denken: Wie bei Corona gibts eine Dunkelziffer. Wenn 40.000 Menschen zu so einer Demo gehen, dann gibt es viel viel mehr die zumindest teilweise wohl ähnlich denken aber eben nicht zu einer Demo gehen. Und wäre ich Politiker oder politischer Berater, dann würde ich das so tief wie möglich analysieren (lassen), denn was da wirklich interessant ist sind die Gründe dahinter. Und ich vermute: Corona und Maßnahmen sind nicht die Ursache.
Ich hab ein wenig recherchiert. Das ist eine Technologie, die Wertschöpfung bedeutet und gleichzeitig eine erdrutschartige Verschiebung und Änderung der Märkte und der Informationstransparenz herbeiführen kann, denk ich. Dies Thema hier zu diskutieren würde zu weit führen. Vielleicht ein eigener Faden?
Die meisten würden das als trocken/langweilig ansehen. Wobei es nahezu sicher großen Einfluss haben wird, das Internet selbst verändern wird. Mir ging es bei dem Absatz nur darum: In diesem Bereich weiß ich genau wie man als Lobbyist argumentieren würde und diese Argumentation wäre nicht falsch. Denn grundlegend geht es mir ja um den ganz normalen Konflikt den man z.B. auch von Medikamenten kennt: Etwas das ein ernsthaftes Problem lösen oder zumindest erträglich machen soll kann auch Nebenwirkungen haben. Da gibt es kein schwarz-weiß. Es ist nur sehr oft so, dass wenn eine Nebenwirkung auftaucht schnell mit dem Finger auf etwas gezeigt wird als sei es nur schlecht. Es wird nicht darüber nachgedacht wie es nun wäre wenn "das" gar nicht da wäre oder anders gehandhabt worden wäre. Typischerweise kann man in der Vergangenheit gemachte Fehler (z.B. Deregulierung der Märkte) jetzt besser beurteilen, manchmal auch erkennen. Aber fast immer ist es nicht dass "DAS" sondern nur das "WIE", wie bei Medikamenten ist es oft eine Frage der Feineinstellung.
Menschen die zu Extremen neigen, sich selbst als Revolutionäre verstehen oder vermeintliche Revolutionäre verehren, haben da leider oft einfach zu wenig Sachverstand. Die wollen selten an vielen kleinen Schrauben drehen sondern eher die eine abbrechen die sie als Problem ansehen.
Die Durchschnittskenntnis der Bürger von den Möglichkeiten der Informationstechnologien sind zum Beispiel so gering, dass es den mittelalterlich anmutenden Glauben gibt, dass menschliche Bewußtsein wie Daten in einem Rechner gespeichert werden könnte - oder bald könnte - oder dass Künstliche Intelligenz ein mit dem menschlichen Bewußtsein vergleichbare Stufe erreichen könnte - und daher diese Technologie angebetet wird wie ein Götze oder dämonisiert und gefürchtet wird wie ein Endzeitteufel - dabei ist das absolut ausgeschlossen. Die Kenntnisse sind zu gering um mit der Materie umgehen zu können. Dies gilt insbesondere für Politiker. Frau Nahles wurde z. B. lang und breit beschult zum Thema Industrie 4.0.
Das Interview im Anschluss an die Schulung zeigte, dass sie NICHTS verstanden hat.
Es gibt ein sehr realistisches Problem das für die meisten wie Science Fiction klingt, aber schon jetzt ein Problem ist. Und zwar wird sehr viel und immer mehr automatisiert, nicht nur physische Abläufe in der Robotik, sondern Software die immer intelligenter wird und zum Teil fähig ist Schlussfolgerungen aus sehr komplexen Informationsbewertungen zu ziehen.
Ein Beispiel, damit es nicht so abstrakt ist: Stell Dir mal vor, und das wird so kommen, dass jemand zu einer Bank geht weil er einen Kredit möchte. Bisher gibt es noch v.a. Bank-Leute die einen Bürger anhand unterschiedlicher Informationen bewerten. Typische und bedeutende Infos sind dann Einkommen, Vermögen, Schufa, Sicherheit des Arbeitsplatzes usw. Nun stell Dir aber vor, dass immer mehr Statistiken gemacht werden was Kreditwürdigkeit betrifft, also immer mehr Informationen in so einen Prozess einfließen. Und die werden von Algorithmen verarbeitet. Der Prozess selbst wird dann sehr komplex und wenn ein Bürger nun keinen bekommt, weil das System zu einer Schlussfolgerung kam die eben negativ ausfiel, gibt es keine Erklärung mehr. Denn auch jene an die er sich wenden kann verstehen das System nicht.
