Hi Opti,
ich hätt wirklich eine ernsthafte Frage, mich persönlich betreffend und muss dazu was von mir erzählen. Die Frage vorweg: Bin ich nur ein Wurm?
Ich hab seit 23 Jahren eine tiefe, innere Verbindung zu einer Frau. Wir haben 13 Jahre zusammengelebt und wir hatten am Anfang auch Sex. (Ich mag dieses Wort zwar überhaupt nicht, weil es für mich wie ein Marktbegriff in roten Neonlettern ist). Meine Lebenspartnerin hatte aber eine grundsätzlich andere, feinere, gefühlvollere und viel reifere Einstellung zur Sexualität als ich. Ich war damals noch ein rein triebgesteuertes Tier und Liebe war wohl nur ein Wort für mich. Ich war physisch sexuell unbefriedigt, wie man so schön sagt und hab gespürt, dass mir körperlich etwas fehlt.
So hab ich sie verlassen und mit einer anderen Frau eine Beziehung begonnen. Die Sexualität mit dieser anderen Frau war wohl auch nicht die spirituelle Extase um die es hier geht, aber vordergründig sehr befriedigend. Von der ersten Nacht an.
Und in der selben ersten Nacht habe ich gespürt, wie etwas anderes in mir zerbrochen ist. Die Liebe zu meiner bisherigen Lebenspartnerin ist zerbrochen und da hab ich auch zum ersten mal wirklich diese Liebe in mir gespürt, die bisher nur ein Wort für mich war. Mir war, als wäre damals ein Teil von mir selber abgestorben.
Jetzt bin ich zum einen in eine sexuelle Abhängigkeit gestürzt zum anderen in eine Depression und Aggression. Jetzt hatte ich zwar eine befriedigende Sexualität aber keine Liebe mehr im Herz und statt dessen kam der Hass über mich. Ich habe mich selbst und meine neue "Gespielin" zu hassen begonnen. Um Rechtfertigung gehts dabei nicht. Ich weiß, es gibt keine Rechtfertigung für diesen Hass. Er ist eine Krankheit gewesen. Oder besser, ein Symptom für mein krankes Verhalten, indem ich die Liebe in mir einem einfachen, physischen Reiz, einem vibrieren des Körpers geopfert habe.
Kannst du dir das vorstellen? Sex und Hass. Auch das gibt es.
Ich habe Jahre gebraucht um aus diesem Tal des Hasses wieder herauszukommen und für mich selber weiß ich heute, das Liebe nicht der Sexualität bedarf um sich zu entfalten.
Ich würde nie moralisieren oder Sexualität für schmutzig erklären oder gar verallgemeinernde Thesen aufstellen, aber meine Erfahrung ist, das Liebe Sexualität zwar als Ausdrucksmedium benutzen kann aber nicht zwingend muss. Einigermaßen erfüllende Sexualität aber, losgelöst von Liebe auch möglich ist und sogar Hass erzeugen kann.
Für eine gute, erfüllte, vielleicht sogar spirituelle Sexualität (da weiß ich nicht viel drüber) gehören - meiner Ansicht nach - zwei Partner, die sich hier auf der selben Ebene begegnen und es besteht kein Anlass, einen Menschen, der eben nicht den entsprechenden Partner gefunden hat und somit nach anderen Wegen ausschau hält für "krank" zu erklären. Sex ohne Liebe ist und bleibt ein mechanischer, physischer Akt und Liebe braucht nicht zwingend Sex um sich Ausdruck zu verleihen.
Und ein gutes Liebesspiel ist, wenn aus zwei Menschen einer wird. Nicht einem Jeden ist es gegeben und er muss trotzdem leben.
Ist er deswegen nur ein Wurm?
Bin ich deswegen nur ein Wurm, weil ich schon seit Jahren kein "erfülltes" und aktives Sexualleben mehr habe und trotzdem zufrieden bin?
Du brauchst mir nicht zu antworten, ich glaub, ich weiß schon was kommt: Ich rede mir nur ein, dass ich zufrieden bin.
So, genug zu diesem Thema.
l.G. Katharsix