Boddhisattva:
verstehst du nicht, dass deine Freundin vielleicht nach und nach den Glauben verloren hat, dass du sie liebst?
Dass sie den Ersatz geboten hat, den du sonst in Drogen oder was weiß ich gesucht hast?
Aber so ist es nicht. Ich weiß, dass mein Verhalten oft nicht sehr liebevoll war. Ich kann mir vorstellen, dass es irgendwann so rüberkam, als sei mir alles egal.....als wäre sie mir egal. Aber dem war nie so.
Ich habe mich jahrelang vor mir selbst versteckt, und habe meine Gefühle, meine Leidenschaft und mich selbst unterdrückt. Ja, die Drogen haben dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Ich hab mich verkrochen in das gemachte Nest, und habe die Jahreszeiten verstreichen lassen. Ständig breit und lethargisch, und irgendwann dann auch nur noch wie schlafwandelnd. Meine Freundin war kein Ersatz für die Drogen.....sie war der Ausweg aus den Drogen. Sie war der Ausweg aus dem Trott. Nicht weil ich sie als Ausweg gesucht habe, sondern weil sie sich zufällig als Ausweg
ergeben hat.
Warum sonst ist das Kiffen aus meinem Leben verschwunden? Ich hätte doch weiterkiffen können, und auf die Frau, auf die Familie und auf die anderen für mich damals noch sehr anstrengenden Dinge wie Haushalt und Verantwortung verzichten können....und sagen können: "Nee, echt nicht."
Warum hätte ich einen Ersatz suchen sollen, wenn "Ersatz" doch bedeutet dass er per se immer schlechter ist als die Sache an sich?....also eben nur ein Ersatz....für etwas, dass man eigentlich lieber hat. Ich hätte doch weitermachen können.
Habe ich nicht....ich habe das Alles automatisch fallengelassen für sie. Alles was ich kannte, und worin ich mich sicher fühlte. So gesehen hätte ich sie doch als Störenfried in meinem "ach so vertrauten" Heim ansehen können. Ich habe mein "Zuhause" aufgegeben für sie. Ich wollte damals ja gar nicht aus diesem Zustand ausbrechen und ihn ersetzen.
Erst im Nachhinein begriff ich wie schlecht es mir ging, und wie traurig dieses Leben war....
Ich wache wohl immer erst dann auf, wenn was wirklich Einschneidendes in meinem Leben geschieht. Damals war es die Liebe, heute ihr Verlust. Und das kann nicht so weitergehen.
Ich liebe meine Freundin über alles, doch es fiel mir manchmal schwer es ihr zu zeigen, weil ich, ebenso wie sie auch, gerne die Kontrolle behalte. Ich spiele Mr.Coolio, der schon klarkommt ohne den anderen. Der damit fertig wird, dass sie pausenlos unterwegs ist. Der ihr nicht einmal sagt: "Schatz, bitte bleib mir. Ich möchte nicht, dass du jetzt gehst." Ja, dann tue ich lieber so als sei das alles ok für mich. Ich habe sie so oft vermisst....und hätte mir gewünscht sie wäre bei mir. Aber mitzukommen kam nicht in Frage, weil ich dann ja wieder der Mitläufer bin, der ohne sie nicht kann. Und dann fühle ich mich schwach.
Und dann habe ich meine daraus resultierende Einsamkeit gerne mit Alkohol betäubt. Ja, ich habe getrunken, weil ich mich einsam fühlte. Ich habe nie viel getrunken, nur soviel, dass ich nicht spüren muss, was mir auf dem Herzen liegt, und nicht sagen kann.
Damals sagte ich mal zu ihr....das war ganz am Anfang unserer Beziehung.....die Worte "Ich brauche dich" solle man nicht sagen, sondern "ich will dich, obwohl ich dich eigentlich nicht brauche".
Ich habe diese Lüge weiterhin in mir getragen, weil ich nicht schon wieder abhängig sein wollte.....ich war zu oft abhängig. Also habe ich mir diese Philosophie zu Eigen gemacht, um für mich ein Gefühl von Selbstständigkeit zu erzwingen, weil mir dieses sonst an allen Seiten fehlte.
Ich hatte halt ein Problem meine Gefühle auf diese Weise zu zeigen, weil ich nicht das "Weichei" sein will, das wieder einmal so abhängig und verletzlich ist. Ich wollte nie das sie sieht, welche Probleme ich habe, weil ich Angst hatte, sie kann mich aufgrund dessen nicht mehr respektieren. Und was habe ich erreicht? Eben genau das.
Wann immer du mit dir selbst konfrontierst bist, suchst du schnellstens die Flucht.... Wenn du deine Freundin aus dem Haus ist, betrinkst du dich, knallst dich vor den PC oder suchst dir eine andere Beschäftigung, um dich selbst nicht zu spüren. Mal drüber nachgedacht, dass sie angefangen hat zu glauben, dass sie nur eine Erweiterung dieser Liste war?
Ja, ich habe oft die Flucht gesucht. Wie vor so vielen Dingen. Und ja, ich habe ungern in mich hineingeschaut, weil ich nicht den Stress sehen wollte. Weil ich mich drücken wollte. Weil ich meine Unehrlichkeit mir und ihr gegenüber nicht spüren wollte. Weil ich lieber spüren will, dass schon alles ok ist.
Aber nichts ist ok. Und ich hätte mir und meiner Freundin, statt in der Selbstverleugung den Ausweg zu suchen, mal begreiflich machen sollen, dass ich tatsächlich ein riesengroßes Problem habe, dass es zu lösen gilt. Ich konnte ihr nie sagen: "pass auf, ich habe ein Problem. Ich brauche Hilfe. Ich komm weder mit mir selbst klar, mit meiner Perspektivlosigkeit, mit meiner vermeintlichen Unfähigkeit was für uns zu tun, noch dass du soviel weg bist, noch mit den Drogen usw."
Es tut mir leid, wenn sie das alles so empfindet! Aber ich kann nur tausend mal beteuern, dass ich sie wirklich immer von ganzem Herzen geliebt habe.....und es ihr einfach mehr hätte zeigen müssen, so wie ich auch mir mehr Liebe hätte entgegen bringen müssen.
Meine Freundin ist das Wertvollste in meinem Leben, und ich habe das immer gewusst , aber erst jetzt wirklich verstanden.