Das ist ein simples Beispiel und viele wären überrascht, was schon gemacht wird, v.a. im Finanzbereich. Es gibt Programme deren Analyse-Fähigkeit erstaunlich ist, die alle verfügbaren Informationen auf Basis bestimmter Regeln, und zwar auch und vor allem psychologischer Regeln, bewerten. Es gibt große Fonds die sogar Daten aus Kameras heranziehen, z.B. Kameras die auf den Parkplatz von Walmart gerichtet sind usw. Das Problem ist: Die funktionieren wirklich, deshalb werden sie schon jetzt genutzt und immer weiter verbessert und damit einerseits intelligenter aber auch immer komplexer und für immer mehr eingesetzt. Und das werden Anreizsysteme sein.
Ein anderes Problem dabei ist auch: Jene die die besten Systeme haben werden, werden gigantische Vorteile haben. Im Finanzmarkt ist das schon jetzt der Fall.
Beispiel:
Aladdin ist eine Softwareplattform, die in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt wurde. BlackRock übernimmt damit mittlerweile das Risikomanagement für Geldanlagen im Volumen von rund 15.000 Mrd. US-Dollar.
Aladdin gibt zwar keine Investmentempfehlungen ab, aber bewertet die Risiken von Millionen von Wertpapieren in aller Welt. Indirekt nimmt Aladdin damit aber durchaus einen großen Einfluss auf Portfolioumschichtungen und Investmententscheidungen.
1,8 Mio. Berichte werden von Aladdin jeden Tag generiert, und die Plattform wird von mehreren Tausend Experten regelmäßig gefüttert. Und Aladdin lernt, die immer größer werdende Datenmenge noch besser auszuwerten. In einem Werbevideo von BlackRock sagt Aladdin über sich selbst: „Ich bin schlauer als jeder Algorithmus und mächtiger als jeder Prozessor.“
https://www.onvista.de/news/superhi...on-bald-ins-wanken-bringen-koennte!-284514527
Daher bin ich der Überzeugung, dass jeder Mensch, insbesondere die Politiker, entweder so weit aufgeklärt werden müssen über Sachzusammenhänge, dass sie es selbst verstehen, worüber sie entscheiden, oder aber Sachverständige in den Diskurs einbeziehen, damit vernünftige Entscheidungen getroffen werden können.
Das wird nicht mehr möglich sein, ist schon jetzt nicht mehr möglich. Die Komplexität heutiger Probleme kriegt niemand mehr verarbeitet. Auch heutige Politiker greifen schon auf Algorithmen zurück, bzw. auf Experten die damit umgehen. Damit wurden schon Wahlen mitentschieden. Die Politiker selbst wissen nicht wie das funktioniert und können es nicht.
Eine Eliminierung von Sachverständigen oder aber ein Einfluss übers Hintertürchen über Lobbyisten, die ja meist selbst keinen Sachverstand haben außer dem, wie man etwas verkaufen kann, halte ich für zutiefst undemokratisch.
Ich lasse jetzt mal als selbstverständlich außen vor, dass jeder Interessenverband für seine Interessen eintritt. Dies ist allerdings, wenn es um das Vermögen eines Landes geht, auch eine politische Sache, die nicht hinter verschlossenen Türen am zahlenden Steuervieh vorbei gemacht werden sollte, sondern transparent.
Ja, aber da kommen wir zu dem was ich oben sagte. Ein mehr an Transparenz würde zu oberflächlichen Reaktionen führen weil die breite Bevölkerung schon mal gar nicht den Sachverstand hat um vieles zu beurteilen. Und das wäre einerseits gar nicht nötig, ist ja auch nicht möglich. Wären Menschen aber willens überhaupt mal nüchtern nachzudenken bevor sie mit ihren oberflächlichen Empörungswellen kommen wäre sehr viel gewonnen. Ist aber nicht so.